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Etappen |
Es ist nicht arg weit von München nach Island. Ein gar nicht so langer vierstündiger Flug bringt uns nach Keflavik. Ganz pünktlich landen wir, das Gepäck ist auch gleich da, aber dann stehen wir über eine Stunde in einer riesigen Schlange am Schalter der Autovermietung an. Aber irgendwann sind auch wir dran, nehmen unseren Wagen in Empfang und düsen los. Es ist schon später Nachmittag aber ein kleiner Abstecher zur Blauen Lagune ist schon noch drin. Die Blaue Lagune wird aus den Abwässern des nahen Geothermie-Kraftwerkes gespeist. Das 37 Grad warme Wasser kommt aus 2000 Metern Tiefe und hat durch die enthaltenen Mineralien eine milchig hellblaue Farbe, in schönem Kontrast zu der dunklen Lava, in die das Naturbad eingebettet ist. Der Eintrittspreis ist mit 40 Euro pro Person ganz schön happig, aber es ist auch eine schöne, sehr moderne Anlage und das Badeerlebnis in dem warmen milchigen Blau ein wirkliches Erlebnis und sehr entspannend. Ich schmiere mich auch im Gesicht mit der kalkig weißen Mineralien-Paste ein, wie es mir viele der anderen Badegäste vormachen.
Nur kurz verweilen wir, wir wollen rechtzeitig um Abendessen in unserm Hotel in Reykjavik sein. War es der lange Flug, das warme Bad in der Lagune oder auch eine Kombination daraus, kurz nach 22 Uhr liegen wir in den Betten, während draußen der Tag ewig zu dauern scheint.
Heute morgen steht eines unserer Highlights auf dem Programm. Nach dem Frühstück laufen wir hinüber zur Eagle Air auf dem kleinen Stadtflugplatz direkt hinter dem Hotel. Und tatsächlich, trotz des regnerischen Wetters, findet unser gebuchter zweistündiger Rundflug statt. Im kleinen Warteraum zeigt uns der Pilot anhand der großen Island-Karte an der Wand die geplante Route über Pingvellir, Gullfoss, Geysir, Landmannalauga, Eyjafjallajökull und entlang der Südküste zurück. Wir sind die einzigen Passagiere in der kleinen Chesna. Der Pilot erläutert uns ausführlich was alles zu sehen ist und dreht Runden über den interessantesten Stellen um uns den bestmöglichen Blick zu verschaffen.
Faszinierend sind die langen, parallel laufenden Erd-Spalten bei Pingvellir, wo das Auseinanderdriften der amerikanischen und europäischen Platte direkt sichtbar wird – Seafloor-Spreading an der Oberfläche, ist doch Island Teil des Mittelatlantischen Rückens. Genau das wollte ich schon immer mal sehen und heute Nachmittag werden wir dort herum spazieren, worauf wir nun von oben schauen und was so plastisch unter uns liegt. Sehr genau erkennt man verschiedene Spalten und Risse, die sich bis in den See und noch unter Wasser fortsetzen.
Schön auch die nächsten beiden Attraktionen, den Geysir Strokkur, der gerade eine Fontäne heißen Wassers zu unserer Begrüßung steigen lässt, und der prächtige Wasserfall Gullfoss, Goldfall genannt wohl wegen der bräunlichen Farbe des Flusses, der die Aschen von vergangenen Vulkanausbrüchen aus den Gletschern mit sich führt.
Weiter geht es vorbei am düsteren Vulkan Hekla, der aufgrund seiner katastrophalen Ausbrüche im Mittelalter als Tor zur Hölle galt. Leuchtend grün heben sich bemooste Hänge von dunklen Lava- und Asche-Feldern ab. Helle Schneeflecken kommen in den höheren Bereichen dazu und bilden einen scharfen Kontrast zum Schwarz-Grau und Grün. Auf den breiten Sander-Flächen in den Tälern bilden Flüsse große, hell schimmernde Netze im eintönigen Grau der Ablagerungen.
Bei Landmannalauga wechseln die Farben von düsterem Schwarz-Grau zu helleren ocker-gelben Tönen. Die Berge leuchten in fantastischen Farben, obwohl der Himmel bedeckt ist. Ocker bis Rot, dazwischen kupferblaue Hänge, hellgrüne Moosflecken als Einsprengsel, mäandrierende Flüsse im Talgrund. Wir sehen auch den berühmten Wanderweg Laugavegur (Weg der heißen Quellen) und sogar ein paar Wanderer auf dem Gradweg und einem Gipfel, zum Greifen nahe, so tief fliegen wir über sie hinweg. An vielen Stellen dampfen heiße Quellen, die dem Wanderweg seinen Namen gaben.
Beeindruckend ist danach auch der Flug über den Gletscher und Vulkankrater des Eyjafjallajökull, der 2010 mit seinen großen Aschewolken Teile des internationalen Flugverkehrs zum Erliegen brachte. Scharf akzentuiert sind die Gletscherspalten und Abbrüche auf dem steilen Hang, nachgezeichnet mit schwarzer Vulkanasche. Im weiten Tal zu Füßen des Gletschers breitet sich der Fluss fast ungehindert aus, fließt in einem weit verzweigten Netz von silbrig-hellgrauen Bändern durch ein bleiernes Dunkelgrau.
Über die größte Ackerbau-Region an der Südküste mit dem vorgelagerten schwarzen Strand geht es wieder zurück nach Reykjavik mit seinen kleinen bunten Häusern.
Hochzufrieden mit unserem Rundflug starten wir dann selbst unseren Motor und fahren Richtung Pingvellir. Weit und groß ist die Landschaft, trotz der Regenwolken lässt sich weit über das Land blicken. Nach einem heftigen Wolkenbruch über dem Pingvallavatn See sind wir sehr zufrieden, ohne Regen durch die historisch und geologisch interessante Stätte Pingvellir zu spazieren. Hier, direkt an der Bruchkante der beiden Kontinental-Platten, liegt der alte Thingplatz, an dem ab 930 von den alten Wikingern das jährliche Althing-Treffen abgehalten wurde. Hinter dem kleinen Kirchlein schauen wir uns eine der langen Spalten an, die das Tal durchziehen. Sie sind mit glasklarem, blau schimmerndem Wasser gefüllt, silbrig glänzen auf dem Grund tausende von Münzen, die die Besucher - warum auch immer - hier hinein geworfen haben.
Am nächsten Stopp bei den Geysiren regnet es, aber wir lassen es uns nicht nehmen, zur Mutter aller Geysire, dem „Geysir“ zu spazieren, der allerdings seit einem Erdbeben seine aktiven Tage hinter sich hat. Statt dessen ist Strokkur gleich daneben aktiv, alle 5 bis 10 Minuten wölbt sich eine große blaue Wasserblase aus dem Becken um kurz darauf in eine 15 bis 20 Meter hohe Fontäne zu zerplatzen.
Zehn Kilometer weiter nördlich am mächtigen Wasserfall Gullfoss hat es aufgehört zu regnen und sogar etwas blauer Himmel zeigt sich. In der Ferne sind die beiden Gletscherzungen des Langjökulls zu sehen. Der Gullfoss selbst ist auch von hier unten eine imposante Erscheinung, wie er sich in breiter Front über eine kleinere Stufe und dann mit wildem Rauschen hinab in eine tiefe Schlucht stürzt und Gischt nach oben schießen lässt. Ein Weg führt uns hinab bis auf ein kleines Felsplateau unterhalb der ersten Fallstufe an der Absturz-Kante in die Schlucht, von wo wir die Urgewalt dieses mächtigen Wasserfalls hautnah erleben.
Auf dem Weg ins Hotel stoppen wir nochmals kurz bei den Geysiren, wo wir diesmal ohne Nass von oben einige Male versuchen, die unvermittelten Ausbrüche des Strokkur mit der Kamera festzuhalten. Über eine einsame Piste, die nach ein paar Kilometern zum Glück wieder in Asphalt übergeht, erreichen wir unser nettes kleines Hotel in Fludir, einem Ort mit vielen heißen Quellen, die u.a. zum Heizen von Gewächshäusern genutzt werden, in denen Gemüse gezogen wird. Nach einem leckeren Abendessen entspannen wir uns im Hot-Pot im Garten des Hotels, ebenfalls ermöglicht von den heißen Quellen. Unter einem nördlich hellen Abendhimmel lassen wir den Tag im warmen Wasser bis kurz vor Mitternacht ausklingen.
Unter einer dichten Wolkendecke geht es Richtung Süden und dann die Ringstraße entlang der Südküste gen Osten. Allmählich bessert sich das Wetter und beim Wasserfall Seljalandsfoss scheint sogar die Sonne. Der kleine, vom Gletscher Eyjafjallajökull gespeiste Fluss fällt über eine weit überkragende Felskante, so dass man hinter dem Wasserfall durchlaufen kann. Das breite Tal zu seinen Füßen liegt friedlich da mit schönen Blumenwiesen, und war doch beim Ausbruch des Eyjafjallajökull Schauplatz einer dramatischen Überflutung, ausgelöst von dem durch die glühend heiße Lava abschmelzenden Gletscher und den nachfolgenden Gletscherlauf.
Weiter geht es entlang des Gletschers bis nach Skoga, wo wir beim Wasserfall Skogafoss eine kleine Wanderung unternehmen. Gewaltig stürzt sich der Fluss über eine Breite von 25 Metern in freiem Fall 60 Meter in die Tiefe. Das helle schäumende Weiß hängt wie ein gigantischer Vorhang im Grün des Hanges, zwergenhaft wirken die Besucher am Fuß des Falls. Im Hang führt eine Treppe bis hinauf zur Kante und ein schöner Wanderweg weiter über sanft ansteigende grüne Wiesen, vorbei an weiteren rauschenden Kaskaden entlang der verwunschen wirkenden Tuff-Schlucht, die sich der Fluss gegraben hat. Ich kann mir in den fantastisch wirkenden Felsen sehr gut Abbilder von Trollen vorstellen, die das Licht des Tages hier zu Stein hat werden lassen. Von hier oben haben wir einen schönen Blick über die Hänge hinauf zum Gletscher Myrdalsjökull, der sich allerdings dezent in Wolken hüllt, wie auch hinab zur dunklen Ebene mit dem Fluss und auf das blaue Meer dahinter.
Kurz nach Skogar machen wir einen kleinen Abstecher zu einer Gletscherzunge, die hier fast bis hinab in die Küstenebene reicht. Eine holprige Schotterstrecke führt direkt dorthin, die unser kleines Auto trotz der Schlaglöcher mit Bravour meistert. Der Gletscher wirkt düster mit der aufliegenden tiefschwarzen Asche. Kleinere Stücke sind abgebrochen und schwimmen in einem flachen graubraunen Gletschersee zu seinen Füßen. Über allem liegt eine dunkle Haube düsterer Wolken. Weiter geht es auf der Ringstraße, linker Hand begleiten uns die Hänge des Myrdalsjökulls, dunkelgraue Lava und Asche, mit dem einheitlichen intensivem Grün des Mooses überzogen.
Ein weiterer Abstecher führt uns zum Vogelfelsen Dyrholaey, wo allerdings nur wenige Vögel zu sehen sind. Dafür ist die Aussicht umso schöner, ein fantastischer Blick über einen schwarzen Strand, an den weiß schäumend das Meer brandet, dahinter die grünen Hänge wie Mauern einer überdimensionalen lebenden Festung, und davor im Meer die dunklen hohen Kegel einer bizarren Tuff-Formationen, bestimmt handelt es sich um eine Gruppe von beim Baden versteinerter Trolle.
Danach fahren wir über das riesiges moosbewachsenes Lavafeld Eldhraun, das sich über viele Kilometer hinzieht und von dem großen Ausbruch der Laki-Spalte 1783/84 stammt, einem der größten Vulkanausbrüche in historischer Zeit. Nicht nur für Island war dieser Ausbruch eine große Katastrophe, bei der ein Viertel der Bevölkerung und ein Großteil des Viehs starb, auch in Europa wirkten sich die großen Mengen ausgestoßenes Schwefeldioxid in Form von Aerosolen aus und senkten die Temperaturen im folgenden Winter erheblich ab. Die scharfkantigen Lavabrocken des Eldhraun sind dick mit Lavamoos überzogen. Bizarr bis skuril sehen diese rundlichen weichen Mooskissen auf den erstarrten Lavaflüssen aus, als hätten Kolonien überdimensionaler Bakterien alles mit Grün überzogen.
Wenig später kommen wir an unserem Hotel an, das inmitten eines überwachsenen Lavafeldes liegt. Erst überrascht mich der Barackenstil etwas, aber unser Zimmer hat einen tollen Blick auf den Vatnajökull und die vorgelagerten Berge und die Außentür unseres Zimmers führt geradewegs hinaus auf die Wiesen und in das Lavafeld.
Heute hat uns das Island-Tief fest im Griff. Schon beim Aufstehen ziehen düstere Wolken ganz tief über uns hin. Auf der Fahrt regnet es, schüttet es, peitscht Regen oder nieselt es. Meist gießt es wie aus Kübeln. Schade, dass auch die Wolken so niedrig hängen, dass von den großen Gletscherzungen des Vatnajökull wenig bis nichts zu sehen ist, kaum dass sich der Fuß eines Berghangs zeigt. In einer kurzen Regenpause sehen wir uns die riesige Sanderfläche Skeidararsandur an, die von den zahlreichen Gletscherflüssen den Vatnajökull gebildet wurde. Auf dem Parkplatz informieren Tafeln über den größeren Ausbruch 1996, als ein großer Gletscherlauf über die Ebene schoss, tonnenschwere Eisblöcke mit sich führte und die Brücke über den Fluss komplett zerstörte. Ein völlig deformiertes großes Eisenelement der alten Brücke auf dem Platze gibt darüber lebhaft Zeugnis.
Von hier sehen wir sogar in der Ferne zwei Gletscherzungen des Vatnajökull, die sich in die Ebene schieben. Kurz darauf ist jegliche Sicht auf die Landschaft in Wolken und Regenfluten untergegangen. Am Infozentrum des Nationalparks gießt es in Strömen. Wir informieren uns ausführlich über die Geschichte der Erstbesiedlung bis zum großen Ausbruch im Mittelalter. Unsere geplante Wanderung lassen wir wegen des andauernden heftigen Regens ausfallen und fahren weiter zur Gletscherlagune Jökulsarlon. Schade dass auch hier der Regen so peitscht, das wir uns nur kurz die großen, weiß über blau bis grau und schwarz gebänderten Eisberge anschauen, ein paar Fotos schießen und dann weiter die Ringstraße nach Höfn fahren. Irgendwann vor Höfn sind immerhin wieder die Berghänge erkennbar, an denen wir entlang fahren, aber die düsteren Regenwolken verlassen uns nicht bis zu unserer ländlichen Unterkunft mit Panorama-Fenster auf das graue, breite Schotterbett des Jökulsa-i-Loni, der sich darin in vielen Armen verzweigt Richtung Meer schlängelt, dahinter die Berge im Nebel-Grau und darüber große dunkle Wolkenfetzen auf hellgrauem Nebelgrund.
Am Morgen hat sich das Wetter erheblich gebessert, die Wolken hängen bei Weitem nicht mehr so tief. Wir beschließen, die gut 100 Kilometer bis zur Gletscherlagune zurückzufahren und dann hoffentlich etwas mehr von der Lagune und den Gletschern zu sehen als am Vortag, handelt es sich doch bei diesem Teil der Ringstraße um einen der landschaftlich faszinierendsten Abschnitte. Schon als wir um die Felsnase kurz vor Höfn biegen, erweist sich der Plan als voller Erfolg. Prächtig wälzen sich die Gletscherzungen des Vatnajökull hinab in die Küstenebene. Was gestern für uns komplett hinter dem Wolkenvorhang verborgen war, liegt nun vor uns im Lichte der Sonnenstrahlen. Auf dem Weg zur Lagune sehen wir vier Gletscherzungen.
An der Lagune Jökulsarlon ist der Anblick überwältigend. In der Lagune schwimmen unzählige hellblaue, weiße und grau gebänderte Eisberge des in die Lagune kalbenden, breiten Gletschers Breidamerkurjökull. Von links sieht man zwei weitere, schmalere Gletscherzungen sich den Hang hinunter wälzen. Kaum kann ich mich an der grandiosen Landschaft und den vielfältigen Farbenspielen und Formen der Eisberge sattsehen. Wir laufen noch hinüber zum Strand, wo einige Eisbrocken in der Brandung liegen, wie überdimensionale, vergängliche Schmuckstücke.
Hochzufrieden fahren wir die Küstenstraße wieder nordostwärts, vorbei an Höfn und entlang der weit ins Land reichenden Ostfjorde. Das Wetter ist prächtig, das Meer glitzert in der Sonne und leuchtet blau, hinter dem Fjord erheben sich düster grün-graue Lava-Felsen und dann auch immer mehr heitere, von Schneefeldern weiß gefleckte Berge mit grünen Hängen. Zwei kurze Schotterstrecken sind bald überwunden, dann geht es durch ein langes Tal hinauf und über einen kleinen Sattel gelangen wir hinab nach Egilsstadir. Schon bei der Fahrt hinab fallen die dichten Gebüsche bzw. niedrigen Gehölze von Zwergbirken auf. Diese werden wir uns morgen genauer anschauen.
Von der Terrasse des kleinen bunten Gästehauses in Hang über Fellabaer haben wir einen schönen Blick in die Weite der Landschaft mit den großen sanft ansteigenden Bergen mit schneebedeckten Kuppen und dem großen See zu ihren Füßen, in dem der Legende zufolge ein Seeungeheuer leben soll.
Heute ist ein gemütlicher Tag, wir bleiben in der Umgebung von Egilsstadir und haben bei schönstem Wetter alle Zeit der Welt die Attraktionen um den See zu erkunden. Erst besuchen wir DEN Wald. Es handelt sich dabei um den einzigen nennenswerten verbliebenen Waldbestand Islands, den die Dame in der Touristeninformation im Handumdrehen mit einem kleinen roten Kringel auf der Umgebungskarte markiert. Wir machen einen kleinen Spaziergang zwischen kleinwüchsigen Birken, Eschen, Lärchen und anderen Nadelbäumen. Anschließend besuchen wir das kleine Arboretum mit Bäumen – vor allem Nadelbäumen – aus aller Welt, vornehmlich aus nördlichen Regionen, und begutachten, wie sie sich unter isländischen Bedingungen seit dem Jahr der Pflanzung entwickelt haben.
Wir umrunden den See und machen Mittag in der netten Gaststätte im ehemaligen Landsitz des bekannten Schriftstellers Gunnar Gunnarsson, welcher mittlerweile zum Museum umgewidmet ist. Unweit davon liegt der Startpunkt für eine kleine Wanderung zu den beiden Wasserfällen Hengifoss und Litlanesfoss. Vom Parkplatz aus geht es erst steil über Treppen, dann etwas flacher aber stetig den Hang hinauf. Auf halber Höhe liegt Litlanesfoss, ein kleinerer Wasserfall aber wunderschön eingerahmt von einer Gallerie hoher Basaltsäulen, die den Fall wie Orgelpfeifen umstehen. Ein ganzes Stück weiter oben stehen wir Hengifoss gegenüber, der mit über 100 Metern Fallhöhe einer der höchsten Wasserfälle Islands ist. Aber nicht die Höhe ist das Besondere, sondern die roten Bänder aus Ton, die die dunkleren breiten Lavaschichten trennen und akzentuieren, geben dem Wasserfall sein besonderes Gesicht.
Auf der Heimfahrt über die teils geschotterte Straße haben wir herrliche Blicke auf den bräunlichen See unter uns, den dunkelgrünen Wald am gegenüberliegenden Hang und die breiten flach ausgedehnten schneegefleckten Berge dahinter.
Wir fahren Richtung Landesinnere. Über ein weites Hochplateau und durch eine recht karge Landschaft geht es Richtung Westen, südlich von uns liegt die sogenannte Missetäterwüste, eine einsame, unwirtliche Gegend im Landesinneren. Ein Höhepunkt auf der Fahrt ist das Panorama das sich uns bei der Abfahrt vom Plateau bietet. Der weite Blick Richtung Süden geht bis zum Tafelvulkan Herdubreid, von dem vermutet wird, dass sich darauf Asgard befindet, der Wohnort der altgermanischen Götter, mit Odins Thronsitz in der Mitte, von dem aus er alle neun Welten überblicken kann. Herdubreid ist ein prächtiger Berg, düster, Schnee gestreift und von einer Wolkenhaube gekrönt liegt er als Solitär in der Wüste.
Wenig später biegen wir auf eine Piste nach Norden ab, die uns zum grandiosen Wasserfall Dettifoss bringt. Ein kurzer Weg führt vom Parkplatz hinab zu dem tosenden Fall bis dicht an die Kante der Schlucht, in die er sich stürzt. Riesige Mengen von grau-schlammigem rauschen hinab – nach dem Rheinfall ist der Dettifoss der zweitgrößte Wasserfall Europas in Bezug auf die Wasservolumen pro Sekunde. Urzeitlich wirkt er in seiner Urgewalt, aus den stürzenden Wassern schießen grauen Fontänen wieder hoch empor, die Gischt peitscht gegen die Wände der Schlucht und rauscht in weißen Kaskaden wieder hinab. Kein Wunder dass er als Schauplatz der Eröffnungsszene im Film Prometheus gewählt wurde.
Anschließende zieht es uns nach Norden zum Polarkreis. Über Raufarhöfn fahren wir bis zum nördlichsten Zipfel Islands, wo der Leuchtturm Hraunhafnartangi steht. Wir sind auf 66 Grad Nord und etwa 30 Minuten, nur noch drei Kilometer sind es von hier bis zum Polarkreis (66° 33' 44").
Auf der Fahrt nach Myvatn, unserem nächsten Ziel, umrunden wir die Halbinsel von Tjörnes. Die schneegefleckten Berge hinter dem langen silbrig glänzenden Fjord und die dunklen grauen Wolken darüber vermitteln mir mehr Polarkreis-Feeling als die flache, relativ strukturlose Halbinsel von Raufarhöfn. Über karge wenn auch grüne Hügelketten geht es südwärts zum Myvatn, dem Mücken-See. Auffällig plötzlich verändert sich die Landschaft, der liebliche See ist umgeben von vielfältigen vulkanischen Strukturen, kleinen Scheinkratern und größeren Vulkankegeln, in der Ferne sind wieder höhere schneebedeckte Berge zu sehen. Das werden wir uns alles am nächsten Tag anschauen.
Wir beziehen Quartier am Südende des Sees, direkt bei den Scheinkratern. Spät, kurz vor Mitternacht, machen wir noch einen kleinen Spaziergang auf den Kratern. Das Licht ist schon etwas gebrochen, friedlich ist die Atmosphäre in der angehenden Dämmerung, immer neue Perspektiven eröffnen sich auf den See, die Berge dahinter und die kleinen Kegel der Scheinkrater im Vordergrund. Aber der Himmel ist zu stark bedeckt um uns Hoffnung auf einen Mitternachtssonnenuntergang zu machen. Unverdrossen stellen wir uns noch einen Wecker für die vermutete Zeit des Sonnenaufgang, aber außer einer kleinen Färbung am bewölkten Himmel ist nichts zu sehen. Na dann wird eben weitergeschlafen.
Wir haben den ganzen Tag Zeit, uns die Sehenswürdigkeiten um den See herum anzuschauen. Unser erster Stopp ist beim Hof Kalfaströnd. Ein kleiner Rundgang durch Wiesen am See führt vorbei an pittoresken Lavaformationen, die dekorativ im seichten Wasser stehen und sich effektvoll im See spiegeln.
Noch markanter wird es in Dimmuborgir. Wasserdampf-Explosionen haben einst die flüssige Lava in vertikale Strukturen getrieben, mit Höhlen und Durchbrüchen, ein Ensemble das anmutet wie eine düstere Stadt für Geister und Trolle. Und tatsächlich sollen die dreizehn Söhne der alten Trolle Gryla und Leppaludi gerade hier im Dezember ihre Späße treiben, singen und lustige Geschichten erzählen. Große Plakate von den wirklich sehr sympathisch wirkenden Trollen hängen an der Wand des kleinen Besucherzentrums.
Danach schauen wir uns die heißen Quellen von Hverir an. Es ist nur ein kleines Feld, aber mit den grau blubbernden Schlammvulkanen inmitten weiß-grün über gelb zu grell orange leuchtenden flächigen Ablagerungen und dazu den fauchenden Dampfvulkanen ist es sehr beeindruckend. Überall dampft, raucht, blubbert oder zischt es, ein intensiver fauliger Schwefelgeruch liegt in der Luft. Unweit davon liegt ein weiters geothermales Feld Leirhnjukur, das auf die neueren Ausbrüche des Vulkans Krafla zurückgeht. Interessant ist hier das milchig-hellblaue Wasser der heißen Quelle im Kontrast zu dem umgebenden Gelb-Orange und wenig entfernt den tiefschwarzen Lavafeldern des letzten Krafla-Ausbruches 1984.
Es beginnt zu regnen aber das beeinträchtigt in keiner Weise die Wonnen unseres nächsten Programmpunktes, einem ausgiebigem Bad im Naturbad von Myvatn, ähnlich der Blauen Lagune bei Keflavik. Aus 2500 Metern Tiefe kommt das warme milchig-blaue Wasser, das viele Mineralien, Silikate und geothermale Microorganismen enthält. Tiefenentspannt entsteigen wir nach anderthalb Stunden dem warmen Bad.
Auch das Wetter hat sich gebessert und so steigen wir zum Kraterrand von Hverfjall hinauf, dem riesigen Ringwall eines Explosionskraters, der sich vor 2500 Jahren gebildet hat. Ein Forscher der alten Sagen verortete hier einst die Wohnstatt von Gerda, einer Eisriesentocher, die in einer Feuerburg wohnte und in die sich einst der Fruchtbarkeitsgott Freyr unsterblich verliebte.
Ein Abendspaziergang bei den Scheinkratern beschließt den Tag. Eine erhabene wie friedliche Stimmung strömen sie aus mit ihrer ruhigen Präsenz im See, grün und graubraun akzentuiert vor dem schimmerndem Spiegel des Sees und der Kulisse der grauen und blau-violetten Berge am Horizont.
Weiter geht es auf der Ringstraße Richtung Akureyri. Auf dem Weg dorthin besuchen wir den Godafoss, den Götterfall, so genannt, weil hier ein Isländer nach Heimkehr vom Althing, auf dem die Christianisierung beschlossen wurde, seine alten Götzenbilder kurzerhand in den Wasserfall entsorgte. Godafoss ist ein schöner mächtiger Wasserfall inmitten eines weiten grünes Tales, das von sanft ansteigenden hohen Bergrücken eingefasst wird.
Über einen kleinen Pass geht es zum Eyjafjördur hinab. Wie schon beim Godafoss ist uns auch hier das Wetter wohlgesonnen, der Fjord leuchtet heiter und spiegelt auf seiner ruhigen Oberfläche den blauen Himmel mit den weißen Wolken wieder, alles eingebettet in sanfte grüne Wiesen mit blauen schneegefleckten Bergen darüber. Akureyri selbst ist ein kleines geschäftiges Zentrum, wobei zwei große Kreuzfahrtschiffe im Hafen jedes Gebäude der Stadt bei weitem überragen.
Entlang eines Flusses in einem schönen weiten Tal geht es weiter. Große sanft ansteigende Berge mit breiter Basis und gerundeten von Schnee gemusterten Gipfelbereichen bilden ein weit ausladendes, sehr ruhiges Landschaftsbild, so wie ich mir immer Alska vorgestellt habe.
Auf dem Pass schlägt leider das Wetter um und der vorgeblich schöne Skagafjördur liegt unter einer tief hängenden grauen Wolkendecke, die mehr und mehr zum Nebel wird je weiter wir Richtung Norden kommen. Dem Besuch der Torfrasenhäuser in Glaumbaer tut das keinen Abbruch. Erst mal stärken wir uns mit Kaffe und Kuchen in der reizenden im Stil des 19. Jahrhunderts eingerichteten Stube eines Cafes, liebevoll sind alle Tische mit alten Sammeltassen bestückt, ein Gefühl wie bei Muttern.
Dann schauen wir und die Gebäude des Hofes aus dem 18. und 19. Jahrhundert an, die in der damals üblichen Torfrasenbauweise errichtet sind. Die Wände sind geschichtete Torfsoden, darüber ein Dach aus Treibholz und eine Holzfront. Auch das Dach ist mit Torfsoden gedeckt und mit Gras bewachsen, das die Deckung stabilisiert und Wasser leichter ablaufen lässt. Das Raumklima ist feucht, es riecht moderig. Etwas besser ist es in den Räumen mit Holzboden und Holzverkleidung, wo geschlafen, gearbeitet und gegessen wurde. Kaum zu glauben dass dies bis noch vor 100 Jahren die übliche Behausung in ländlichen Gegenden war.
Wir schauen noch kurz auf einem Pferdehof vorbei, aber leider ist die Vorführung der Islandpferde schon beendet. Wenigstens ein paar Fotos kann ich noch von den schönen lebhaften Tieren machen, die wir immer wieder auf unserer Fahrt gesehen haben. Dann fahren wir zu unserem Gästehaus nahe am Meer, das leider ganz im Nebel liegt. Hoffentlich wird morgen das Wetter besser und gibt den Blick auf den Fjord frei. Das Essen des Gästehauses ist köstlich und entschädigt doch etwas für das trübe Wetter.
Am Morgen haben sich die Nebel etwas gelichtet, die Flussarme, die in einen trägen Fjord münden, und die niedrige Hügel, die das Tal begrenzen, sind sichtbar. Bevor wir den Fjord verlassen besuchen wir noch die kleine alte Torfkirche in Vidimyri, eine der letzten ihrer Art, wie es sie früher bei den Höfen gegeben hat. Die gesamte Fahrt nach Reykjavik findet bei düsterem wenn auch weitgehend trockenem Wetter statt, über kärgliche grüne, gewellte Hochebenen. Eine kleine Unterbrechung ist der Besuch des Snorri Sturluson Museums in Reykholt. Snorri, der hier im Westen der Insel gelebt hat, war ein erfolgreicher Dichter und Politiker, unter anderem war er Gesetzessprecher im Althing. Von ihm stammt die sogenannte Prosa-Version der Edda, die er als Übungswerk für werdende Dichter geschrieben hat.
In Reykjavik bummeln wir noch kurz durch die Innenstadt. Ein letzter Höhepunkt ist, dass wir tatsächlich die kleine Imbisshalle am alten Hafen finden, wo es dem Sagen nach die beste Hummersuppe der Welt gibt, die wir natürlich probieren und die auch ganz vorzüglich schmeckt. Am nächsten Morgen geht es in aller Frühe zum Flughafen und wir verlassen dieses faszinierende Land.
In München ist es 19 Grad und regnerisch, kein Problem, wir sind akklimatisiert, eventuell ist es etwas zu warm für uns.
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