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Etappen |
Der Spätflug von Lissabon landet weit nach Mitternacht. Die üblichen Formalitäten und wir sind in eine warme, sternenreiche Nacht entlassen. Unser Bus bringt uns über windige Kopfsteinpflasterstraßen hoch in die Berge zur Montana Lodge, unserem ersten Domizil auf den Kapverden, wo wir noch rasch ein Gute-Nacht-Bier organisieren und uns dann in die Betten fallen lassen.
Am Morgen können wir die schöne Aussicht von unserer Terrasse bewundern. Zerfurcht fallen die Hänge der Insel bis zum Meer ab, das fast 1000 Meter tiefer zu uns herauf leuchtet.
Zum Eingewöhnen steht heute eine leichte Wanderung bergab ans Meer nach Cidade Velha auf dem Programm. Über die typischen Kopfsteinpflaster-Straßen und unbefestigte Wegstrecken bringt uns der Bus zum tief eingeschnittenen Tal des Ribeira Grande. Karg ist die Landschaft, doch in der Schlucht leuchtet üppiges Grün von Palmen, Bananenstauden, Mangobäumen und Zuckerrohr. Durch diese Oase in der Kargheit wandern wir zur Küste, rasten im Schatten eines riesigen 400 Jahre alten Baobabs, probieren den frischen Brand von zwei lokalen Grog-Brennereien, wo es gärig-säuerlich aus den Tonnen riecht und ein rußiger gemauerter Ofen seine Hitze der der Umgebung hinzufügt. Stolz bietet der Brennmeister seinen Grog aus einer rostigen Blechdose oder einem alten Plastikbehälter an, als Schnapsglas dient ein alter Plastik-Schraubverschluss.
Unsere Wanderung endet in der heutigen Beschaulichkeit eines einst weniger beschaulichen Zentrums des Sklavenhandels, Cidade Velha. Dort wie auch in den kleinen Dörfern auf dem Weg zurück in die Berge ist die Jugend, die männliche aber vor allem die weibliche, festlich herausgeputzt. Überall scheint man zur großen Sonntagsparty zu strömen, ganze Dörfer müssen sich verabredet haben, Mengen von Torten werden balanciert, große Kessel stehen auf dem Feuer. Auf uns wartet in der Lodge unser Willkommen-Essen.
Unser Bus bringt uns auf die Sierra Malagueta. Auf dem Weg dorthin prächtige Landschaft mit eindrucksvoll zerklüfteten Bergformationen. Kurz hinter dem Pass startet unsere kleine Wanderung hinab in das Tal Ribeira Principal, ein tief eingeschnittenes grünes Tal. Von hoch oben haben wir einen fantastischen Blick bis hin zum Meer und tief hinab in die üppige grüne Idylle, kleine Dörfer wirken zwergenhaft am Fuße der steilen Talflanken, ab und an dringt Musik von dort unten zu uns hinauf.
Nach einem steilen steinigen Abstieg tauchen wir ein in diese Idylle, kommen durch die kleinen Orte mit einstöckigen Häuser. Hähne verteidigen mutig ihr Revier, Schweine schnüffeln herum, auf den Dächern trocknet Mais, der an den steilen Hängen zusammen mit Bohnen kultiviert wird. Wir schauen zu wie Mais zu Couscous gestampft wird und dürfen von dem leckeren Bohneneintopf der Familie probieren.
Am Ende des Tals sammelt uns der Bus wieder ein und entlang der mehr als kargen Küste, bebaut mit halbfertigen Hausruinen, bringt er uns nach Praia, der Hauptstadt der Kapverden, die auf mich groß, ausufernd und hässlich wirkt, aber in der Altstadt, dem Plateau, doch noch etwas kolonialen Flair besitzt.
Den großen Markt von Praia besuchen wir am nächsten Morgen. Ein großes Gedränge herrscht in den engen Gängen zwischen den Marktständen, wo die Marktfrauen allerlei lecker ausschauendes Gemüse, Kräuter, Bohnen und frischen Ziegenkäse anbieten. Es gibt eine kleine Fischhalle mit kleinen und großen Fischen, die zerlegt werden. Noch ein Kaffee auf dem alten Platz, dann geht es zum Flughafen und über Fogo mit dem Schiff weiter nach Brava.
Unsere Sommerfrische heißt Nova Sintra und liegt auf 350 Metern Höhe genau gegenüber von Fogo. Ein überaus beschauliches Städtchen, die Längsachse eine Prachtstraße von Kopfsteinpflaster, mit schönen alten Bäumen in der Mitte, rechts und links Hibiskus-Hecken und adrette Gebäude im Kolonialstil, in der Mitte ein Platz gewidmet dem Poeten Eugenio Tavares, der hier in Nova Sintra gelebt hat. Ganz in der Nähe liegt unser Hotel, wo wir von unseren Fenstern einen schönen Blick auf die Insel Fogo haben, rot glühend in der untergehenden Sonne, von Violett-Tönen übergossen in der Dämmerung, im Vordergrund Nova Sintra zu unseren Füßen, kleine helle Häuser eingebettet in das Grün der Bäume, Bananenstauden, Papaya.
Am folgenden Morgen brechen wir zu unserer ersten Wanderung auf Brava auf. Steil geht der Weg hinauf zum höchsten Punk der Insel, dem Berg Fontainhas mit fast 1000 Metern. Allenthalben bieten sich schöne Blicke auf Küste, Meer und Fogo, sowie drei kleine, vorgelagerte unbewohnte Inseln. Es ist heiß, viel Sonne gibt es und wenig Schatten. Esel stehen verlassen in der mittäglichen Hitze, kärglicher ist der Bewuchs, viel verbranntes gelbes Gras, dazwischen setzen große gelbgrüne und blaugrüne Agaven Akzente. Die Blumeninsel, wie man Brava auch nennt, geizt mit Blüten, einige rot blühende Hibiskus-Sträucher, ein paar übrig gebliebene Wandelröschen, die anderen Blüten sind wohl der Trockenheit zum Opfer gefallen.
Nach der Wanderung genießen wir die Beschaulichkeit des Städtchens, alle Leute grüßen freundlich, kleine Kinder spielen Fußball, winken verschämt, kaum ein Auto fährt über das Kopfsteinpflaster der Straßen, auf dem Platz spielt ein Jugendlicher Guitarre.
Die nächste Wanderung geht über mit Vulkansteinen gepflasterte Eselspfade von der Ringstraße einen tiefen Einschnitt hinab, durch kleine grüne Oasen bis ans Meer zu dem kleinen Fischerdorf Faja d'Agua: ein paar hübsche Häuser entlang der Küstenstraße, eine Handvoll Ruderbote am steinigen Ufer, ein Denkmal für auf dem Meer verschollene Auswanderer. Ein Boot kommt gerade herein gerudert, gar nicht so einfach bei der starken Brandung, und bringt den Fang, eine Schüssel voll silberner und roter Fische mit violetten Tupfen, die später für uns auf dem Grill landen. Während wir im Halbschatten einer weißen Terrasse auf das Essen warten, dringt Musik aus der kleinen Kneipe und mischt sich mit dem Brausen und Donnern der Brandung.
Nach dem Essen machen wir einen Spaziergang zu den Natursteinbecken am Ende der Bucht um zu sehen, ob wir dort baden können. Inmitten der sich an den Klippen brechenden Wellen liegt still und türkis das Becken, bis plötzlich eine Serie von hohen Brechern über die Felsbarriere schlägt, sich wild und weiß schäumend in die Becken ergießt und klar macht, dass an Baden nicht zu denken ist. Unsere schon bekannten roten Sammeltaxis bringen uns zurück nach Nova Sintra über die abenteuerlich mit Handarbeit in den Berg gelegte Kopfsteinpflasterstraße, die von der Küste bis zur Ringstraße Kehre um Kehre hinaufführt.
An unserem vermeintlich letzten Tag auf Brava, dem ersten Weihnachtsfeiertag gibt es eine ebenso vermeintlich letzte Wanderung, zur Abwechslung mal bergauf von einer kleinen Bucht bis zurück nach Nova Sintra. Steil sind die Pfade bergan, gerade so, dass Esel sie noch laufen können. Wir kämpfen uns hinauf, unter uns hören wir noch lange das Tosen der imposanten Brandung.
Am Nachmittag ist nochmal Zeit durch den Ort zu spazieren, Kaffee bei Maria am Platz zu trinken, den gemächlichen Lauf des Lebens hier zu verfolgen: drei Motorräder machen einen Ausflug und passieren den Platz, Kinder probieren ihre Tröten aus oder fahren Fahrrad, die Bewohner flanieren im Sonnagsstaat, man grüßt sich, hat kleine Gespräche, abends trifft man bereits bekannte Gesichter in der Bar, begrüßt sich wie beste Freunde und trinkt einen Grog zusammen.
Frühmorgens stehen wir auf, fahren zum Hafen, aber wegen hoher Wellen kann die Fähre Fogo nicht anlaufen. Auch Mittags ist die Wetterlage nicht besser, und so bleiben wir einen weiteren Tag, den es eigentlich nicht mehr gebraucht hätte, da wir uns ja gedanklich schon verabschiedet hatten. Was wirklich schade ist, ist die Tatsache, dass der verlängert Aufenthalt auf Brava auch unsere Pläne auf Fogo durchkreuzt, die Wanderung auf den Gipfel des Vulkans wird leider nicht mehr möglich sein.
Am nächsten Morgen dieselbe Übung mit bangem Hoffen, ob wohl heute die Fähre auslaufen kann. Sie tut es zu unserer großen Freude und nach einem fröhlichen Tanz über das immer noch recht bewegte Meer erreichen wir Fogo.
Die große Vulkantour ist nicht mehr zu machen aber immerhin reicht es zu einem Rundgang in dem ebenfalls beschaulichen Sao Filipe und einem Ausflug in die Caldera. Erst mal gibt es ein leckeres Mittagessen im kleinen Dorf mitten in der Caldera. Ein merkwürdiger Ort um zu wohnen und Landwirtschaft zu betreiben. Hinter dem Ort erhebt sich fast 1000 Meter hoch die Bordeira, der gewaltige Abschluss der Caldera, direkt davor endet der Lavafluss von 1995, nur 15 Minuten Fußweg vom Dorf entfernt erhebt sich drohend der hohe dunkle Aschenkegel des Pico de Fogo mit 2830 Metern, gekrönt von einer Lavaschicht, als wolle sie den Vulkan wie eine Sektflasche versiegeln. Unsere Gastgeber tafeln ein typisches Gericht auf mit Fischplatte, Hühnchenplatte, Reis und dazu einen Gemüseeintopf aus den leckeren kleinen grünen Bohnen, die hier überall angebaut werden. Dazu probieren wir dreierlei Sorten des feinen weißen und roten Fogo-Weins, der hier in der Caldera angebaut und gekeltert wird.
Wie das ausschaut sehen wir auf unserem Spaziergang auf einen kleinen Nebengipfel, der Schauplatz des letzten Ausbruchs in 1995 war, als drei Wochen lang die Lava geflossen ist und das Dorf auch wegen Asche und Gasen fünf Monate evakuiert war. Erst an der Dorfgrenze kam der Lavafluss zum Stehen. Neben dem Wein werden hier auch Bohnen sowie kleine Apfel- und Quittenbäume angebaut. Eine kleine Ansammlung von Kuhlen in der Asche ist ein Feld. Grellgrün bis gelbrot leuchtet das Laub der schütteren Weinreben gegen die Sonne, ein starker Kontrast zu dem dunklen Asche-Untergrund.
Auf dem Nebengipfel kommen Rose- bis Rot-Töne von Eisen und das Gelb von Schwefel hinzu und setzen Akzente in das dominante Anthrazit. Faszinierend sind die Farbkontraste und die Großartigkeit der Landschaft, hinter uns der Pico de Fogo, darüber ein blasser halber Mond im blauen Himmel, unter uns das absorbierende Schwarz des jüngsten Lavastroms, rechts davon ducken sich klein die Häuser des Dorfes unter die mächtige schon beschattete Bordeira.
Auf der Fahrt hinab nach Sao Filipe sehen wir, wie die Sonne hinter Brava untergeht, die Wilde, die uns fast nicht wieder fortgehen lassen wollte. Wie steht auf dem Emigranten-Denkmal am Flughafen von Santiago: "Wenn ich nicht fortgehe, kann ich nicht wiederkommen".
Vier Inseln und drei Flüge an einem Tag: wir verlagern nach Boavista, die Wüsteninsel. Anders als Santiago, Fogo und Brava, die zu den Inseln unter dem Wind gehören, ist diese ein Insel über dem Wind und in der Tat bläst der Nordost-Passat stetig und kraftvoll, sorgt für eine wundervolle Brandung an die weißen weiten Strände, wo sich leider fast nie baden lässt. Und so genießen wir die verschiedenen Türkistöne des Meeres, die kraftvolle Schönheit der Brandung, erinnernd an die weißen Pferde des Neptun von Walter Crane, die Mähnen wehend im starken Wind.
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