Hawaii liegt für uns fast am anderen Ende der Welt, weit hinter der Westküste Amerikas, mitten im Pazifik. Wer den langen Flug dorthin auf sich nimmt muss Begeisterung für Vulkanismus in all seinen Formen mitbringen. Dann wird er der Faszination dieses vulkanischen Inselparadieses erliegen, das glutflüssiges Magma und düstere Lava- und Asche-Landschaften verbindet mit fantastischen Erosionsformen und tropischer Üppigkeit, am Lande wie im Meer. ... mehr Fotos in der Bildergalerie |
Von Insel zu Insel |
Ein langer ereignisloser Flug bringt uns vom winterlichen München über London und Los Angeles nach Honolulu. Beim Start in Los Angeles dämmert es und wir fliegen in die Nacht. Ein paar Lichter sind beim Anflug auf Oahu zu sehen, dann landen wir nach 26 Stunden Flug am späten Abend in Honolulu. Per Taxi geht es zu unserem Hotel in Waikiki, das nur ein Block von der Strandpromenade entfernt liegt. Ein kleiner Spaziergang zum Strand, noch ein paar Bier in der Hotelbar und ein langer Tag ist zu Ende.
Vormittags laufen wir durch Waikiki, erstehen auf dem großen Freiluftmarkt unter dem großen Banyan ein paar bunt gemusterte Hawaii-Hemden, damit wir uns auch passend kleiden können. So gewandet flanieren wir mit tausenden anderer Touristen die Strandpromenade entlang, auf der einen Seite die Hochhäuser Waikikis, rechts ein kleiner Grünstreifen, der Strand und das Meer, in dem sich tatsächlich Menschen tummeln.
Am Nachmittag fahren wir mit dem Bus nach Downtown Honolulu, die wie ausgestorben wirkt. Kaum Leute sind am Kapitol oder dem ehemaligen Königspalast zu sehen, ein paar wenige Touristen fotografieren wie wir die vergoldete Statur des großen Königs Kamehameha gleich vor dem Palast. Mir gefallen am besten die großen alten Bäume auf der Grünfläche um das Gebäude, insbesondere die riesigen indischen Banyans mit ihren undurchdringlichen Vorhängen aus Luftwurzel faszinieren mich.
Verlassen ist auch der Aloha-Tower am Hafen, von dessen Aussichtsplattform man einen schönen Blick rundherum hat. Immerhin hat wenigstens ein Hooters geöffnet, wo wir einen leckeren Lunch bekommen. In China-Town ist dann doch noch etwas Leben. Interessant, was dort alles in den Lebensmittelmärkten verkauft wird.
Ein kleines Mittagsschläfchen im Hotel gönnen wir uns nach dem Ausflug, danach sehen wir am Strand zu, wie die Sonne untergeht, die dunklen Silhouetten der späten Badenden und letzten Surfer heben sich von einem hell-silbrigen ruhigen Meer ab, dann wird es Nacht. Noch einen Drink in einer Bar auf der Promenade, dann geht es ins Bett, die Nacht wird kurz.
Früh um sechs klingelt der Wecker, um sieben Uhr sind wir gefrühstückt und abfahrbereit. Per Taxi geht es zum Pearl Harbor Visitor Center, wo man frühzeitig sein muss, will man noch Eintrittskarten für das Memorial erhalten. Bis es soweit ist, haben wir noch etwas Zeit und besichtigen erst mal das ausgemusterte Schlachtschiff USS Missouri, auf dem der Kapitulations-Vertrag mit Japan unterzeichnet wurde, der das Ende des zweiten Weltkriegs bedeutete. Damals lag das Schiff in der Bucht vor Tokio, heute hat es in Pearl Harbor als historisches Landmark seine letzte Bestimmung gefunden.
Die Besichtigung des Memorials über der beim Angriff auf Pearl Harbor versenkten USS Arizona ist bedrückend, ist dies doch das Grab für fast 1200 Matrosen und Soldaten. Zunächst sehen wir einen Film über die Hintergründe des Krieges im Pazifik und die Bombardierung von Pearl Harbor, dann bringt uns ein Boot zum Memorial, das über das Schiff gebaut wurde, welches hier nur knapp unter der Meeresoberfläche liegt. Korallen und Anemonen haben sich angesiedelt, Fische weiden die Algen ab, auf dem Wasser bilden Ölschlieren träge farbige Muster.
Mit dem Bus fahren wir nach Waikiki zurück, packen unsere Taschen und machen uns auf zum Flughafen. Ein kleiner Flieger bringt uns durch die Dunkelheit nach Hilo auf Big Island, wo wir unser Mietauto in Empfang nehmen und nach Volcano fahren, etwa eine dreiviertel Stunde von Hilo entfernt. Zum Glück hat uns der Volcano Inn in einer Email minutiös beschrieben, wie wir zum Office der Lodge kommen, sonst hätten wir das im Dunkel wohl nicht gefunden. Bei Meile 25 und etwa 1000 Metern Höhe biegen wir in eine kleine dunkle Straße, am Ende der Old Volcano Road liegt die Lodge. Im Office erhalten wir einen Schlüssel zu unserem Cottage sowie eine weitere detaillierte Wegbeschreibung, die uns schließlich auch zu unserem Häuschen inmitten der hohen Baumfarne führt.
In der Nacht hat es angefangen zu regnen, und es regnet auch noch als wir bei Tagesanbruch aufwachen. Große, intensive grüne, regennasse Baumfarne bilden die Kulisse vor unserem großen Eckfenster, die großen Wedel scheinen in das Zimmer hinein zu wachsen, ein bisschen fühlen wir uns wie im Aquarium. Auch beim Frühstück in der Lodge regnet es, ebenso beim Besorgen der wichtigsten Dinge in dem kleinen General Store von Volcano. Es regnet während wir uns im Visitor-Center des kaum drei Kilometer entfernten Nationalparks orientieren und auch der Blick vom Jagger Museum auf den Halemaumau ist von feinem aber intensivem Regen behindert.
Wir beschließen die Chain-of-Craters-Road hinab zur Küste zu fahren. Und tatsächlich, irgendwann sind wir unterhalb von Regen, Wolken und Nebel und können die Küstenebene mit den großen düsteren Lavaströmen und davor die Brandung sehen. Unten angekommen ist es sogar leicht sonnig und warm und ohne weitere Vorsichtsmaßnahmen laufen wir zu der Stelle, wo der Lavafluss die Straße blockiert. Kaum sind wir da, ergießt sich doch noch ein übers Meer herein gezogener Schauer über uns, den wir geduldig über uns ergehen lassen. Dann laufen wir über den Fluss von Stricklava, fasziniert von den immer wiederkehrenden Mustern, die die erstarrende Lava gebildet hat, mal wie geraffte Vorhänge, mal wie Bündel mächtiger Taue, mal wie dicke geflochtene Zöpfe. Ebenso beeindruckend ist auch die schiere Masse in Blau-Schwarz bis Silber mit irisierenden Farbnuancen nach Gold über Violett bis Rosa dazwischen. Von einem kleinen Hügel aufgetürmter Lava können wir in der Ferne die Spur des aktiven Lavaflusses sehen, der die Feuchtigkeit der Umgebung in Dampfwolken verwandelt.
Für heute beschießen wir damit unsere Besichtigungen und fahren zurück in unser wolken-verhangenes, im Regen gefangenes Volcano. Das Thai-Thai ist das einzige noch offene Restaurant im Ort. Dort speisen wir, lecker aber viel zu viel, in einer einfachen Atmosphäre zwischen weihnachtlich dekoriertem Esssaal und Andenken-Shop.
Inzwischen dämmert es und als wir aufbrechen ist es schon Nacht, genau die richtige Zeit um nochmal beim Jaggar Museum vorbei zu schauen, wo man den derzeit besten Blick auf den Kilauea-Krater und den mit einem See von flüssiger Lava gefüllten Halemaumau hat. Leider kann man wegen der giftigen Dämpfe nicht bis an den Halemaumau heran fahren und vom Jaggar Museum ist der direkte Blick auf den Lava-See durch die Kraterränder versperrt, aber der Glutschein der flüssigen Lava in der austretenden Dampfwolke ist immer noch sehr eindrucksvoll.
In den schlaflosen Stunden der Nacht höre ich den Regen auf das Dach unserer Cottage tropfen, beim Aufstehen ist immer noch alles in Wolken, Nebel und Nässe getaucht. Wir entscheiden uns für ein Programm 1000 Höhenmeter tiefer in Hilo und an der Küste. Schon beim Hinabfahren wird das Wetter immer besser, der Regen stoppt, die Temperaturen gehen auf schöne 23 Grad hoch.
Unser erstes Ziel ist der Akaka-Wasserfall, der sich in freiem Fall 130 Meter in die Tiefe stürzt. Ein kurzer Weg führt durch opulentes Grün, Baumriesen mit dichtem dekorativem Philodendron-Bewuchs erheben sich mächtig, Bambus-Rispen biegen sich unter der Feuchtigkeit der letzten Tage, riesige Farne wachsen dazwischen. Der Regen des Vortages sorgt für eine reiche bräunlich-schäumende Flut, die sich aus dem tropischen Regenwald über die Lavastein-Kante in die Tiefe stürzt und die von Moosen grünen Wände mit ihrer Gischt tränkt.
Zurück an der Küstenstraße nehmen wir den Umweg über einen kurzen aber schönen Scenic Drive, der durch tropischen Küstenwald und einige von dichter wuchernder Vegetation eingefasste kleinere Flüsse führt. Durch Hilo an der Küste entlang geht es nach Kalapana, wo die Straße endet und ein Lavafluss 1990 fast die gesamte Ortschaft zerstört hat. Ein paar Häuser stehen noch inmitten der Lavawüste und sind anscheinend bewohnt, ein gespenstisches Bild. Wir laufen zur Viewing-Area auf der alten Lava, von wo aus man die Spur des aktiven Lavaflusses sehen kann. In der Ferne, etwa 3 Kilometer entfernt, sieht man eine Reihe von Rauchfahnen, die den Weg der Lava den Hang hinunter markieren.
Wir klettern über die Stricklava, gläsern zerbirst die obere Schicht unter unseren Tritten, wie große schwarze Seilbündel, unachtsam übereinander geworfen, wirkt sie, tief-schwarz und doch mit glänzenden farbigen Brechungen. Dazwischen zeigen sich die Pioniere neuen Lebens, kleine grüne Farne in allen Ritzen und Spalten, hier und da ein kleiner rot-blühender Ohia-Baum mit seinen hübschen fiedrigen Blüten, mitten aus der Lava wie aus dem Nichts.
Ein kleines Stück vor dem Lavastrom steht die hübsche kleine Kirche "Star of the Sea", die aus Kalapana vor der herannahenden Lava gerettet wurde und hier ihren neuen Standort gefunden hat. Unser letzter Stop ist der Lava Tree State Park, wo im tropischer grüner Umgebung alte Lava-Stümpfe von einer vergangenen Katastrophe zeugen. Dünnflüssige Lava hatte die Stämme überzogen, die später vergangen sind, so dass nur noch die dunklen Hülsen erhalten sind, die teilweise noch die Struktur der Rinde als Abdruck erhalten hat.
Heute holen wir uns einfach ein Take-Away beim Thai-Thai und lassen den Abend in unserem Cottage mit einer Flasche Wein ausklingen. In unserer Sitzecke am Fenster scheint die Lampe hinaus auf die Farne und erleuchtet die großen grünen Wedel, die durch das große Eckfenster und die Beleuchtung eine Präsens haben, als säßen sie wie alte Freunde mit uns am Tisch.
Diese Nacht hat es nicht geregnet, hoffnungsvoll schlage ich die Augen auf und sehe hinter den nass-grün glänzenden Baumfarnen Helligkeit und Anzeichen von Bläue. Kurz darauf fällt ein Sonnenstrahl in unsere Regenwaldwelt, ein schöner Tag erwartet uns.
Als erstes schauen wir uns die große Lava-Röhre an, die auf eine kurze Stecke begehbar ist. Wunderschön ist der Regenwald mit den hohen intensiv grünen Baumfarnen und den Ohio-Bäumen in der Etage darüber. Alles atmet noch die Feuchtigkeit und Frische des gestrigen Regens, aber die Sonne malt grün-goldene Flecken in das dichte Vegetationsgewirr. Die Röhre ist beeindruckend groß, etwa 4-5 Meter im Durchmesser, und vom Park Service gut erschlossen. Wasser tropft von der Decke und hier und da hängen einzelne Fasern bis hin zu ganzen Vorhängen von Baumwurzeln herab, die sich durch die kompakte Lava-Decke gezwängt haben.
Ein kleines Stück weiter auf der hübschen kurvigen Straße durch den Farnwald ist der Trail-Head des Devastation-Trails. Dieser kleine aber feine Spaziergang führt durch das von den großen Lava-Fontänen des Kilauea-Iki mit Asche verwüstete Gebiet, entlang eines kleinen Wäldchens. Ein kleiner Abstecher in das Aschenfeld eröffnet einen schönen Blick auf den Kilauea-Krater mit dem rauchenden Halemaumau darin. Dahinter erhebt sich mächtig und scharf gegen den Himmel abgegrenzt die dunkle Flanke des Mauna Loa. Durch niedrigen, lichten Baumbestand geht es weiter begleitet Vogelgezwitscher, bis zum beeindruckenden Krater des Kilauea-Iki, der groß und tief-schwarz vor uns liegt. Dem Boden sieht man an, dass hier ein Lavasee den Kraterboden bedeckt hat, der auch heute noch nicht vollständig erkaltet ist.
Wir nutzen die gute Sicht und fahren die Chain-of-Craters-Road Richtung Meer, bis wir die mächtige von Lava geformte Küstenebene hinab schauen können. Deutlich heben sich die dunklen Bereiche der rauen Aa-Lava-Flüsse gegen die silbrig schimmernden mit Strick-Lava bedeckten Flächen ab. Die Brandung umsäumt alles mit einem weiß-schäumenden Band.
Auf der Rückfahrt sehen wir auf einmal tatsächlich ein Paar Nene, die endemische Gänseart und Staatsvogel von Hawaii, direkt am Straßenrand und ganz ohne Scheu, auf die viele Schilder am Rander der Straße hinweisen: Nene X-ING. Noch ein kurzer Abstecher zum Kilauea-Rim-Trail und zum Jaggar-Museum, wo jetzt die Sicht auf Kilauea-Karter und Halemaumau prachtvoll ist. Auch der Blick auf Mauna Loa ist ganz klar und sogar Mauna Kea mit den deutlich sichtbaren hellen Observatorien auf dem Gipfel zeigt sich dahinter. Das ist unser nächstes Ziel.
Am frühen Nachmittag treffen wir in Hilo unseren Tour-Guide von der Arnot Adventure Lodge. Zusammen mit 5 weiteren Tour-Teilnehmern chauffiert uns Dave durch das nette verschlafene Hilo mit seinem imposanten Banyan Drive, wo viele mächtige alte Banyan Bäume die Straße säumen. Ein kurzer Stop am Rainbow-Wasserfall, dann geht es hinauf über die Sattle-Road zum Abzweig den Mauna Kea hinauf. Dieser zeigt sich schon hier bei schönstem Wetter und klarer Sicht mit den weißen und silbernen Observatorien auf dem Gipfel.
Bis zum Visitor-Center auf 3000 Meter Höhe ist die Straße noch asphaltiert. Danach holpern wir über eine Staubpiste gen Gipfel, zum Glück ist das letzte Stück wieder asphaltiert. Noch eine kleine Runde durch die Anlage, während der uns Dave die verschiedenen Teleskope erläutert. Dann werden wir für eine Stunde entlassen und erklimmen den letzten Hügel um ganz oben auf 4200 Meter über dem Meeresspiegel auf dem höchsten Berg der Welt, gemessen vom Meeresboden aus, zu stehen. Die Höhe macht sich ganz schön bemerkbar, auch wenn es nur ein kleiner Hügel ist, ist der Aufstieg recht anstrengend. Von hier oben haben wir einen grandiosen Blick auf die Wolkendecke tief unter uns, aus der sich die Vulkane Mauna Loa und Mauna Kea erheben. Auch der kleinere Hualalai an der Kona-Küste durchbricht die Wolken und in der Ferne sieht man Maui mit dem Haleakala. Während die Sonne untergeht und den westlichen Himmel grell orange färbt, wirft Mauna Kea einen großen, perfekt symmetrisch dreieckigen, bläulichen Schatten auf die Wolkendecke im Osten, darüber steht im hellblauen Himmel der fast volle Mond.
Auf dem Rückweg stoppen wir nochmal am Visitor-Center zum Sterne-Schauen, aber der helle Mond überstrahlt die meisten Sterne. Spät aber zufrieden kommen wir wieder in unserem Häuschen zwischen den Baumfarnen in Volcano an. Ich werde die Farne vermissen.
Heute brechen wir von unserem beschaulichen Volcano zur Kona-Küste im Westen auf. Das Wetter ist prächtig und so machen wir noch eine letzte kleine Wanderung zum Puu Huluhulu. Über einen alten schon bewachsenen Lavafluss, vorbei an schön erhaltenen Lava-Bäumen, geht es zu dem kleinen Aussichtsberg. Rechts von uns liegt der Mauna Ulu mit seinem gewaltigen Lava-Schild von 1969, das noch fast gänzlich unbewachsen ist. Vom Puu Huluhulu haben wir eine schöne Rundumsicht auf den Mauna Loa, Kilauea mit rauchendem Halemaumau, Mauna Ulu und in der Ferne sichtbar der aktive rauchende Puuoo. Noch ein letztes Mal beim Jagger Museum und Halemaumau vorbei, dann fahren wir die Highway 11 Richtung Südwesten und dann weiter Richtung Norden nach Kailua-Kona.
Hinter dem Nationalpark wird die Landschaft recht eintönig. Eine willkommene Abwechselung ist der Abstecher an den Punaluu Beach, ein kleiner vollkommen schwarzer Strand mit ein paar Palmen dahinter und einer netten Atmosphäre. Um die Südspitze der Insel ist es recht unattraktiv. Naalehu, das südlichste Örtchen der USA, wirkt als hätte es schon bessere Zeiten gesehen. Dann aber wird die Highway 11 freundlicher, die zahlreichen Häuser am Straßenrand haben hübsch angelegte Gärten, viele blühenden Blumen wie Bougainvillea und grell rot leuchtende Weihnachtssterne sowie bunte Blattpflanzen erzeugen eine heitere Stimmung. Links von uns leuchtet blau der Pazifik.
Gegen späten Nachmittag kommen wir in Kailua-Kona an und beziehen im Royal Kona Ressort direkt am Meer für die nächsten drei Tage Quartier. Beim Abendessen auf der Hotelterrasse gibt es leckeres Prime Rib und für Unterhaltung sorgt gleich nebenan eine hawaiianische Hochzeit mit Musik und Hula-Vorführungen.
Heute schauen wir uns den National Historic Park "Puuhonua o Honaunau" an, wegen des langen Namens oft einfach "City of Refuge" genannt. Er liegt an einem alten schwarzen Lavafluss direkt am Meer und war einst Zuflucht für die, die wegen Übertretung eines Tabus (Kapu) mit der Todesstrafe belegt waren, aber auch besiegten Kriegern oder denjenigen, die nicht kämpfen konnten, bot dieser Ort Schutz. Auch das königliche Anwesen befand sich hier, abgetrennt von der Zufluchtsstätte von einer mächtigen drei Meter hohen und sechs Meter dicken Mauer aus dunklem gefügten Lavagestein. Am kleinen Visitor-Center erhalten wir eine deutsche Broschüre und wandeln gemächlich auf dem von Kokospalmen bestandenen Gelände von Besichtigungs-Punkt zu Besichtigungs-Punkt. Am prominentesten neben der großen Mauer ist der Ahnentempel mit den beeindruckend grimmig schauenden Holzfiguren, die ihn bewachen. Insgesamt herrscht eine sehr heitere und entspannte Atmosphäre in dem Park, der von allzu großen Menschenmassen verschont ist.
Anschließend finden wir über kleinere und größere Umwege in die Bucht, wo Captain Cook im Februar 1779 zum zweiten und letzten Mal Hawaii angelaufen hat, um sein vom Sturm beschädigtes Schiff zu reparieren. In Streitereien mit den Hawaiianern fand er den Tod und wurde zu Teilen rituell verspeist. Die nicht benötigten Teile wurden der Schiffsbesatzung zur Bestattung übergeben. Heute steht hier ein nicht sehr imposantes kleines Denkmal, aber die Geschichte dahinter ist sehr wohl eindrücklich.
Unseren letzten Tag auf Big Island verbringen wir mit einer Fahrt an die Nordost-Küste zum Waimea Outlook, von wo man einen Blick auf die Steilküste und das Waimea-Tal hat, wo sich die ersten polynesischen Siedler niedergelassen haben. Die Fahrt geht zunächst durch nette Siedlungen im Hang über der Küste, dann durch recht ödes trockenes Land, bis wir nach Kamuela direkt auf dem Sattel zwischen Mauna Loa und dem nordöstlichen Küstengebirge kommen. Tatsächlich kann man sich bei den satt grünen Wiesen, weidenden Kühen und Pferden an das Allgäu erinnert fühlen.
Bei der Abfahrt zur Küste leuchtet das Meer in phantastischem Blau, aber genau als wie am Outlook ankommen regnet es. Wir warten den Schauer ab und sehen in das grüne nasse Tal hinab, das die Wiege der hawaiianischen Kultur darstellt und wo auch König Kamehameha aufgewachsen sein soll. Dem begegnen wir auch zurück an der Westküste wieder. Nach einem Bad im Spencer Beach Park schauen wir uns den nahegelegenen Kriegstempel des Königs an, heute nicht mehr als eine große Plattform sorgfältig gefügter Lavasteine, für die Hawaiianer aber immer noch ein heiliger Ort, weshalb wir ihn auch nicht betreten und nur von außen betrachten dürfen.
Unser Flug nach Maui ist eine ganz familiäre Angelegenheit. Viel zu früh sind wir am kleinen Schalter der Molukene Air und müssen anderthalb Stunden auf das Einsteigen warten. Wir sitzen im kleinen Gärtlein des Commuter-Terminals von Kailua, bestehend aus ein paar Holzbuden und davor auf dem Vorfeld etliche kleine Propeller-Maschinen. Eine Handvoll anderer Reisender gesellt sich zu uns. Vor unseren Augen wird das Gepäck in der kleinen Maschine verstaut, dann werden wir durch eine Pforte im Zaun zum Flieger geleitet. Zuvor sind wir gewogen worden und als Resultat hat uns der Pilot unsere jeweiligen Sitzreihen zugewiesen, die uns mündlich mitgeteilt werden, Bordkarten sind überflüssig. Der Pilot selbst gibt aus dem Cockpit heraus die Sicherheitseinweisung und kurze Zeit später erheben wir uns sanft schaukelnd in die Lüfte zum vierzig-minütigen Flug nach Maui.
Dort nehmen wir unseren Mietwagen in Empfang und machen, weil es noch früh ist und Paia regnerisch wie auch von einem Verkehrsstau durchzogen, einen kleinen Abstecher in das Iao-Tal, wo das Wetter besser ausschaut. Das kleine Tal liegt direkt hinter Kahului und endet an einem Aussichtspunkt, von wo aus man eine exponierte Felsnadel bestaunen kann. Nicht nur diese sondern auch die hohen begrünten Felswände des engen tiefen Tales sind beeindruckend, schön der Baumbestand entlang des kleinen Flusses.
Wieder zurück in Paia haben die Autoschlangen nicht abgenommen, aber ein Parkplatz hat sich vor unserer kleinen Lodge aufgetan, so dass wir erst mal ankommen können. Paia selbst ist ein hübscher kleiner Ort mit vielen niedrigen bunten Holzhäusern. Direkt dahinter ist der Strand, an dem die World-Championships im Windsurfing ausgetragen werden. Wir lassen es uns natürlich nicht nehmen, den Surfern in der Bucht beim Üben von den niedrigen Dünen aus zu zuschauen. Ein Abendessen im Salon, der einzigen nicht völlig überfüllten Kneipe und wir beschließen den Tag auf dem Bänkchen vor unserem Zimmer im kleinen Gärtchen unserer netten Lodge.
Heute wollen wir hinauf zum Haleakala, dem großen schlafenden Vulkan der Insel. Der Tag begrüßt uns mit Sonne und blauem Himmel und bei der Fahrt den Berg hinauf ist die Gipfelregion klar oberhalb der Wolken zu erkennen. Auch die nördlichen Berge liegen prachtvoll ohne eine Wolke da, klar gezeichnet die grünen Falten der Erosion, davor die Ebene mit dem Meer zu beiden Seiten. Durch kleine Orte geht es höher, vorbei an Kirchen und Schulen, umgeben von großen Grundstücken mit prächtigen Bäumen mit schirmartig ausladenden Kronen. Wie in große Schleifen gelegt führt die Straße durch grüne Weiden höher, bis wir kurz durch die Wolken fahren und wenig später den Eingang des Nationalparks passieren.
Vom Visitor-Center oben am Rim bietet sich ein grandioser Blick in den Kessel des Haleakala, keine Caldera, wie wir lesen können, sondern durch Erosion entstanden. Wie auch immer entstanden, macht das Haus der Sonne, wie der Haleakala genannt wird, seinem Namen an diesem Morgen alle Ehre. Ein große blauer Himmel wölbt sich über den Vulkan, das Becken darunter ist in allen Tönen von Asche und Lava gezeichnet, über Schwarz bis Grau, Braun bis Ocker , Violett über Rot und Orange zu Rose variieren die Farbschattierungen der Hänge und der prominenten Aschekegel im Kessel. Von beiden Seiten wallen die Wolken über die Kesselränder, lassen der Farbpalette aber immer genug Raum für großartige Eindrücke.
Wir wandern über den Sliding Sands Trail fast bis bis zum Boden des Beckens 700 Meter tief hinab. Jede Biegung des Weges bietet neue Eindrücke und Farbspiele. Am Wegesrand stehen kleine Kolonien des endemischen Silberschwerts, silbrig hellgrün schimmernde Blatt-Kugeln perfekter Symmetrie. Kurz vor dem Erreichen des Beckengrundes picknicken wir und kehren dann um, wir müssen ja den ganzen Weg wieder hinauf und auch die Wolken ziehen allmählich über dem Talgrund zu. Teilweise im Nebel und Niesel kämpfen wir uns Schritt für Schritt bergan, bis die Sonne den Nebel wieder durchbricht sind wir schon fast wieder zurück am Visitor-Center und unserem Mietwagen.
In Paia finden wir mit etwas Glück noch einen Platz in einem trotz des 31. Dezember geöffneten Restaurant. Im lauschigen Innenhof unserer Lodge beschließen wir mit einer Flasche Rotwein das Jahr 2012.
Wir verlassen unseren nette kleine Lodge und fahren die berühmte Straße nach Hana. 40 Meilen schlängelt sich die schmale Straße an der Nordost-Küste im Hang über dem Meer entlang. Überbordende tropische Vegetation wuchert neben und über die Straße, bildet grüne Tunnel, mal hohe knorrige Bäume mit großen roten Blüten, mal schlanker Bambus, der sich über die Straße neigt. Hunderte von Kurven, zig Engstellen und einspurige Brücken über kleine Bachläufe und Wasserfälle sind in atemberaubender Sequenz zu meistern, stets bremsbereit für plötzlichen Gegenverkehr. Immer wieder gibt es Haltebuchten und kleine Wege führen in ein verwildertes Arboretum, zu einem schönen kleinen Wasserfall oder lassen uns auf einem Naturpfad den tropischen Regenwald hautnah erleben, wo wir unter Baumriesen wandeln, die bis in die hohen Kronen von Philodendren umschlungen sind.
Ein besonderes Erlebnis ist der Besuch einer großen Lava-Höhle. Am Eingang werden wir eingewiesen und mit lichtstarken Taschenlampe ausgestattet, dann können wir die Lava-Tube mit ihren Lava-Stalaktiten und -Stalagmiten auf eigene Faust erkunden. Die Röhre misst fast zehn Meter im Durchmesser und wie Gold glitzern die Bakterien um die hellen Ausblühungen und kleinen Zapfen. Als wir testweise die Taschenlampen ausschalten ist die Dunkelheit vollkommen und undurchdringlich, wie man es sonst nie erlebt. Beeindruckend sind auch der kleine Vulkan-Vent und die wie von brauner Schokolade tropfig überzogenen Wände dahinter.
Bald darauf beziehen wir in Hana Quartier in einer Lodge an einem kleinen Strand aus großen runden Lava-Kieseln. Bevor wir uns häuslich niederlassen, brechen wir nochmals auf zum Nationalpark, der hier bis zur Küste hinab reicht. Unser Ziel sind die Seven Sacred Pools und die darüber liegenden Wailua Fälle. Wir schaffen es zwar nicht ganz bis zum Wasserfall, aber der Weg hinauf ist wunderschön, über verwurzelte und leicht schlammige Wege, vorbei an einem alten schönen Banyan, der mit seinen mächtig ausgestreckten Ästen heitere Freundlichkeit ausstrahlt. Von den zwei Brücken über den Wailua-Fluss hat man einen schönen Blick auf die dunklen Pools mit den kleinen Wasserfällen dazwischen, gleich hinter den Brücken führt der Pfad durch einen hohen dunklen Bambuswald. Schmal ist der Weg, gesäumt von einem undurchdringlichen Bambus-Dickicht, über dem Weg schließen sich die Ruten und bilden einen dunklen grünen Tunnel.
Für den Wasserfall am Ende des Weges ist es schon etwas spät, wir kehren um und fahren zurück in das kleine verschlafene Hana, das irgendwie ein bisschen wie am Ende der Welt liegt. Zum Glück sitzen wir schon in der Ranch beim Abendessen unter der Überdachung, als erst leiser Regen, dann aber ein kräftiger Schauer über Hana herab geht.
Der nächste Morgen ist immer noch grau und regnerisch. Zum Glück haben wir den Ausflug zu den Seven Sacret Pools und die kleinen Abstecher am Rand der Straße schon am Vortag gemacht. Aber auch oder vielleicht gerade bei Regen wirkt die Üppigkeit der Natur, alles scheint noch grüner als bei der Hinfahrt. Die kleinen Bäche und Wasserfälle, die wir kreuzen, schäumen jetzt vor Wassermassen gen Küste.
In Paia hat sich das Wetter wieder beruhigt, ab Erreichen der Westküste durchfahren wir öde trockene Hänge. Als wir einem Aussichtspunkt kurz vor Lahaina stoppen und aufs graue Meer blicken, sehen wir gleich drei Wale blasen, die Rückenflossen oder auch die Finne beim Abtauchen, unerwartet und faszinierend.
In Lahaina tauchen wir ein in die Welt des Tourismus und des Konsums. Kaum zu glauben, wer all die T-Shirts, Hawaii-Hemden, Schmuck oder Bilder aus den zahlreichen Galerien kaufen soll - ein starker Kontrast zum verschlafenen Hana. Abends sitzen wir im Schaukelstuhl auf der Veranda des Lahaina Inns vor unserem Zimmer und beschauen uns den Rummel von oben.
Morgens ist Lahaina noch im wesentlichen friedlich. In aller Ruhe frühstücken wir in dem netten kleinen Kaffee nebenan, laufen Richtung Hafen, sitzen im Schatten des riesigen alten Banyan, den die Einwohner des Ortes über 100 Jahre liebevoll gezogen haben, bis er die heutigen Ausmaße mit einem Hauptstamm und 17 Nebenstämmen erreicht hat. Ein halbes Dorf könnte in seinem Schatten ruhen.
Dann holen wir unsere Boarding-Karten für die Whale-Whatching Tour mit der Pacific Whale Organization ab und gehen an Bord des großen Katamarans. Nicht lange nach dem Auslaufen haben wir auch schon die erste Gruppe von Walen gesichtet, ein weibliches Tier mit einem Kalb in Begleitung von zwei großen männlichen Tieren. Ein paar Demonstrationen der Stärke mit Kopfheben und Schwanz-Schlagen, dann zieht eines der männlichen Tiere ab und wir begleiten die Kuh mit dem Kalb weiter, das nun von dem Bullen eskortiert wird.
Während dessen zeigt sich die Insel dramatisch beleuchtet, eine Wolkenhaube verdeckt die Gipfel der nördlichen Berge und wabert die Hänge hinab. Dagegen kämpft die hinter uns stehende Sonne, die die unteren Hänge beleuchtet und eine wahre Sequenz von prächtigen Regenbögen entstehen lässt, mal quer über den Hang gelegt, mal ein großer intensiv gefärbter Bogen, mal ein kurzes senkrechtes Stück, das einen Bergvorsprung akzentuiert. Wahrlich, Maui ist die Insel der Regenbögen. So ist das Whale-Whatching in mehr als einer Hinsicht ein Erlebnis.
Wir beschießen den Abend mit einem leckeren Fischessen in einem der Restaurants mit Balkon zum Meer, das die untergehende Sonne in dramatische Farben taucht, während am Horizont dunkle Regenschauer ihre düster-grauen Vorhänge ziehen. Dann noch ein Glas Wein auf der Veranda unseres Inns, während wir zuschauen wie gegenüber eine Galerie für die große Eröffnung vorbereitet wird.
Statt uns selbst auf eine doch recht lange Schnorcheltour nach Molokini zu begeben, buchen wir eine Art Kreuzung zwischen U-Boot und Glasbodenboot und lassen uns eine Stunde über ein nahegelegenes Riff schippern. Irgendwie finde ich es doch etwas enttäuschend und hatte mir mehr und vielfältigere Fische und andere Riffbewohner gewünscht. Na ja, ganz nett war es schon.
Unsere Tour nach Südwesten zum Big Beach ist leider wenig erfolgreich. Da alle Parkplätze übervoll sind, ziehen wir unverrichteter Dinge wieder ab, aber schauen uns auf dem Weg nach Hause noch das Ozeaneum an, das seinen Besuchern das Riff und seine Bewohner recht gut nahe bring. Höhepunkt ist der Plexiglas-Tunnel durch das große Meeresbecken, wo Haie und Rochen und andere große Fische über und unter uns hinweg und hindurch schwimmen. Am beeindruckendsten finde ich den starken Wind, der die Palmen peitscht und eine weiße Gischt-Schicht auf das dunkelblaue aufgewühlte Meer mit tausenden kleinen zerzausten Schaumkronen zeichnet. Dahinter erhebt sich violett-bau und klar gegen den hellen Himmel abgezeichnet die Nachbarinsel Lanai.
Unsere Zeit auf Maui ist zu Ende. Auf dem Flug über Honolulu nach Kauai begleiten uns die Regenbögen, mal kleine Segmente, mal große Halbkreise, einmal sogar ein kompletter Kreis aus Farben von der Sonne in die Regenwolken gemalt, die unseren Flug begleiten.
In Kauai ist es dann auch düster und regnerisch. Wir richten uns in unserer Lodge in Kapaa direkt am Strand häuslich ein und hoffen auf besseres Wetter für die nächsten Tage.
In der Nacht regnet es teilweise heftig, nass und bewölkt begrüßt uns der Morgen. Voller Hoffnung fahren wir gen Norden zur Napali-Küste. Intensiv grün und nass glänzend präsentiert sich die tropische Vegetation. Kleine bunte Häuser auf Stelzen, oft von hübschen gepflegten Gärten umgeben, prägen das Bild der kleinen freundlichen Ortschaften durch die wir fahren.
Am Ende der Straße und Ausgangspunkt des Napali Wanderwegs richten wir uns wohlgemut mit Schuhwerk und Wanderstöcken und kommen gerade mal bis zum Ende des Parkplatzes, wo uns ein freundlicher Polizist stoppt und darauf hinweist, dass der Napali-Trail schon seit zehn Tagen gesperrt ist, weil ein flüchtiger Gewalttäter dort vermutet wird. Ein Schild mit einem deutlichen "Trail Closed" lässt diesbezüglich keine Zweifel aufkommen. Enttäuscht geben wir unseren Plan auf, heute den Napali-Trail zu wandern, und spazieren an dem kleinen Strand entlang um wenigstens ein paar Blicke auf die Steilküste zu erhaschen. Der Wettergott meint es gut mit uns und enthüllt kurz die blau-grünen Falten und hintereinander gestaffelten Steilhänge der Napali-Küste. Vielleicht haben wir an einem anderen Tag mehr Glück.
Auf dem Weg zurück machen wir einen Abstecher zum nördlichsten Leuchtturm der Inseln in Kilauea. Die Sonne scheint und setzt die hohen Klippen mit den anbrandenden Wogen und der hohen Gischt sowie den kleinen alten, liebevoll renovierten Leuchtturm auf der Felsnase ins beste Licht. Einige Nene-Paare sind hier auch präsent, völlig unbeeindruckt von den Besuchern watscheln sie über das Gelände. Gegenüber ist eine Kolonie Seevögel und über unseren Köpfen kreisen Seeschwalben und Albatrosse.
Kurz vor Wailua machen wir noch einen Umweg ins Inselinnere, schauen uns die Opaeka-Fälle an und blicken von einem kleinen Aussichtspunkt auf den Wailua-River und das rekonstruierte hawaiische Dorf. Wir beschließen den Tag mit einem feinen Fischessen in der Nähe unseres Hotels.
Wieder regnet es heftig in der Nach und ich befürchte einen weiteren regnerischen Tag. Aber beim Aufstehen zeigt sich ein Stück blauer Himmel über uns und sowieso ist das Wetter auf der Insel extrem variabel.
Also fahren wir wohlgemut gen Süden, decken uns wieder mit Sandwichs ein und umrunden die halbe Insel mit dem Ziel Waimea Canyon. In Waimea zweigt eine kleine Straße zum Canyon ab und führt in vielen Kurven steil den Hang hinauf und dann durch den lichten Wald am Rande der Schlucht entlang. Immer wieder eröffnen sich spektakuläre Blicke hinab in den Canyon. Der schönste Aussichtspunkt ist der Waimea Canyon Outlook. Prächtig liegt die gigantische Canyon-Landschaft vor und unter uns, die nicht umsonst Grand Canyon des Pazifik genannt wird. Über 22 Kilometer Länge hat sich der Fluss bis zu tausend Meter tief in die farbigen Gesteinsschichten eingegraben. Stark kontrastieren die Rot- bis Ocker-Töne der Erden und Felsen mit dem dunklen und hellen Grün der Büsche und Bäume in den Hängen und in den Talsohlen fast tausend Meter unter uns, die sich als grün gefleckte Bänder durch die fröhliche Farbigkeit der Klippen und Steilhänge schlängeln. Die Sonne und die Schatten einiger ziehender Wolken verstärken die Farben und Kontraste der tief eingeschnittenen Täler mit den Felsgraten dazwischen.
Weiter oben ziehen sich die Wolken zusammen und am Ende der Straße und dem Ausgangspunkt unserer geplanten Wanderung in die Alakai-Sümpfe ist der Himmel grau und es nieselt. Wie schön, dass wir am letzten Aussichtspunkt noch einen prächtigen Blick in das Kalalau Tal erhaschen konnten, ein hängendes Tal, das im Halbrund einen Abschnitt der Napali-Küste umfasst, die Talhänge in Falten wie aus dichtem grünen Vorhangstoff gelegt. Erst wabern dichte Nebel im Tal, dann aber zerstreut der Wind den grauen Schleier und das Tal präsentiert sich in seiner ganzen Schönheit, nur noch von zarten hellen Schleiern umflort.
Tapfer rüsten wir uns trotz des Regens zur Wanderung in die Sümpfe und gehen die ersten paar hundert Meter des durch die Nässe extrem glitschigen und schlammigen Weges auf dem Grad zwischen Kalalau-Tal und Alakai-Sümpfen. Nieselregen peitscht uns ins Gesicht, die Sicht ist von Wolken und Nebel verstellt, gerade noch können wir den Wald des Sumpfes zur Rechten unter uns erkennen, links liegt alles in den Wolken. Schnell kommt uns die Erkenntnis, dass heute nicht der rechte Tag für einen Wanderung in den Sümpfen ist, die nicht ohne Grund unterhalb des Mount Waialeale liegen, einem der regenreichsten Orte der Welt mit durchschnittlich 11.500 mm Regen pro Jahr.
Wir geben auf und kehren zum Auto zurück, vielleicht haben wir an einem anderen Tag mehr Glück mit dem Wetter. Unten an der Küste ist das Wetter wieder freundlicher, immer wieder malt die Sonne Regenbögen an die wolkenverhangenen Berghänge hinter uns.
Ein Highlight auf dem Weg nach Hause ist das Sprouting-Horn an der Südküste, wo wir nicht nur beobachten können, wie die Wellen unter mächtigem Fauchen und Schnaufen hohe Fontänen aus einem Loch in der Lava-Decke spritzen lassen, sogar zwei Meeresschildkröten können wir in den Wogen vor dem Lavasaum der Küste ausmachen.
Für den frühen Nachmittag haben wir einen Rundflug mit dem Hubschrauber gebucht. Bis dahin vertreiben wir uns die Zeit und schauen uns den nahe gelegenen Wailua-Wasserfall an, wo der Wailua sich in einem mächtigen Schwall in die Tiefe stürzt. Dann besichtigen wir entspannt und in aller Ruhe auf einer selbst-geführten Tour ein rekonstruiertes altes Hawaii-Dorf im ehemals heiligen Wailua-Tal, das Einblicke in das Leben der Hawaiianer vor Ankunft von James Cook gibt.
Dann ist es Zeit und wir begeben uns zu Jack-Helikopter, checken ein, werden gewogen, bekommen ein Sicherheits-Briefing und werden per Shuttle zum Flughafen gebracht, wo eine Ecke als Startplatz für die Hubschrauber reserviert ist. Wir haben den kleinen Hubschrauber gebucht, mit einem Piloten und vier Passagieren. Eine Besonderheit ist, dass ohne Türen geflogen wird, so dass wir ein sehr direktes Flugerlebnis haben werden und auch beim Fotografieren nicht durch unschöne Reflexionen in den Fenstern gestört werden.
Bei rotierenden Blättern steigen wir ein, werden angeschnallt, es wackelt ein wenig und schon sind wir in der Luft. Wir haben auf Grund der Gewichtsverteilung die beiden hinteren Sitze zugeteilt bekommen, mit jeweils freiem Blick zur Seite und nach unten, wo sich der Boden rasch entfernt. Während der ersten leichten Turbulenzen beim Überfliegen eines kleinen Bergkammes ist uns noch etwas mulmig, aber dann haben wir uns an das Flugverhalten und die fehlende Barriere zwischen uns und der Tiefe gewöhnt, Vertrauen in den Piloten gefasst und genießen den Flug, der uns zunächst Richtung Süden und dann im Uhrzeigersinn um die Insel herum führt. Das Wetter ist nicht ideal, Nieselschauer hängen hier und da, entschädigen uns aber mit ganzen Sequenzen von großen und kleinen Regenbögen.
Der erste große Höhepunkt ist der Flug durch den Waimea Canyon, der erfreulicher Weise wolkenfrei ist. Herrlich sind die vielen Rot- und Grün-Töne, die auf steile Flanken, Grate und in die tief eingeschnitten Täler gegossen sind. Wir fliegen weit hinein in den Canyon und kreisen, damit alle diese Pracht aus den unterschiedlichen Perspektiven bewundern und fotografieren können. Dann kommt auch schon die Napali-Küste in Sicht, die im schönsten Sonnenlicht liegt. Ein paar nicht weiter störende Nieselwolken hängen über dem Meer und sorgen wieder für intensiv leuchtende Regenbögen, halbe und geschlossene Kreise, die uns begleiten. Dicht vorbei fliegen wir an den beeindruckenden steilen Klippen, drehen Kreise in den kleinen Seitentälern, ganz nahe kommen wir den grau-grünen Steilwänden mit den scharfen senkrechten Graten, die wie gigantische Faltenvorhänge wirken.
Am Ende der Napali-Küste durchfliegen wir einen Regenschauer, Wind und Nässe peitscht auf den Außenseiten hinein, gut dass wir Regenjacken anhaben. Über Land fliegen wir entlang der Ostküste zurück, viel Grün unter uns, die hohen Etagenbäume bilden Muster wie aus grünen Klöppeldeckchen zusammengesetzt. Bald ist dann auch der Flug zu Ende, der Pilot landet exakt auf den Einrast-Punkten. Noch ein Abschiedsfoto vor dem Helikopter mit Pilot, der das Shaka-Zeichen Hang-Loose macht, was soviel wie cool, alles easy bedeutet, und das Shuttle bringt uns zurück zum Auto. Den Rest des Tages lassen wir locker ausklingen - Hang Loose - voll von den Eindrücken des faszinierenden Fluges.
Da wir vom Hubschrauber aus Wanderer auf dem Napali-Trail gesehen haben, versuchen wir unser Glück erneut und fahren nach Norden zur Napali-Küste. Das Wetter lässt hoffen und präsentiert sich an der Nordküste prächtig mit Sonne, durchsetzt mit leichtem, fast nicht spürbarem Niesel, der immer wieder schöne Regenbögen über dem Meer entstehen lässt. Der Weg ist zu unserer Freude nicht mehr gesperrt, wir finden einen Platz zum Parken und marschieren mit Turnschuhen und Wanderstöcken los.
Ich freue mich riesig, dass wir diese spektakuläre Wanderung nun doch bei schönstem Sonnenschein machen können. Der Weg ist zwar sehr matschig, aber die Steine sind griffig und die Stöcke eine wertvolle Hilfe. Der schmale Trail geht über grobe Steine zunächst hinauf und dann etwa hundert bis zweihundert Meter über dem Meer im Hang die Küste entlang, mal durch lichteren, mal dichteren Bewuchs beim Überqueren kleiner Bäche, bis er nach drei Kilometern wieder zu einer kleinen Bucht hinab führt. Tief unter uns leuchtet türkis bis dunkelblau das Meer, bis hier hinauf hört man das Donnern der Brandung an der Steilküste. Immer wieder bieten sich prächtige Blicke auf die Napali-Küste.
Auf dem Rückweg begleiten uns wieder schöne Regenbögen über dem Meer. Etwas dreckig und erschöpft aber glücklich kommen wir wieder an unserem Ausgangspunkt an, nach dieser herrlichen Wanderung, die in Teilen doch schon ein rechter Geschicklichkeits-Parcours war.
An unserem vorletzten Tag auf Kauai ist das Wetter sonnig und schön und wir beschießen, nochmal beim Waimea Canyon vorbei zu schauen. Schon beim ersten Aussichtspunkt kurz vor Waimea präsentiert sich Mount Waialeale fast wolkenfrei. Oben dann am Ende der kurvigen Straße entlang des Canyons haben wir dann auch einen herrlichen, von Wolken freien Blick auf das Kalalau-Tal, das sich von grau-grünen Flanken umsäumt zu Napali-Küste hin öffnet. Draußen auf dem Meer vor der Bucht sehen wir sogar Wale blasen.
Unweit vom Aussichtspunkt machen einen kleinen Spaziergang. Der niedrige, lichte Wald mit Moosen und Epiphyten lässt die hohen Regenmengen erahnen, auch wenn wir nicht direkt in sondern nur nahe der Alakai-Sümpfe wandern, einem der regenreichsten Punkte der Erde. Es ist sonnig, der Wald ist erfüllt von Summen und vielfältigem Vogelgezwitscher, ein wirklich netter, ganz entspannter Spaziergang.
Dann geht es wieder hinunter zur Küste. Im beschaulichen Örtchen Waimea essen wir eine Kleinigkeit und machen uns wieder auf den Weg nach Hause. Von unserer Lodge aus unternehmen wir einen kleinen Strandspaziergang in der Dämmerung, essen leckeres Fisch-Dreierlei auf der Terrasse unseres Lieblings-Restaurants, schwarz heben sich die Wedel des angrenzenden Kokospalmenhains gegen den nacht-blauen Himmel ab. Später gehen wir nochmal zum Meer und betrachten die hell leuchtenden Sterne über einem dunklen Meer, akzentuiert von den hellen Schaumkronen der anbrandenden Wellen, und unser letzter Abend in Kauai geht zu Ende.
Heute heißt es Abschied nehmen vom schönen Kauai. Unseren letzten Tag verbringen wir beschaulich. Wir besuchen den nahegelegenen Botanischen Garten am Wailua, lustwandeln als scheinbar einzige Besucher durch das Areal, bewundern Bäume und Pflanzen, begleitet von einem Schwarm Täubchen. Immer wieder treffen wir auch die glücklichen freien Hühner und prächtigen Hähne Kauai's und begegnen sogar einem Paar Nene.
Mittags schlendern wir durch den historischen Kern des netten Örtchens Koloa und essen lecker im lichtdurchfluteten, begrünten Innenhof eines kleinen Lokals. Ich erstehe noch zwei T-Shirts, eines mit einem schönen Motiv der Napali-Küste, das zweite mit dem heimlichen Wappentier Kauais, dem Hahn, mit der Aufschrift "Da Proud - Da Free", was soviel heißt wie "Der Stolze, Der Freie". Jawohl, so habe ich die allgegenwärtigen Hähne mit ihrer Hühnerschaar auf Kauai kennen gelernt.
Alles scheint sich verabschieden zu wollen. Als wir nochmal beim Sprouting-Horn vorbei schauen, sehen wir mehrere Buckel-Wale blasen und ihre Finne aus dem Wasser heben.
Der Flug nach Honolulu ist kurz. In der Dunkelheit kommen wir am entlegenen Commuter-Terminal an. Am einsamen Taxistand fährt zu unserer Verwunderung eine große weiße Stretch-Limosine vor. "Same price, same price", versichert der Einweiser und schon sitzen wir wie die VIPs im Fond und werden von dem herrschaftlichen Gefährt mit voll ausgerüsteter Bar gen Waikiki zu unserem Hotel chauffiert. Im Sheraton Princess Kaiulani erhalten wir einen Upgrade auf die Top-Etage und stehen staunend auf unserem Balkon im 28. Stock mit Blick über das erleuchtete Waikiki und das nacht-dunkle Meer.
Beim Abflug in der Frühe grüßt Hawaii noch ein letztes Mal mit einem kleinen Regenbogen. 27 Stunden später landen wir im winterlichen München.
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