Vor vielen Jahren dachte ich schon einmal daran, nach Vietnam zu reisen und speziell in der Halong-Bucht vorbei zu schauen, wo eine Freundin einige Jahre lang auf der Insel Cat Ba im Artenschutz gearbeitet hat, um die letzten 60 Exemplare der Goldkopflanguren zu bewachen und vor der Ausrottung zu bewahren. Damals ist es nicht dazu gekommen, aber an unseren Briefwechsel kann ich mich noch gut erinnen. Dieses Jahr sollte es soweit sein und ich habe unseren Get-Away vom deutschen Winter nach Vietnam gebucht. Außer diesen Briefen aus meiner Vergangenheit und den schrecklichen Bildern des Vietnam-Kriegs, die sich in meine Erinnerung eingebrannt haben, war Vietnam ein unbeschriebenes Blatt für mich. Und so war ich gespannt, welche Eindrücke dieses Land und seine Menschen bei mir hinterlassen würden. Ich habe Vietnam als ein Land erlebt, das nach vorne schaut, mit freundlichen Menschen, faszinierenden Landschaften, einem vielfältigen kulturellen Erbe und einer allgegenwärtigen, sehr leckeren Nudelsuppe. ... mehr Fotos in der Bildergalerie |
Etappen |
Ein fast brandneuer Dreamliner der Vietnam Airlines bringt uns auf einem Direktflug von Frankfurt in die vietnamesische Hauptstadt. Es ist ein ruhiger Flug, der große Dreamliner federt kleine Turbulenzen einfach elastisch weg. Den größten Teil der Strecke ist es dunkel, erst kurz vor Ankunft dämmert es. Durch dichte graue Wolkenschichten senkt sich der Flieger, bis wir unten in einer grauen Welt ankommen, ein Eindruck, der durch die beschlagenen Fenster noch verstärkt wird. Aber es ist warm, trotz des frühen Morgens zeigt das Thermometer schon 22 Grad.
Unser Reiseleiter Tang nimmt uns am Flughafen im Empfang und wir fahren in die Altstadt Hanois, wo wir für zwei Tage in einem kleinen Boutique-Hotel Quartier beziehen. Bis die Zimmer bezugsfertig sind, gönnen wir uns ein Frühstück und machen dann einen Spaziergang durch die geschäftigen Straßen der Altstadt. Früher waren die Gewerke und Händler hier jeweils in speziellen Straßen angesiedelt, heute ist es gemischter, aber die alte Struktur ist noch im Straßenbild und an den Straßennamen erkennbar.
Es ist wuselig auf den Straßen, vor allem durch die vielen Motorroller, die auch die Gehwege zuparken und überall die Kreuz und die Quer fahren, teils mit großen ausladenden Lasten bepackt. Dazwischen wollen auch Autos, Lasten balancierende Frauen mit den spitzen hellen Hüten, Fahrradfahrer, Rikschas und Fußgänger wie wir irgendwie durch den Verkehr. Ich erinnere mich an die hohe Verkehrstotenquote in Vietnam und halte mich an unseren Reiseleiter, wenn es darum geht, eine der belebten Straßen zu überqueren und sich den Weg durch die Verkehrsströme zu bahnen. Man muss das erst vorsichtig und zurückhaltend angehen, dann aber bestimmt und konsequent durchführen, dann klappt es. Allenthalben wird mit der Hupe ein Wille zum Vorbeifahren, Durchkommen oder auch Ranfahren unterstrichen, oder auch schlicht die eigene Existenz behauptet in einem nicht endenden Konzert der Hupen. Dazu knattern die Auspuffe, alles ist laut und wuselig und Vorsicht ist als Fußgänger mehr als angebracht.
Die Häuser sind schmal und hoch gebaut, oft nicht breiter als ein Zimmer, geschuldet den hohen Grundstückspreisen. Wer Geld hat gönnt sich eine schöne, verspielte Fassade mit Balkonen, Säulen und Balustraden. Zwischen den Häusern und entlang der Straßen spannt sich die chaotische Verkabelung, Stränge aus dicken schwarzen Kabeln, die in den Verteilerpunkten wild verschlungene und verzweigte Knoten ausbilden.
Dann beziehen wir unsere Zimmer und begeben uns zu unserem Willkommens-Lunch, ein leckeres vietnamesisches Menü mit fünf Gängen. Anschließend hat unser Reiseleiter eine Rikscha-Fahrt organisiert. Jeder von uns besteigt ein Gefährt und los geht die gemütliche Fahrt durch die Altstadt. Diesmal ist es entspannter und ich kann auch viel besser fotografieren, da mein Rikscha-Fahrer und nicht ich auf den Verkehr achten muss und dass ich nicht unter die Räder komme.
Danach sind wir aber dann doch so müde - ein langer Tag fordert seinen Zoll - dass wir ins Bett fallen und auch nicht wieder für einen Abendspaziergang aufstehen sondern einfach in die Nacht hineinschlafen.
Heute stehen einige Besichtigungen auf dem Programm. Unser Bus bringt uns zum Tempel der Literatur, der dem großen chinesischen Philosophen Konfuzius gewidmet ist. Trotz der Bezeichnung Tempel war dies die erste Akademie Vietnams, in der von 1076 bis 1916 Söhne des Hochadels und Hochbegabte unterrichtet wurden. Es ist eine schöne Anlage, mit viel Grün und Raum, abseits des sonst allgegenwärtigen Straßenlärms. Wir haben Glück mit dem Wetter und milde Sonnenstrahlen lassen die schönen Eingangstore und die roten Dächer der Gebäude leuchten.
Viele Schulklassen in ihren blau-weißen Schuluniformen haben sich im Tempelhof versammelt, Nachzügler eilen mit fröhlichem Hallo-Rufen an uns vorbei. Der Ursprung des Tempels als erste Universität des Landes und seine lange Tradition werden greifbar, als wir uns die großen steinernen Stehlen anschauen, die in Hallen rechts und links des Eingangs aufgestellt sind. Auf jeder der von großen Schildkröten getragen Steintafeln sind die Namen der 1500 Besten jedes Jahrgangs aus fast 1000 Jahren verewigt.
Im nächsten Hof sind auf großen Steintischen Miniaturlandschaften aus Felsen und imposanten Bonsais aufgebaut, in die liebevoll kleine Figuren von Menschen, Tieren und Pagoden oder Tempel hinein gesetzt sind. Ein riesiges bronzenes, von Drachen umwundenes Räucherbecken darf auch nicht fehlen. Im Tempelinneren dominieren die kräftigen roten Töne der Türen, Pfosten und des Gebälks, alle verschwenderisch mit figürlichen Schnitzereien und vergoldeten Schriftzügen verziert. Hinter dem Altar mit allerlei Weihegaben und natürlich Räucherwerk stehen die großen Figuren des Konfuzius umrahmt von seinen Schülern.
Als Kontrastprogramm fahren wir weiter zum Ho Chi Minh Mausoleum, ein wenig inspirierendes Gebäude, einsam an der jetzt fast leeren Paradestraße gelegen, bewacht von einigen Militärs in weißen Uniformen. Wir schenken uns die Besichtigung der einbalsamierten Leiche, warten bis der Rest unserer Reisegruppe zurück ist und besuchen dann einen kleinen, hübschen Tempel, der den Zerstörungen des Krieges entgangen ist und das Gedenken an einen Mann bewahrt, der hier ein großes Ungeheuer getötet hat. Seine große Bronzeskulptur dominiert den Innenraum des kleinen Tempels.
Dann ist es Zeit für eine Mittagspause und wir stärken uns mit einer leckeren Nudelsuppe mit Rindfleisch, bevor wir vorbei an der schönen Oper im kolonialen Stil zu unserer letzten Besichtigung laufen, dem Ngoc-Son Tempel oder Tempel des Jadeberges, der idyllisch auf einer Insel eines Sees liegt. Eine rote Holzbrücke führt hinüber zu der schönen, kleinen Anlage, die unter anderem eine riesige, angeblich 600 Jahre alte Sumpfschildkröte beherbergt, die hier im See gelebt hat und konserviert in einem großen Glaskasten zu bestaunen ist.
Nach einem kurzen Zwischenstopp im Hotel brechen wir zu einem nachmittäglich bis frühabendlichen Spaziergang durch die Altstadt auf, durch ein erhaltenes altes Stadttor bis hin zur berühmten Eisenbahnbrücke Long Bien, erbaut vom Gouverneur Paul Doumer. Wegen ihrer strategischen Bedeutung wurde diese alte Stahlkonstruktion im Vietnamkrieg immer wieder heftig bombardiert und beschädigt, aber auch immer wieder von den Einheimischen repariert, so dass sie zu einem Symbol des Widerstands geworden ist.
Zum Abschluss steuern wir das Restaurant Alt Hanoi Nr. 9 in der Altstadt an, wo wir köstlich und in gemütlicher Atmosphäre bei Klaviermusik speisen. Das Essen mit Stäbchen klappt wirklich schon ganz gut. Nicht allzu spät sind wir wieder zuhause in unserem Boutique Hotel.
Wir verlassen Hanoi Richtung Osten. Allenthalben sieht man die schmalen, hohen Häuser mit ihren oppulenten Fassaden, die wie herausgeputzt aussehen, in allen Pastellfarben mit Balkonen, Säulen, Türmchen, Giebeln, Stuckornamenten und sogar eines mit glitzernden Säuen habe ich gesehen. Erst tauchen vereinzelt Felsmonolithen in den Reisfeldern auf, dann kommen auch die Berge und höhere Felsen in Sicht, teils fantastisch geformt und vom Regen bizarr ausgewaschen, manche auch mit dichter Vegetation überzogen.
Unser Bus quält sich über einen kleinen Pass und wir kommen nach Mai Chau, ein liebliches Tal zwischen hohen Bergen, das von den Weißen Thai bewohnt wird. Nicht lange und wir biegen auf eine schmale Nebenstraße ab, die uns zu unserer Eco-Lodge bringt. Von den hübschen Holzbungalows im Hang haben wir einen schönen Blick über die Reisefelder und auf die malerische Berglandschaft.
Wir beziehen rasch unseren Bungalow, schwingen uns auf die bereitstehenden Fahrräder und radeln eine gemütliche Runde durch die Reisfelder und die kleinen Dörfer im Tal. Die Dörfer sind von Holzhäusern auf hohen Beton- und Holz-Stelzen geprägt, am Wegesrand picken Hühner mit ihren piepsenden Küken, kleine Kinder rufen uns ein fröhliches Hallo zu und winken. Die Reisfelder sind jetzt im Winter abgeerntet und werden mit schweren Wasserbüffeln gepflügt und für die nächste Bepflanzung vorbereitet. Frauen stampfen die groben Schollen klein. Erst als die Sonne schon hinter den Bergkämmen verschwunden ist, rollen wir wieder in der Lodge ein, eine wirklich nette Tour, auch wenn eines der Fahrräder unterwegs den Geist aufgegeben hat und ein anderes die Luft verloren hat. Aber die Leute von der Eco-Lodge waren flott mit Ersatz da, so dass alle die Tour zu Ende fahren konnten.
Wir lassen den Abend in aller Ruhe ausklingen, während draußen die Grillen zirpen - welch schönes Kontrastprogramm zu dem lauten, hektischen Hanoi.
Heute steht eine längere Wanderung auf dem Programm. Eine kurze Busfahrt bringt uns in einen kleinen Ort, dem Ausgangspunkt unserer Tour. Wir sind noch nicht weit gelaufen, als wir vom Weg abbiegen und bei zwei Bambus-Verarbeitungsbetrieben hinein schauen. Im Hof stehen Bündel von dicken und dünnen Bambusstreifen zum Trocken. In der Halle werden daraus Stäbchen geschnitten, poliert, sortiert und die dickeren als Einmal-Essstäbchen abgepackt, aus den dünneren Streifen werden Träger für Räucherstäbchen. Gleich nebenan wird ebenfalls Bambus verarbeitet und Mehrweg-Essstäbchen gefertigt, in Papierhüllen eingetütet und in große Säcke verpackt. Wir bekommen sogar einige als Mitbringsel geschenkt - na, dann muss es aber auch ein entsprechendes Essen geben, wenn wir wieder zuhause sind.
Weiter geht es, zunächst im Tal entlang, durch die Reisfelder und vorbei an Gemüsegärten und vielen der traditionellen Holzhäuser, die hoch auf ihren Stelzen stehen, bewacht von friedlichen, meist schläfrigen Hunden. Davor stolzieren stolze Hähne und Hennen, oft mit einem Schaar piepsender Küken im Gefolge. Gruppen von großen, wohlgenährten Enten schwimmen in den Reisfeldern und schnäbeln geräuschvoll Nahrung von der Oberfläche ab. Hier und da erblicken wir einen Wasserbüffel, eine Kuh oder auch ein paar Schweine.
Dann hören die Siedlungen auf und wir steigen bergan durch einen dicht mit hohem Bambus und einem Gemisch von Bäumen und hohem Buschwerk bewachsenen Hang. Plötzlich öffnet sich das dichte, hohe Grün und wir gelangen auf eine hochgelegene Wiese, eine kleine Alm mit einem Holzhaus, zwei Ställen und drum herum ein paar kleine Teiche und Reisfelder. Wir besuchen das alte Bauernpaar in ihrem Haus, steigen die Holzstiege hinauf und kommen in ihren luftigen Lebensraum, wo eine Feuerstelle zum Kochen dient, die Vorräte gestapelt sind wie auch die wenigen Habseligkeiten, wo in einem einzigen Raum gewohnt und geschlafen wird. Unser Reiseleiter spielt Übersetzer und so können wir uns ein wenig mit ihnen unterhalten. Sie erzählen von ihrem Sohn, der ihnen ein Radio geschenkt hat, und stolz wird der rot-silberne Apparat eingeschaltet und vorgeführt.
Ein Ständchen gibt es noch für uns auf der Bambus-Flöte, dann müssen wir weiter, den Berg hinab und das Tal entlang, wo wir wieder durch einige Dörfer kommen. Fröhlich rufen uns Kinder zu und winken. Bei einer Familie mit einem kleinen Herbergsbetrieb für Einheimische machen wir Mittag und bekommen ein schmackhaftes Essen serviert mit Gemüse und Fischen, die bestimmt gleich aus den Gärtchen bzw. Teich nebenan stammen. Wir bekommen noch einen Reisschnaps und einen grünen Tee, haben Spaß mit den vielen Kindern der Wirtsleute und vermutlich auch der Nachbarn, bis es dann wieder weiter geht.
Es ist erstaunlich wie viele Neubauten in der traditionellen Holzstelzen-Häuser-Weise wir sehen, aber weiter unten, kurz vor der Straße, gibt es auch plötzlich wie vom Himmel gefallen prächtige Steinhäuser in offenbar sehr beliebtem Hellblau und geradezu protzig gegenüber den traditionellen Holzhäusern. An der Straße angekommen sammelt uns der Bus wieder ein und bringt uns zurück zur Eco-Lodge. Heute ist Weihnachtsabend und unsere Lodge bereitet uns einen festlichen Abend mit einem Buffet am mit schwimmenden Lichtern geschmückten Pool und anschließender Vorführung von traditioneller Musik und Tanz der lokalen Minderheiten, einstudiert von den Bediensteten der Lodge.
Wir verlassen die schöne Eco-Lodge und das idyllische Mai Chau. Kurz vor dem Pass gibt es nochmal einen schönen Blick zurück auf das beschauliche Tal von Mai Chau mit seinen Reisfeldern und kleinen Dörfern, dann geht es in Richtung Osten nach Tam Coc. Nach längerer Fahrt über Land und durch Örtchen, mitten durch Märkte am Straßenrand und vorbei an üppigen Pflanzungen von Zitrusfrüchten, Maniok und natürlich Reisfeldern gelangen wir nach Tam Coc. Diese Gegend wird auch trockene Halong-Bucht genannt wegen der Kalksteinberge und -Felsen, die ganz ähnlich derer der Halong-Bucht sind, sich hier aber aus einer Ebene von Reisfeldern erheben.
Wir halten an einer kleinen Bootsstation, besteigen vier kleine Boote und werden bis an einen der Kalksteinberge gerudert. Hier steigen wir aus und hinab in eine Tropfsteinhöhle, die von einem unterirdischen Fluss durchflossen wird. Wir werden durch diese Welt von schwarzem Wasser und dunklen Räumen gerudert, aus denen hier und da angestrahlte Stalaktiten heraustreten und buntes Leuchten den Weg des Flusses nachzeichnet. Wegen des niedrigen Wasserstandes geht es dann irgendwann nicht weiter, wir steigen wieder hinauf ans Tageslicht und auf der anderen Seite des Berges in die bereitstehenden Boote. Zwischen hohem, blühendem Schilfgras schlängelt sich der Fluss durch die reizvolle Landschaft mit hohen Kalk-Felsen und -Bergen um uns herum, die eine immer wieder anders arrangierte Kulisse für die friedliche Fahrt bilden.
Wir landen an und werden vom Bus in das nahegelegene Städtchen gebracht, wo erst einmal eine Stärkung angesagt ist. Dann schwingen wir uns auf Fahrräder und radeln entlang der Teiche mit zart-violett blühenden Wasserhyazinthen und pink blühenden Seerosen zu einem der Kalkfelsen, auf dem in halber Höhe ein kleiner Tempel steht. Wir laufen die felsigen Stufen hinauf, durch eine Höhle führt der Pfad in die Höhe, und dann sind wir an dem kleinen Tempel mit Statuen von Buddha und Bodhisattwa angelangt. Ein schöner Blick bietet sich über die fantastische Landschaft, aber leider ist es schon spät und Wolken und die nahende Dämmerung lassen das Licht brechen.
Rasch radeln wir zurück zum Bus und werden in unser Quartier in Ninh Binh gebracht, einer Stadt die einen leicht herben, kommunistischen Charme versprüht. Egal, es ist nur für eine Nacht bevor es morgen früh zur echten Halong-Bucht geht. Ein besonderes Erlebnis ist es dann noch, als wir von zwei sehbehinderten Frauen in unserem Zimmer eine Ganzkörpermassage bekommen. Für die Frauen ist es eine Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, für uns eine schöne Entspannung, wenn auch die Damen teilweise unerwartet beherzt und heftig zugegriffen haben.
Eine etwas längere Fahretappe ist es von Ninh Binh an die Küste und zur Halong-Bucht. Wieder geht es durch viele Orte mit ihren hohen und schmalen, barocken und bunten Häusern und deren geschäftigem Leben davor, sei es in einem Laden, einer Werkstadt oder einer kleinen Garküche. Zwischen den Städtchen und Dörfern dehnen sich die Reisfelder aus, ab und zu leuchtet frisches Grün in kleinen abgetrennten Bereichen, in denen die neuen Reissetzlinge gezogen werden.
Immer wieder sieht man auch einen neo-gotischen Kirchturm aus einem Ort ragen, leben doch in dieser Provinz viele der katholischen Minderheit. In mitten der Reisfelder liegen auch die Friedhöfe, lose Ansammlungen von meist bunten Grabmälern, von kleinen Pagoden gekrönt. Für die Vietnamesen sind Familiengräber von ewigem Bestand ein wichtiger Bestandteil ihres Glaubens.
Dann kommen wir in dem großen Hafen an, von wo die großen und kleinen Boote in die Halong-Bucht starten, eine riesige Anlage vom Charme von La Grande Motte. Kein Wunder, denn etwa 1500 Schiffe bieten von hier Fahrten in die Bucht an, sei es als Tagesausflug oder auch mit einer Übernachtung an Bord, wie wir sie gebucht haben. Für uns ist ein schönes Privatboot gemietet, das mit acht Zimmern genau für unsere Gruppe passt. Der Innenraum wie auch unsere Kabine ist mit poliertem Holz ausgekleidet, sogar ein eigenes Bad mit Dusche und ein Panoramafenster gibt es in unserer Kabine.
Wir müssen uns erst noch ein wenig gedulden und nutzen die Zeit für ein leckeres Mittagessen, das die Crew für uns bereitet. Dann geht es mit einem Geschwader anderer Schiffe aus dem Hafen und Richtung Halong-Bucht. Ich kann es kaum erwarten bis wir nach Verlassen des Hafens auf das Sonnendach gehen können. Von dort bietet sich für die nächsten zwei Stunden ein grandioses, sich immer wieder veränderndes Panorama auf diese Welt aus Wasser und großen und kleinen Insel aus Kalkstein, die von Meer, Wind und Regen zu teils fantastischen Formen erodiert wurden.
Wir haben Riesenglück mit dem Wetter, noch am Morgen hatten wir eine Schlechtwetter-Prognose, die uns eventuell sogar ganz am Auslaufen gehindert hätte. So zieht unser Boot langsam durch diese Wunderwelt und ich kann mich gar nicht satt sehen an den wechselnden Perspektiven und Lichtverhältnissen. Mit der Sonne im Rücken zeichnen sich die Inseln mit ihren schroffen, felsigen Abstürzen in Dunkelgrau bis Hellbeige und den grünen Kappen aus niedrigem Bewuchs deutlich gegen das dunkle Blau des Meeres ab. Im Gegenlicht schieben sich die Inseln und Kuppen in lichten Blau-Grau Tönen hintereinander und scheinen auf einem schimmernden Meer von Licht zu schwimmen.
An einer schönen Stelle inmitten kleiner Inseln gehen wir vor Anker, zusammen mit vielen weiteren kleinen und größeren Schiffen. Ich ziehe meinen Badeanzug an, klettere in ein Kajak und los geht es zu einer kleinen Kajak-Tour um die Inseln. Anschließend landen wir auf einer der Inseln, wo man angeblich baden kann, aber der Schwimmbereich ist so eng abgesteckt, dass man kaum tiefer als bis zum Bauchnabel ins Wasser kommt. Wir verzichten dankend, aber das tut dem schönen Tag keinen Abbruch.
Für die Nacht bleiben wir wie die anderen Übernachtungsboote an Ort und Stelle, während die Tagesausflügler zum Hafen zurückkehren. In der Dämmerung ziehen die vielen Schiffe leuchtende Streifen auf die graublaue, sich sanft kräuselnde Meeresoberfläche, ein sehr stimmungsvolles Bild. Als es dunkel wird, frischt der Wind auf. Wir sitzen warm und gediegen im Speisesaal unter Deck und genießen ein exzellentes Abendessen. Sehr zufrieden mit den schönen Eindrücken des Tages ziehen wir uns in unsere Kabine zurück.
Am nächsten Morgen hat uns das schlechte Wetter erreicht. Es ist bedeckt und windet und der Hafen hat die Schiffe zurückbeordert. Nach dem Frühstück folgen wir einer Armada von Schiffen wieder zurück, wieder durch diese grandiose Landschaft, aber die dunklen Wolken verbreiten Düsternis, der kalte Wind treibt uns unter Deck und ich preise uns in Gedanken wieder glücklich ob des schönen Tages, den wir am Vortag genossen haben. Im Hafen wartet schon unser Bus auf uns und wir fahren nach Hanoi zurück, wo wir am Abend den Nachtzug nach Hue nehmen werden.
Unterwegs steuern wir noch ein kleines Dorf an, das ein Zentrum des Wasserpuppenspiels ist. Nach einem leckeren Mittagessen bei einer lokalen Familie wird extra für uns eine kleine Vorführung gegeben. In einem großen Wasserbecken ist schon die Bühne aufgebaut mit dem Bambusvorhang, hinter dem die Spieler im Wasser stehen und die Puppen geschickt mittels langer Bambusstangen mit Seilzügen auf der Wasserfläche davor agieren lassen. Daneben sitzt eine kleine Gruppe von Musikern, es gibt auch eine kurze Einführung in die Szenen auf Vietnamesisch. Unsere Gruppe beobachtet das Spektakel von einer kleinen Tribüne, aber auch etliche Dorfbewohner und insbesondere Kinder gesellen sich hinzu und betrachten gebannt die kleinen Szenen, die für uns zusammengestellt wurden. Danach dürfen wir hinter die Bühne und die Figuren und deren Mechanik anschauen.
Das nette und eindrucksvolle Wasserpuppenspiel, die zuschauenden Kinder und Dorfbewohner, das Geschehen auf der Straße, die Atmosphäre im Dorf ist heiter und entspannt. Gleich neben der Bühne ist eine Primärschule, der Unterricht ist gerade zu Ende gegangen. Wir scherzen mit den Kindern, die nach und nach von ihren Müttern und Vätern mit dem Rad oder Motorroller abgeholt werden. An der Ecke verkaufen ein paar Frauen Gemüse und Obst und wir dürfen die Früchte einer großen Jack-Frucht probieren.
Dann heißt es wieder Bus besteigen und wir fahren Richtung Hanoi und durch den dortigen Feierabendstau zum Bahnhof, den wir gerade noch rechtzeitig erreichen. Wir beziehen unsere Vier-Personen Liegewagen, essen noch eine Instant-Nudelsuppe, die für uns bereit steht, gönnen uns ein Gute-Nacht-Bier und dann lassen wir uns vom Rattern und Ruckeln des Zuges in den Schlaf und durch die Nacht schaukeln.
Kurz nach 9:00 Uhr kommen wir in einem trüben und regnerischen Hue an, wo uns Tuc, unser Reiseleiter für Zentral-Vietnam, am Bahnhof in Empfang nimmt und, nachdem wir das Gepäck im Hotel abgegeben haben, erstmal mit uns frühstücken geht. Anschließend besichtigen wir die Zitadelle mit dem Kaiserpalast, ein riesiges, von einer massiven, hohen Mauer umgebenes Areal, in dem sich früher der Kaiserpalast und die verbotene Stadt befanden. Leider wurde im Krieg über achtzig Prozent zerstört, aber einige Bauten sind noch original erhalten, anderen sind originalgetreu wieder aufgebaut worden, so dass wir auf unserem Rundgang einen guten Eindruck von der einstigen Pracht und Größe des Komplexes erhalten.
Prächtig sind schon die verschwenderisch mit Mosaiken und figürlichen Darstellungen verzierten Tore, überwältigend dann die Palastbauten mit den von Drachen oder Phönixen gekrönten Dächern und den großen Säulenhallen in Rot und Gold mit ihrem prächtigen Gebälk und teils noch originalen Ausstattungsstücken. Ich finde es faszinierend, dass diese vergangene Pracht und Kaiserzeit noch durch viele Schwarz-Weiß Fotografien dokumentiert ist, da der letzte Kaiser bis Mitte des 20. Jahrhunderts hier residierte.
Im Anschluss stürzen wir uns in das bunte Treiben und die Geschäftigkeit des Großmarktes. Hier gibt es einfach alles, was ein Vietnamese zum Leben braucht. Wir begnügen uns mit Schauen und gönnen uns eine leckere Nudelsuppe in einer der vielen Garküchen. Der Rest des Tages ist frei und wir relaxen im Hotel bis wir abends nochmals aufbrechen und in einem der vielen Restaurants zu Abend essen. Es ist dunkel und regnet, die Beleuchtung der wenigen noch offenen Verkaufsstände, der Geschäfte und der kleinen Garküche an der Straßenecke dringt nur wenig vor in das dunkle Nass der Straße. Roller mit Überwürfen aus Plastik fahren vorbei, die Scheinwerfer in seltsam fremden Farben strahlend. Es ist eine Atmosphäre ein wenig wie im Film Bladerunner.
Wir lassen uns geröstete Ente mit Zitronengras und ein gutes lokales Bier in einem netten, kleinen Restaurant munden. Dann heißt es ab ins Hotel und in die Federn und Schlaf nachholen.
Ein trüber Morgen begrüßt uns und es regnet. Ein Taifun über dem Meer, der zehnte der Saison, schickt seine Regenarme nach Zentral-Vietnam. Mit Regenjacken und Schirmen besteigen wir den Bus und fahren zu den Kaisergräbern, die etwas außerhalb der Stadt liegen. Als erstes besichtigen wir das Grab des vorletzten Kaisers Khai Dinh, der 1925 gestorben ist. Zu seiner Regierungszeit war Vietnam unter französischer Kolonialherrschaft, die wohl auch den Geschmack geprägt hat, und so hat auch sein Grab deutliche französische Stilelemente. Eine steile, breite Treppenflucht, deren Balustraden von herabsteigenden Drachenkörpern gebildet werden, führt hinauf zur ersten Plattform mit einer Ehrengarde aus steinernen Konterfeis von Würdenträgern und Beamten zur Rechten und zur Linken, auch ein Pferd und ein Elefant dürfen nicht fehlen. Düster, schwer und bedrückend wirkt die Architektur, Treppe, Gebäude und Figuren sind aus dunklem Stein, der Regen und die dunklen Wolken verstärken noch den Eindruck.
Dieser Eindruck ändert sich radikal als wir die zweite hohe Treppe hinaufsteigen und in den Palast eintreten, der im Inneren verschwenderisch mit heiteren Mosaiken aus bunten Scherben ausgestattet ist, die Landschaften, Tiere, Blumen und Jahreszeiten darstellen. Unter einem Himmel von mit Drachen durchzogenen dunklen Wolken und einem mit Drachen-Mosaiken verzierten Baldachin sitzt die vergoldete Statue des Kaisers auf einem ebenfalls vergoldeten Thron, der seinerseits auf einem hohen mit Mosaiken geschmückten Podest steht. Davor ist der Altar mit Weihegaben und Räucherwerk. Eine unglaubliche Prachtentfaltung und Demonstration einer Macht, die er im Leben unter der französischen Kolonialherrschaft nicht besaß.
In den Nebenräumen sind große Fotografien des Kaisers und einige seiner Gebrauchsgegenstände zu sehen. Seltsam durch diese Fotos in eine Welt zu sehen, die so fern scheint, und doch durch den Realismus eines Fotos so direkt erfahrbar ist und sich damit in unserer näheren Vergangenheit manifestiert. Am besten haben mir die schönen Mosaike in der Eingangshalle gefallen mit ihren anmutigen Darstellungen von Tieren und Pflanzen, die mit viel Kunstfertigkeit aus Scherben von Tellern, Tassen, Vasen oder auch Bierflaschen hergestellt wurden. Ein Bambussegment etwa zeigt deutlich die Prägung einer braunen Bierflasche aus Tokio.
Als zweite Anlage besuchen wir das Grab des Kaisers Tu Duc, des vierten Kaisers der Nguyen Dynastie, der 1883 nach 35 Jahren Regierung gestorben ist. Seine Grabanlage ist im traditionellen Stil erbaut, der sich am chinesischen Stil der Ming-Zeit orientiert, und die in einen schönen Landschaftsgarten eingebettet ist mit Wasserläufen, Teichen und kleinen Pavillons. Noch zu seinen Lebzeiten diente ihm der Palast als Sommerpalast.
Davon getrennt ist der Bereich des Grabmals selbst. Entlang der Hauptachse schreiten wir durch den Ehrenhof mit der steinernen Garde, auf der nächsten Ebene beherbergt ein Pavillon eine Stehle mit der vom Kaiser selbst verfassten Biographie, in der er sein Leben auch durchaus selbstkritisch betrachtet. Dahinter liegt der See der Tränen für den kinderlos gebliebenen Kaiser und am Ende des Weges sein eher schlichtes Scheingrab, umgeben von einer einfachen mannshohen Mauer. Schade dass es so unablässig regnet, an einem sonnigen Tag, wenn gar die vielen, jetzt in Winter kahlen Frangipani-Bäume weiß und gelb blühen und duften, wäre es sicher schön, durch die Anlage zu wandeln und die harmonische Gartengestaltung zu bewundern.
Wir verlassen die Kaisergräber und wenden uns weltlicheren Dingen zu. In einer Eco-Lodge am Parfüm-Fluss werden wir schon erwartet. Zunächst bekommen wir eine äußert angenehme Fußmassage, wieder von Sehbehinderten verabreicht. Dann beginnt unser kleiner Kochkurs. Die minutiös geschnittenen Zutaten und kleine Gaskochstellen mit Pfannen stehen schon bereit, wir binden uns hellgrüne Schürzen um und los geht's. Als erstes mixt unsere Kochlehrerin die Masse für Frühlingsrollen und zeigt uns, wie diese geschickt in hauchdünnes Reispapier gewickelt wird. Fleißig wickeln auch wir Frühlingsrolle um Frühlingsrolle, bis wir den Bedarf für unser Mittagessen fertig gestellt haben. Danach geht es an die Zubereitung von Hue-Pfannkuchen, eine Art kleine Crêpes, die mit Shrimps, Fleisch, Sprossen, Möhrenstiften und Frühlingszwiebeln gefüllt werden. Noch ein Wachtel-Ei darauf und dann geschickt mit den Stäbchen zuklappen und wenden. Jeder von uns darf dann einen Pfannkuchen produzieren. Wie gut, dass wir beim Essen schon an unserer Stäbchen-Technik gefeilt haben. Zum Schluss dürfen wir noch gekochte Feigen hacken, die unsere Instruktorin pfannen-rührt, dann geht es schon zu Tisch und wir bekommen die Früchte unserer Arbeit als Vorspeise eines wohlschmeckenden Menüs serviert.
Zum Abschluss gibt es eine Tasse des wundervollen vietnamesischen Kaffees, der samtig dunkel und stark ist, fast wie ein Espresso, mit einem köstlichen Kakao-Aroma, und raben-schwarz, gesüßt oder auch mit der dickflüssigen, gesüßten Kondensmilch getrunken wird. Und dazu verputzen wir ein Stück der kunstvoll wie bunt dekorieren Geburtstagstorte einer unserer Mitreisenden.
Dann geht es hinunter zum Fluss und wir besteigen ein von bunten Drachen gerahmtes Boot, das gleichzeitig auch ein kleiner Mitbringsel-Laden ist. Allerdings hält sich unsere Kauflaune in Grenzen, vermutlich auch dem feuchten, kühlen Wetter geschuldet. Wir tuckern den trüben, schlamm-farbenen Parfüm-Fluss hinunter, träge fließt der Strom dahin, grau und schwer hängen die Wolken und die Landschaft ist hinter grauen Dunstschleiern verschwunden.
Wir stoppen an der Thien Mu Pagode, eines der Wahrzeichen von Hue. Hinter der schlanken siebenstöckigen Pagode liegt ein buddhistisches Kloster. Mir gefallen besonders gut die eindrucksvollen Wächterfiguren und dann die Sammlung alter Bonsais in Garten.
Von hier ist es auch nicht mehr weit zur Stadt, eine weitere halbe Stunde auf dem Boot und wir landen im Stadtzentrum an und laufen zurück zum Hotel, wo wir unsere Jacken, Schirme und Sandalen trocknen können und die kalten Füße mit einem heißen Kaffee und einer warmen Dusche wieder durchwärmen.
Wir verlassen das immer noch regnerische Hue in Richtung Süden. Ich hege nur geringe Hoffnung, auf dem Wolkenpass außer Wolken etwas zu sehen. Aber wir haben Glück und kurz vor dem Pass hört es auf zu regnen und oben auf der 500 Meter hohen Wetterscheide haben wir freien Blick nach beiden Seiten, auf die Lagune und die breite Brandung im Norden wie auch auf die Bucht von Da Nang und die große moderne Stadt dahinter.
In Da Nang besuchen wir das Cham-Museum. Frappierend ist die Ähnlichkeit der Skulpturen mit der indischen Kunst, kein Wunder da die Cham Hindus waren und ihre Kultur von Indien beeinflusst. Einst war unweit von Da Nang das Zentrum ihres Reiches, bevor es von den von Norden kommenden Vietnamesen erobert wurde. Heute leben nur noch wenige Cham als Minderheit im Süden Vietnams.
Es ist Mittagszeit und wir gehen unweit des Museums in ein landestypisches Restaurant, wo es für alle ein für Da Nang typisches Nudelgericht gibt: breite Reisnudeln in kräftiger Brühe mit etwas Huhn und dazu Sprossen, Kräuter und Salatblätter zum Untermischen, alles abgerundet von zwei großen Scheiben dicken, gebackenen Reispapiers. Das leckere Gericht aber auch die ungezwungene Atmosphäre machen das Essen für uns zum Erlebnis.
Nach einem kurzen Stopp am Strand der Amerikaner, ein eher un-inspirierender Abschnitt Stadtstand an der Promenade, besichtigen wir die Marmorstadt und anschließend den direkt dahinter gelegenen Marmorberg. Die Marmorstadt besteht aus einer Ansammlung von Werkstätten und Läden für kleine, große bis monumentale Figuren aus Marmor und sonstigem edlen Stein und Halbedelstein aller Stilrichtungen und für alle Geschmäcker.
Wir steigen die vielen hohen Stufen den Marmorberg Thuy Son hinauf, vorbei an prächtig verzierten Tempeln und Pagoden. Der Höhepunkt liegt aber im Inneren des Berges, eine große Naturgrotte mit einer Buddha-Statue hoch oben in der Felswand und Altären auf dem Grund der Grotte. Von oben dringt spärlich Licht durch drei bis vier natürliche Öffnungen, ansonsten ist die Grotte nur vom Licht der Kerzen auf den Altären beleuchtet, ein wirklich mystischer, stimmungsvoller Ort.
Wir steigen die vielen Stufen wieder hinab, aus dieser pittoresken Felsenlandschaft von Thuy Son, und fahren weiter nach Süden nach Hoi An. Bevor wir unser Hotel beziehen besichtigen wir noch eine kleine Näherei und Stickerei für Seide, wo uns auch die Seidenherstellung von der Aufzucht der Raupen, über das Entwickeln der gekochten Kokons bis hin zum Weben erläutert und demonstriert wird. Phantastisch sind die Seidenstickereien, die die Frauen detailgetreu nach Fotografien erstellen. Daneben wird fleißig genäht, aber ich brauche nicht wirklich ein Kleid und so ist diese Kunst an mir vergebens.
Unser Hotel ist ein schönes Ressort direkt am Fluss, unweit der Altstadt von Hoi An gelegen. Abends fahren wir zu einem etwas außerhalb gelegenen Seafood-Restaurant, ein Vorschlag unseres einheimischen Reiseleiters. Es ist ein eher einfaches Restaurant mit roten Plastikstühlen, aber mit köstlichen Muschelgerichten, die nacheinander aufgetischt werden, und einem glasierten Hühnchen zum Abschluss. Alles ist aufs Beste von unserem Reiseleiter ausgewählt, der es auch versteht uns so zu lenken, dass wir die Rechnung hinterher einfach und ganz undeutsch teilen. Das war wieder ein sehr schöner Abend in einem authentischen Restaurant mit ganz frischen Meeresfrüchten klasse zubereitet.
Als wir am Morgen aufstehen, regnet es in Strömen, es gießt wie aus Kübeln, prasselt oder regnet bestenfalls Bindfäden. So ist es auch als wir zur Besichtigung der schönen Altstadt von Hoi An aufbrechen. Mit hochgekrempelten Hosenbeinen, barfuß in den Sandalen, Regenjacken und dem riesigen Regenschirm aus dem Hotelzimmer sind wir bestens gegen Nässe von oben gewappnet und das Durchwaten von knöcheltiefen Pfützen auf den Straßen gerät zum Vergnügen. Allein das Fotografieren ist etwas mühsam, will man die Kamera trocken halten, aber auch das ist mit etwas Geschick unter dem Regenschirm heraus oder aus Hauseingängen durchaus möglich.
Die Altstadt liegt nur zehn Minuten zu Fuß von unserem Hotel entfernt und schon bald gehen wir über die Fußgängerbrücke über den Kanal und schlendern durch die hübsche Altstadt mit ihren gut erhaltenen, niedrigen Häusern in warmem Gelb-Ton und dunklem Holz. Eines der alten Häuser ist mit der kompletten alten Inneneinrichtung zu besichtigen, kostbare Möbel aus dunklem Holz mit Einlegearbeiten aus Perlmutt, die auch an Pfosten und Tafeln zu sehen sind. Allerliebst sind die eingelegten chinesischen Schriftzüge in Perlmutt, die von kleinen Vögelchen gebildet werden. In den überschwemmten Innenhof rauscht der Regen und das Wasser läuft in kleinen Sturzbächen von den Dächern.
Viele der Häuser dienen heute als touristische Geschäfte, die Kommerzialisierung ist trotz des Status als Weltkulturerbe offensichtlich, aber immer noch spürt man auch den Charme der alten Stadt. Hier handelten einst Chinesen und Japaner und die alten chinesischen Versammlungshäuser zeugen heute noch davon. Wir besichtigen zwei dieser Orte für Geschäft, Kontakte, Feiern und Ausüben der Religion. Besonders gefällt mir die Versammlungshalle der Fujian-Chinesen, die Thien Hau, der Schutzgöttin der Seefahrer, gewidmet ist. Auf einem großen Bild ist sie zu sehen, wie sie einer von einer riesigen Woge erfassten Dschunke zu Hilfe eilt. Und natürlich gibt es auch Altäre für die Schutzgöttin, die Ahnen, die Hebammen und den Gott des Wohlstands. Vor der Halle ist ein Platz mit einem dramatischen Drachenbrunnen, schönen Bonsais und sogar ein Modell der Chinesischen Mauer hat hier Platz gefunden.
Auch ein Rundgang durch die Markthallen darf nicht fehlen, mit ihrem geschäftigen Treiben und den vielen Ständen für Fisch, Fleisch, Gemüse und Obst und natürlich den Garküchen. Wir essen mit unserem Reiseleiter Thuc in einer kleinen Garküche an der Straße unweit der Altstadt ein einfaches aber gutes Reisgericht mit homöopathischen Anteilen von Huhn, einem grünen Papaya-Salat und einer kräftigen Gemüsebrühe. Dann verabschiedet sich Thuc, ihn zieht es nach Hause zu seiner Familie und insbesondere dem neugeborenen Kind.
Wir laufen am Nachmittag, immer noch bei Regen, nochmals auf eigene Faust durch die Straßen der Altstadt, mit mehr Muße zum Schauen, Fotografieren und auch um erfolgreiche Einkäufe zu tätigen. Als wir zurück zum Hotel laufen dämmert es schon und die vielen Lampions in den Gassen leuchten in allen Farben des Regenbogens, eine bezaubernde Stimmung.
Da heute Silvesterabend ist, gibt es ein Gala-Dinner im Hotel mit Tanz- und Gesang-Vorführungen. Wie so oft in den letzen Jahren müssen wir nicht bis 24:00 ausharren sondern schlafen einfach hinein in das neue Jahr.
Ein kurzer Flug bringt uns von Da Nang nach Saigon bzw. Ho Chi Minh City, wie die Stadt offiziell heißt. Wie genieße ich die Sonne und den Schwall schwüler, dreißig Grad warmer Luft, der uns beim Aussteigen erwartet. Ebenfalls erwartet uns ein neuer Reiseleiter, der uns als Erstes zum Kriegsmuseum bringt. Wir erinnern uns noch zu gut an die schrecklichen Bilder aus dem Vietnamkrieg, die live von den Reportern vor Ort in die deutschen Wohnzimmer geliefert wurden und sich mit einigen preisgekrönten Fotos in unser Gedächtnis gebrannt haben. Daher verzichten wir auf jegliche Besichtigung und nehmen einfach einen Kaffee vor dem Museum zu uns.
Danach fahren wir zur Markthalle, in der geschäftiges Treiben herrscht und alle Waren des täglichen Bedarfes angeboten werden. Und wenn mal etwas weniger Betrieb ist, ist allemal Zeit für ein kleines Nickerchen und die Markfrauen schlafen inmitten ihrer Waren. Mit Einkäufen beladen besteigen wieder den Bus, der uns zu der Kathedrale und dem hübschen Hauptpostamt aus der Kolonialzeit bringt. Dann dämmert es auch schon und wir beziehen unser Hotel im Zentrum, das sich als idealer Ausgangspunkt für einen Rundgang durch das quirlige Nachtleben erweist.
Die lange Fußgängerzone, die auf das erleuchtete Rathaus aus der Kolonialzeit zuführt, ist voller Menschen, viele Familien mit kleinen wie großen Kindern, die es offenbar zur Feier des ersten Januars auf die öffentlichen Plätze drängt. Viel Freude haben die Kinder an einem Feld von aus dem Boden schießenden, bunt beleuchteten Wasser-Fontänen, zwischen denen sie unter viel Gejauchze herum laufen. Wenn es dann Zeit fürs Nachhause Gehen ist, finden ganze Familien mit Vater, Mutter und ein bis drei Kindern auf einem Motorroller Platz und Unscharen derselben düsen durch die Straßen und stauen sich an den Ampeln, wenn man nicht eh gerade bei Rot drüberfahren kann.
Wir laufen bis zur Markthalle, um die sich jetzt ein Nachtmarkt gebildet hat, inclusive eines Abschnitts mit Garküchen, die fast an den abendlichen Markt in Marrakesch erinnern. Todesmutig überqueren wir die mehrspurigen Straßen mit dem scheinbar ungezügelten Strom von Autos aber vor allem Motorrollern und erreichen irgendwann wieder unser Hotel, das auf uns wie eine Oase im tobenden Nachtleben von Saigon wirkt.
Heute machen wir einen Ausflug ins Mekong-Delta. Rasch noch besichtigen wir einen alten Tempel in der China-Town, dann bringt uns der Bus Richtung Süden nach Ben Tre, wo wir unsere Bootstour starten. Auf einem schmalen Holzboot mit Sonnendach tuckern wir den breiten, schlamm-farbenen Mekong entlang. Erstmal finde ich die schäbige Randbebauung und die vermüllten Ufer recht unattraktiv.
Interessant ist jedoch der Besuch in einer Ziegelei, wo wir uns den Prozess der Ziegelherstellung bis hin zum Brennen in den Ziegelöfen mit ihren gemauerten, ziegelroten Kuppen anschauen. Heiß ist es vor einem der Öfen, der gerade mit Reisspreu befeuert wird, während der große Brennraum der leeren Öfen eine archaische Ruhe ausstrahlt. Bei einem weiteren Stopp schauen wir uns die Erstellung von Süßigkeiten aus Kokosraspeln und Kokosmilch an und können natürlich auch von den Leckereien kosten. Und natürlich erstehen wir auch ein paar Packungen Kokoskonfekt, kandierten Ingwer und Ingwer-Bananen-Konfekt.
Mittlerweile fahren wir auch durch kleinere Kanäle, die vom üppigen Grün der Wasser-Palmen gesäumt sind. Zwischen den Palmen sind immer wieder Reusen ausgelegt. Wir steigen um aufs Rad und radeln auf einer Mekong-Insel über schmale Wege zu einem Restaurant, wo wir ein köstliches Menu mit einem beeindruckenden und dekorativ in Szene gesetzten Elefantenohrenfisch serviert bekommen. Die Dame des Hauses zeigt uns, wie wir den Fisch zusammen mit Gurke, Ananas und Reisnudeln geschickt in ein Reispapier einwickeln und getunkt in Fischsauce genießen können.
Ein kurzer Spaziergang durch das Grün bringt uns zu schmalen Ruderbooten, auf die wir uns verteilen. Wir werden durch den engen Kanal gerudert, dicht stehen die Wasserpalmen am Ufer und neigen ihre langen dunkelgrünen Wedel über das milchkaffeebraune Wasser. Noch einmal steigen wir um in ein motorisiertes Boot, es heißt Kopf einziehen wenn wir unter niedrigen Brücken durchfahren und der Fahrer das Dach nach unten legt. Wenig später landen wir wieder an und unser Bus bringt uns zurück nach Saigon.
Später am Abend gehen wir noch einmal hinaus, stürzen uns in das turbulente Nachtleben Saigons, auf eine Nudelsuppe und ein Gute-Nacht-Bier.
Wir verabschieden uns von Vietnam und den meisten Teilnehmern unserer Reisegruppe, tätigen noch die letzten Einkäufe in der Markthalle, schreiben die Postkarten, was mehr und mehr zu einer anachronistischen Aktion zu Zeiten von Facebook und WhatsApp gerät. Am Flughafen genießen wir noch ein letztes Mal die leckere vietnamesische Nudelsuppe und danach den aromatischen, nach Kakao duftenden vietnamesischen Kaffee, einmal schwarz und einmal mit der süßen, zähflüssigen Kondensmilch.
Dann bringt uns ein Flug nach Phnom Penh, das gerade mal dreißig Flugminuten von Saigon entfernt ist. Direkt schade wäre es, nicht noch eine Verlängerung in Kambodscha an zu hängen und das berühmte Angkor, das Zentrum des alten Khmer-Reiches, zu besichtigen. Aber das ist eine andere Geschichte.
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