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Verspäteter Start erst um 12:00. Nach 15 km muss WASCHBÄR erst mal zurück sein Telefon holen. Dann geht es los wie der Start der 4D-Tour am ersten Tag bis Olten. Danach zieht es sich bis Willisau, aber dann geht es mitten hinein in das schöne Berner Oberland. Die Emme entlang, das südlichste Tal des Berner Oberlands. Wir machen Rast mit Blick auf die Nordseite des Rothorn und auf die Strasse, wo ein schönes Motorrad nach dem anderen vorbeifährt. Durch Thun finden wir dann per Autobahn das Simme-Tal, dann geht es das Saane-Tal runter. In Saane links ab durch Gstaad in Richtung Col de Pillon. Endlich werden die Berge höher und kommen näher. Es war schön zu fahren, die Passhöhe gab aber nicht viel her.
Noch schöner war der Col de la Croix zu fahren. Links abgebogen in les Diablerets ging es auf eine riesige Felswand zu, die das Tal im Halbkreis abschließt. Und rechts daran vorbei schrauben wir uns höher und höher. Während bei der Auffahrt eher das Landschaftliche dominiert, gab es runter zu das größere Fahrvergnügen. Nun mehr auf gutem Belag brausen wir den Hang hinunter, hinein in das Rhone-Tal, das quer vor uns liegt. Auf dieser Strecke hat WASCHBÄR zum 2. Mal am Tag seinen Stiefel angespitzt und war stolz wie Bolle.
Unten im Tal kurz vor dem Genfer See will WASCHBÄR noch mal tanken, auch weil es in der Schweiz so schön billig ist. Ich bin etwas daneben und versuche, den Schweizer Automaten mit Euro zu füttern, die er prompt wieder ausspuckt, aber dabei leicht unter die Verkleidung schiebt, in die ich den Schein nun völlig verwirrt ganz hineinschiebe. Und weg isser und kommt auch nicht wieder raus. Teures Tanken: Aber was haben wir gelacht! Immerhin etwas! Think positiv!
Dann rollen wir die N5 am See entlang Richtung Thonon, unserem ersten Etappenziel. Nach einem viergängigen Menü mit dreifachem Schnaps danach können wir uns gerade noch einmal zum See schleppen und zurück, bevor wir uns ins Bett fallen und Morpheus Arme sinken lassen. Dabei soll es doch morgen erst richtig losgehen mit der Route des Grandes Alpes.
Start in Thonon, Vorfreude auf Berge. Die D26 lässt sich toll fahren, fast kein Verkehr. Dämpfer: der Motorradunfall ohne Motorradfahrer, das Moped liegt auf der Straße, ein Fahrradfahrer auch, aber kein Motorradfahrer zu sehen. Ob das wohl doch der Fahrradfahrer war?. Der Col de la Colombiere und der Col des Aravis sind schöne Mittelgebirgspässe, eine Vorahnung auf das was noch kommen wird. WASCHBÄR erinnert sich dabei an das Riesengebirge. Immerhin lassen sie uns einen Blick auf den Mont Blanc erhaschen.
Eher bergig zeigt sich der Col des Saisis. Dort machen wir Mittag. Wir treffen die Dukatis: 3 Dukatis in rot, gelb und schwarz und eine blaue R1, eine farbfrohe Truppe - bunt und lustig - die wir noch öfters treffen werden, zuletzt beim Wettrennen mit WASCHBÄR im auslaufenden Iseran.
Auf dem Iseran unterhalten wir uns mit einem anderen Biker, der meint, nie kämen wir noch bis Briancon, viel zu weit und noch drei Pässe. Dabei war es erst halb fünf! An die Abfahrt vom Iseran schließt sich ein schönes Tal an, das schnell zu fahren ist. Während wir dahinbrausen überholen uns mit Karacho die Dukatis, denen WASCHBÄR hinterher hechten muss.
Dann kommt die RN6. Superklasse und schnell zu fahren, kaum Verkehr. Dann eine irre Schlucht, eine tolle Festung. Die hohen Alpen rechts und links. Wirklich eine Route des Grandes Alpes.
Der Col de Telegraph lässt sich super und flott fahren, aber die Passhöhe enttäuscht, also gleich weiter zum Galibier. Keine Randbefestigung, eine Straße die in den Kurven in den Himmel zu führen scheint. Wir finden auch den Abzweig über den Col, nicht über den Tunnel. Bei der Abfahrt beeindruckt der Gletscher, der im Berg hängt.
Hinter Briancon schieben sich Wolken über die Berge. Noch aber regnet es nicht und wir fahren flott in die Festungsstadt zu unserem zweiten Etappenziel. Erst als wir geduscht zum Abendessen auf der Terrasse der Brasserie sitzen - hinter weißem verspielten Schmiedeeisengeländer und unter nostalgisch weiß-grün gestreiften Markisen - fängt es an zu regnen.
Aufgebrochen sind wir bei dramatischen Wolken, bei zum Glück trockenen Straßen, und während des Vormittags wurde es nach und nach immer sonniger. Ruck-Zuck waren wir auf dem Isoard, die Auffahrt toll zu fahren, kein Verkehr, super Belag. Das richtige Ein-Surfen für den Morgen und Einstimmung auf den Cime de la Bonnette, dem höchsten anfahrbaren Punkt der Alpen mit 2803 Metern.
Vor der Auffahrt zum Crime haben wir noch eine Begegnung der besonderen Art. Tantchen schrie nach Bremsflüssigkeit und während WASCHBÄR selbiges nachfüllt, winke ich freundlich vorbeifahrenden Bikern zu. Diese Truppe kam postwendend zurück und wir dachten, sie hätten sich verfahren. Wie groß ist unser Staunen als als erste Maschine eine Vstrom auf den Parkplatz einrollt und Grisu sein breites Grinsen aus dem Helm schält. Dann kommen sie alle an: Dukeman, Tarzan, Brumbrum, und Ernst. Was für ein Hallo! Sie waren auf dem Weg vom Verdon zurück und wollen an dem Tag noch bis Chamonix. Nach dem Hallo, Knuddeln, Staunen, Erzählen noch rasch ein Foto-Shooting und weg sind sie wieder.
Wir machen Mittag und brausen dann mit gestärkten Tantchen-Bremsen gen Bonnette / Restfond. Die Auffahrt geht zügig. Oben entscheiden wir uns, die Schleife um den Cime de la Bonnette auch zu fahren, man ist ja nicht alle Tage auf dem höchsten befahrbaren Punkt der Alpen. Tarzan hatte uns noch gewarnt, es sei schmierig dort gewesen und deshalb hatte er mit seiner Truppe den direkten Weg über den Restfond genommen. Aber WASCHBÄR will unbedingt. Zum Glück war es trocken und daher staubig und nicht schmierig. Halb ein Schotterweg mit aufgeschobenem Schotter rechts und links brachte die Rundfahrt Tantchen ins Schnaufen, es ringt nach Luft. Dann ist der höchste Punkt da, wo sich ein kleiner Motorrad- und Fahrradtreff mit geselligem Ablichten und Landschaft Bestaunen etabliert hat.
So gastlich war es dort aber auch wieder nicht und so haben wir rasch die Abfahrt in Angriff genommen. Kurz hinter dem Gipfel, was war das? Erst ein Schatten, der rasch in ein Erdloch huscht und dann hoppelt doch glatt ein Murmeltier vor Tantchen her. WASCHBÄR ist fasziniert. Kurz später hätte er fast eines überfahren, das vor uns hurtig die Straße quert. Es muss sich um eine gefährdete Spezies handeln.
Dann folgt ein Ritt der Extra-Klasse. Tantchen und Anna holpern und bocken über den welligen geflickten Belag, der bis hinunter ins Tal diese einzigartige Qualität hatte. Nichts als Erstaunen konnte da ein plötzlich platziertes Schild "Chausse deforme" hervorrufen. Wie, geht es noch schlechter? Was denn? Noch schlimmer?
Dann folgen wir der schönen breiten Schlucht, nunmehr auf breiter Straße kommen wir zügig voran. Dann geht es bei St. Sauveur recht ab in die Berge, den Hang hoch. Auf einmal hoch über uns wie ein Adlernest hängt ein Dorf in die höchsten Zinnen der Felswand geklebt. Was wir noch nicht wissen, dort hoch wird uns die Straße führen und 15 Minuten später fahren wir durch Roubion.
Die Tankanzeige von Tantchen stand schon vor 10 km auf rot und WASCHBÄR wird allmählich nervös. Weitere tolle Landschaft, nun auf dem Plateau, aber weit und breit keine Tankstelle. Erst Eingangs der Schlucht Gorges du Dalius in Guillaume werden wir fündig und gönnen auf den Nervenkitzel - WASCHBÄR ist den Hang zum Benzinsparen teilweise nur im Leerlauf gerollt - eine Pause in der Bar Central. Der Wirt versorgt uns noch unaufgefordert mit einer Karte über die Route des Grandes Alpes und gibt uns Tipps über weitere Tourenmöglichkeiten in der Gegend.
Dann geht es hinein in die roten Klüfte des Gorges de Dalius. Gleich zu Beginn überrascht die Schlucht mit einem Feuerwerk von Tunneln im roten Porphyr-Felsen mit weißen mannshohen Leuchtstreifen. Meist ein Einbahn-Tunnel, wie hohe enge Galerien, rote Säulen, als würde mit dem Moped durch altägyptische Ausgrabungen mit Reihen von Obelisken fahren. Ein Erlebnis der Extraklasse.
Weiter unten verbreitet sich die Schlucht, die Fahrt wird zügiger, bis wir auf die RN stoßen und in Richtung Castelane abbiegen. Dort biegen wir zu zeitig ab, verfahren uns und gelangen auf einen Abschnitt der Route Napoleon. Damit machen wir einen ungeplanten Schlenker vor unserem eigentlichen Ziel Moustiers und kommen in den Genuss von weiteren Schluchten, und schönen windigen, extra für uns frisch asphaltierten Straßen durch die Hügel mit dem niedrigen Bewuchs aus Hartlaubgewächsen. Da wir uns im Grand Canyon du Verdon wähnten, haben wir keine Bilder gemacht, das sollte ja am übernächsten Tag kommen ;-)
Dann hält WASCHBÄR auf der Hügelkuppe trotz seines mittlerweile großen Hungers an. Ein wunderschönes Panorama bietet sich uns und vor allem der Blick über die plötzlich flächendeckenden Lavendelfelder und dann noch der Duft. Gelegenheit zum Riechen und um das Bild "WASCHBÄR im Lavendelfeld" zu schießen.
Nachdem wir über die Route des Grandes Alpes die Pässe genossen haben, mieten wir uns für drei Tage in Moustiers St. Marie ein und touren natürlich um den großartigen Canyon du Verdon. Aber auch das Umland hat schöne Ecken zu bieten.
Vormittags haben wir das Örtchen Moustiers zu Fuß erkundet. Allerliebst, leicht touristisch, viele Faillence-Geschäfte, frisch gestrichene Häuser, enge Gassen, der Bachlauf mit Wasserfall quer durch den Ort, dahinter die Felsen. Hoch oben das Kirchlein der Notre Dame zwischen 2 Felswänden, über die eine Kette mit dem Stern von Moustiers gespannt ist. Hoch führt ein Kreuzweg, den wir auf der Rundtour gelaufen sind.
Mittags raffen wir uns auf zur einer Tour über das Plateau de Valensole. Am Lac de la Croix vorbei, der mit türkisem Wasser lockt. Wir springen kurz rein, dann geht es weiter auf das Plateau von Valensole, wo angeblich Lavendel angebaut wird, der jetzt in Blüte stehen sollte. Da wir von Landschaft und Fahrspaß in den letzten zwei Tage sehr verwöhnt waren, haben wie die Strecke als nicht sehr überwältigend empfunden. Die D4 war wieder mal Ritt-verdächtig huckelig. Die winzige D4 führt in schöne Lavendelregionen und auch etwas wieder in die Hügel. Aber sie wird immer schmaler bist zur Güte eines asphaltierten engen Feldwegs und zwingt wegen des möglichen Gegenverkehrs zu langsamer Fahrt und höchster Aufmerksamkeit. Einem Auto in der Linkskurve hätte man kaum ausweichen können, da hätte nur noch das ABS geholfen. Zum Glück bin ich mit Anna vorne gefahren, die über so was verfügt.
Dann schieben sich dicke Wolken am Horizont zusammen und wir beschließen ohne weiteren Stopp in flotter Gangart zurück zum Hotel zu fahren. Die Route Napoleon ist auch so flott zu fahren, dass ich prompt am Abzweig nach Riez vorbeidüse. Also wenden und die schon vom Vortag bekannte Stecke nach Moustiers genießen, wo wir es dann auch richtig krachen lassen konnten.
Abends hatte es tatsächlich noch tröpfelt. Aber in der Früh hat der Mistral alle Wolken weggeblasen und beschert uns einen strahlend blauen Himmel, ideale Fernsicht und etwas kühlere Temperaturen, also ideales Motorradwetter für die Abschiedstour von Moustiers um den Grand Canyon du Verdon.
Voll Vorfreude schwingen wir uns auf unsere Maschinen und fahren zunächst die nördliche Route an. Der Lac de la Croix grüßt mit frischem Türkis und kurz darauf nimmt uns die atemberaubende wilde Schönheit der Verdon-Schlucht gefangen. Wir haben viel Zeit, daher ist es kein Problem immer wieder anzuhalten und das grandiose Panorama zu bewundern. Bei der Enge und Kurvigkeit der Straße ist es auch überhaupt nicht angesagt, während des Fahrens längere Blicke in den Canyon zu werfen, auch wenn es schwerfällt. Die Straße fordert volle Aufmerksamkeit, auch wegen des eierigen Gegenverkehrs: Autofahrer mit Schwindelgefühlen vermutlich.
In Palude biegen wir rechts ab um über die Route des Cretes weitere Belvederes und Kurven zu erkunden. Wunderschön bis plötzlich eine Einbahnstraße angekündigt wird. Ungläubig fahren wir weiter bis dann tatsächlich 2 runde rote Schilder mit weißen Querbalken rechts und links die vage Vorahnung zur schrecklichen Gewissheit werden lassen.: Hier können wir leider nicht weiterfahren. Ja, hätten sie das denn nicht gleich oben anzeigen können? Na ja, kein Problem, wer fährt schon ungern eine solch tolle Strecke zwei bis drei Mal? Also zurück, ein Kilometer hinter Palude dann in den anderen Zweig des Rundkurses Route des Crete reinfahren und eben noch mal andersrum gefahren. Wieder toll-toll-toll und in der zweiten Hälfte kennen wir dann die Straße schon ganz gut.
Dann geht es weiter über die D952 nach Castelane, jetzt unten am Verdon entlang, eine Freude zu fahren. Nach einer Mittagspause in Castelane noch ein Stück Route Napoleon, zügig und wieder sehr schräglagenverdächtig, dann biegen wir ab in Richtung Comps auf die wenig befahrene D21 und dann auf die einsame D25 Richtung Bargemon. Diese kleine Landstraße führt durch ein großes Militärgelände, was uns die Möglichkeit gibt, ganz neue Straßenschilder kennen zu lernen.
Wir schlängeln uns weiter vom Hügel des Schönen Mannes (Col de Bel-Homme) runter nach Bargemon und weiter durch Callas Richtung D562, die uns nach Draguignan bringt. Dort drehen wir Richtung Norden und fahren die hübsche D955 durch die Gorges du Chateaudouble. Nett, aber für den Verdon-Verwöhnten eben einfach "nur" nett und schön zu fahren.
Bei Comps geht es dann auf die südliche Route am Gorge du Verdon vorbei, wieder atemberaubend, diesmal von der tieferstehenden Abendsonne angestrahlt leuchten die Felswände, Panoramen und Belvederes noch und nöcher und irgendwann sind wir dann am Ende der Schlucht angekommen.
Ein perfekter Tag. Wenn nicht ... ja wenn nicht zu guter Letzt WASCHBÄR noch 10 km vor dem Hotel das arme Tantchen weggeschmissen hätte. Zum Glück ist ihm nix passiert. Tantchen musste zwar den Rückweg per Schrott-Transport antreten, aber Jens hat sich eine kleine nette Varadero 125 gemietet, die wir Schaukelpferdchen tauften und auf welchem er mir eifrig hinterher oder vorweg gewiesel ist.
Der Mont Ventoux ist mit seiner Lage am Rande der Rhone Ebene und seiner Höhe von fast 2000 m die beherrschende Gestalt der gesamten Region. Bekannt ist er auch durch die Tour de France, die diesen Berg bereits 12 Mal im Programm hatte und ihn zu einem Mythos gemacht hat. Schon Petrarchar hat ihn besungen und bestiegen. Und in der Tat ist er wundervoll und ein Traum für mich schon seit meiner Jugend. Das Plateau de Vaucluse zu seinen Füßen ist von rauer Schönheit und vor allem auch eines der großen Lavendel-Anbaugebiete, es werden aber auch andere Duftpflanzen wie z.B: Muskateller-Salbei angebaut.
Nachdem Waschbär sein Tantchen weggeschmissen und sich in Forcalquier Schaukelpferdchen erwählt hatte (sein Fahrbericht ist verewigt unter http://www.biker.de/magazin/erfahrungsberichte?cmd=Anzeigen&id=66521), verlegten wir die Etappe für weitere 3 Nächte nach Sault, ein kleines Örtchen auf dem Plateau de Vaucluse mitten im Lavendelland und am Fuße des Mont Ventoux, dem Berg der Winde.
Sault kenne ich von früheren Touren u.a. mit dem Fahrrad und Städtchen wie Umgebung sind mir wirklich ans Herz gewachsen. Es gibt Orte der Sehnsucht, die kannst du erreichen und doch nie ankommen. Bei Sault ist es anders. Wenn ich dort hinkomme und mich auf die Mauer setze, mit Blick auf die Lavendelfelder auf dem Plateau und dem Mont Ventoux dahinter, dann weiß ich, dass ich an diesem Ort meiner Sehnsucht auch angekommen bin. Und so ist es mir diesmal auch gegangen. Passenderweise ist genau dort auch eine nette Bar mit vielen Tischen draußen, wo Waschbär und ich den Tag bei vielen kühlen Bieren ausklingen lassen bevor wir dann zum Essen schreiten. Das ist auch eines der Highlights in Sault, schönste lokale provenzalische Küche.
Nachts regnet es, morgens regnet es noch immer, aber gegen 11:00 reißt es auf und 11:30 sitzen wir auf den Maschinen. Da der Mont Ventoux noch in den Wolken ist, entscheiden wir uns für die Tour durch die Gorges de la Nesque - Nesquick, wie Waschbär sie nennt - und in den Hängen des Plateau de Vaucluse. Die Gorges sind schön zur Einstimmung am Morgen mit imposanten Tunneln und schönen Kurven. Die Sonne leuchtet auf den noch feuchten Fels und intensiviert dessen Farben und Strukturen.
Wir wollen eigentlich nach Carpentras um neue Moods für Waschbär zu fassen, aber in Villes sur Azon biegen wir erst noch mal links ab auf ein winziges Sträßchen, das und durch den niedrigen Bewuchs aus Hartlaubgewächsen über die Hänge des Plateaus nach Mur führt. Ganz einsam ist es hier. In Mur geht es Richtung Col de Mur und gen Carpentras über die kleine wieselige D4, die uns Wechselkurven kleinster Radien ohne Unterlass vor die Räder wirft, bis wir die Ebene von Carpentras erreichen.
Die ist eher langweilig, Moods gibt es auch keine und so schlagen wir uns nach Fontaine de Vaucluse, unserer nächsten Station, durch. Das Wasser dieser Quelle stammt von dem Plateau de Vaucluse, wo es durch den porösen Fels sickert, sich unterirdisch sammelt und einen Fluss bildet, der in einem hohen Felsrund am Fuß des Plateaus wieder an die Oberfläche tritt. Hier herrscht zwar ein grässliches Touristenaufkommen und ein entsprechender Rummel, aber der Quelltopf der Sorgue ist auch halb leer (wir haben ja Sommer) noch imposant und die Sorgue selbst hat wundervoll klares Wasser, in dem sich sanft und intensiv grün die Wasserpflanzen wiegen.
Noch ein Kaffe und ein Eiskaffe zu stark überteuerten Preisen aber neben der wundervollen grünen Sorgue und weiter geht’s. Gordes ist das nächste Ziel und hervorragend über kleine weiße Straßen ausgeschildert. Der erste Anblick des typischen malerischen Städtchens ist imposant, ein echter Fotopunkt. Gordes liegt vor uns, Häuser kunstvoll in den Hang übereinandergetürmt mit der krönenden Burg und der Kirche obenauf.
Leider sind Fontaine de Vaucluse wie auch Gordes bekannte Touristenziele. Entsprechend ist auch das Fahrzeugaufkommen. Und was am schlimmsten ist, die ortsfremden Autofahrer beherrschen das Fahren auf den teils engen Straßen mit den Kurven und Kehren wirklich nicht und eiern teilweise nervtötend dahin. Überhohlmanöver sind mit Schaukelpferdchen auch nur noch bedingt machbar. Panische unsichere Autofahrer im Schneckentempo dann auch den Weg zur nahe gelegenen Zisterzienser-Abtei von Senanque. Wunderschön eingebettet in die Lavendelfelder liegt die Abbey de Senanque in dem kleinen Tal. Leider ist es schon zu spät zum Besichtigen, aber wir kommen wieder.
Zurück geht es durch die enge Anfahrtsstraße und Gordes und dann ab durch die Mitte Richtung Sault. Auf dem Wege lassen wir kurz hinter Gordes fast alle Touristenautos hinter uns und als wir bei St. Saturin nach links auf das Plateau abbiegen, sind wir auf den kleinen Straßen wieder fast ganz allein. Die Luft ist klar, die Fernsicht super. Noch ein letzter Blick auf den lang gezogenen Bergrücken des Luberon, dann tauchen wir wieder ein in die Hänge des Plateaus und in karstig felsige kleine Seitentälchen.
Oben dann grüßt uns nun klar sichtbar der Mont Ventoux. Begleitet von Ginster- und Lavendelduft legen wir die letzten Kilometer nach Sault zurück.
Heute Traumwetter, genau das Richtige für den Berg meiner Träume, den Mont Ventoux. Der Berg der Winde ist die beherrschende Erscheinung in der gesamten Region und bei guter Sicht noch bis zum Mittelmeer zu sehen wegen seiner Höhe von rund 1900 m und seiner isolierten Lage direkt am Rand der Rhone-Ebene. Damit erhebt sich der Gipfel imposante 1700 Höhenmeter über die Ebene, harte Arbeit für Fahrradfahrer oder Fun pur für Motorradfahrer. Bei beiden Gruppen ist der Berg beliebt, wohl noch mehr bei den Radlern wegen der Tour de France, die regelmäßig eine Bergankunft auf dem Berg der Winde hat. Entsprechend viele Fahrradfahrer in verschiedenen Erschöpfungszuständen sind denn auch auf dem Weg zu passieren und sammeln sich oben mit den Motorradfahrern und nicht wenigen Autofahrern um das grandiose Panorama zu bewundern. Aber ich will nicht zu weit vorgreifen.
Unser Weg von Sault auf den Mont Ventoux führt als erstes über die "Rennstrecke" Col des Arbeilles (Pass der Bienen) vom Plateau hinab nach Bedoin, damit wir die dort startende Bergrennstrecke in voller Höhe bzw. Länge auskosten können. Nach den ersten Kurven lasse ich Waschbär mit Schaukelpferdchen vor, da ich nicht einschätzen kann, wie gut er mit der schwachen Maschine überholen kann, bzw. wie schnell Schaukelpferdchen berghoch sein wird. Dann läuft es flüssiger. Schaukelpferdchen wieselt eifrig Kurve um Kehre bergan und auch ein paar verunsicherte Autofahrer sind leicht überholt.
Die Seitensicherung mit den Doppelplanken zeigt an, dass die Strecke für Bergrennen genutzt wird, welche 2002 gerade ihr 100-jähriges Jubiläum hatten. Wir kurven höher und höher, die Aussicht in die Rhone-Ebene einerseits und den näherkommenden Gipfel andererseits ist beeindruckend. Führte der erste Streckenabschnitt noch durch lichten Eichenwald, so sind wir bald im Bereich des mittelmeertypischen mannshohen Hartlaubbewuchses, die dann in niedrigeren alpinen Bewuchs übergeht, zum Schluss nur noch grüne Flecken im fast weißen Geröll und dann sind wir gänzlich im vegetationslosen Gipfelbereich, begleitet nur von Radfahrern und den schwarz-gelb-gestreiften Schneepfosten.
Auf dem Gipfel ist ein Riesenauflauf auf beschränktem Platz. Überall parken Autos, Motorräder und Fahrräder kreuz und quer. Auch wir parken und steigen auf die Aussichtsplattform um in Ruhe den genialen Blick rundum zu genießen. Die Rhone-Ebene liegt unter uns, als wären wir gerade mit dem Fallschirm abgesprungen. Zur anderen Seite blicken wir über die Kette der Haute-Provence bis hin zu den schneebedeckten Gipfeln der Alpen. Sogar den Mont Blanc können wir mit Hilfe der Orientierungstafel zweifelsfrei ausmachen. Einfach genial!
Der Weg hinab führt über die gut ausgebaute Nordroute, die mit topf-ebenen Belag und meist weiten Kurvenradien ein fröhliches Hinunterbrausen erlaubt. Schaukelpferchen läuft zur Hochform auf und galoppiert fröhlich vor mir bergab. Unten strahlt Waschbär beim kurzen Halt: "Ich bin wieder der Alte".
Bis zur Mittagspause in Vaison la Romaine haben wir noch etwas Zeit und umrunden die dem Ventoux vorgelagerten Dentelles du Montmirailles - die "Zähnchen" - auf kleinen und kleinsten Straßen. Erst recht einsam über einen kleinen Col und durch die duftenden Pinien, Zedern und Zypressen, dann auf der Westseite durch die Lagen des Cotes du Rhone Villages (Appellation controles).
In Vaison machen wir Mittag und besichtigen in der schönsten Nachmittagshitze die römischen Ausgrabungen, die der Stadt den Beinamen geben "la Romaine". Mir hat die römische Ladenstraße noch mit Original-Belag mit am besten gefallen. Zum Glück sehen heute die Straßenbeläge hier anders aus, wenn sie auch oft wellig und Flickwerk sind.
Anschließend fahren wir noch auf einen Kaffee ins nahegelegene Mollans in die mir von Radeltouren her ans Herz gewachsenen Bar du Pont. Am Flusslauf der Ouveze direkt an der Brücke im Schatten der hohen Platane lässt es sich ganz prachtvoll pausieren.
Danach geht es nach Hause nach Sault, die Runde um den Berg der Winde vollendend in nordwestlicher Richtung. Ein kleiner Col, dann wieder hoch auf das Plateau de Vaucluse über Aurel und dann laufen unsere Maschinen schon wieder in Sault ein, als würden sie den Weg schon kennen.
So schön die Landschaft in den Hängen der Haute-Provence auch ist, eine Provence-Reise wäre nicht rund ohne einen Abstecher in die 2500 Jahre Kultur, die die Region zu bieten hat. Schon die Griechen siedelten hier, die Römer haben als Meister der Ingenieure grandiose Bauten errichtet, die sich heute noch sehen lassen können. Aber auch das Mittelalter hat seinen Fingerabdruck hinterlassen. Und die lebendigen farbigen Städte wie Avignon und Arles sind allemal einen Abstecher wert.
Heute haben wir im wesentlichen nur die Etappe von Sault nach Arles versetzt. Von Sault aus erst nach Apt, dann über die ganzen hübschen Orte am Hang des kleinen Luberon: Bonnieux, Lacoste, Menebres, nur durchgefahren, obwohl sie alle für einen kleinen Bummel und einen Cafe au Lait gut wären. In Oppede le Vieux parke ich dann und schleppe den unvorbereiteten und eigentlich gar nicht fitten Waschbär mal wieder in der größten Mittagshitze bis hoch zur Kirche des zerfallenen mittelalterlichen Ortes.
Dann quälen wir uns durch den Verkehr in Cavaillon über die Rhone und über ein kurzes Stück stark befahrene Route Nationale. Erst als wir in die kleinen Straßen der Alpilles einbiegen (D569, D25, D24, D78) atme ich wieder auf, genieße den harzigen Duft, der zwischen den Pinien steht, die die Straße säumen, und die karge pittoresk Landschaft, die wie der Name schon sagt, tatsächlich an die Alpen in Miniaturausgabe erinnert.
Was hatte ich nicht noch alles auf dem Programm: Les Baux, les Antiques, die Abtei Montmajour, aber WASCHBÄR ist fertig mit der Welt und will einfach nur ankommen. Also lassen wir alles links bzw. rechts liegen und fahren schnurstracks nach Arles. Die oben erwähnten Programmpunkte können wir ja auf unseren Ausflügen in den nächsten Tagen noch in Angriff nehmen.
Von einer Dusche erfrischt sind wir dem lebendigen Stadtleben von Arles gewachsen und besichtigen noch die römische Arena und den Kreuzgang von St. Trophime.
Arles ist eine schöne Stadt für einen Aufenthalt in der Rhone-Ebene und ein guter Ausgangspunkt für interessante Ausflüge in die Umgebung. Die Atmosphäre ist von dem römischen Erbe geprägt, aber auch vom Stierkampf und der Nähe der Camarque. Durch die Affinität der Zigeuner zur Camarque, ist ein Hauch von spanischem Einschlag in Arles spürbar, vermutlich verstärkt durch den Stierkampf. Für diesen wird die römische Arena unter anderem genutzt, auch für den blutigen spanischen, wohingegen der provenzalische Stierkampf zumindest für den Stier unblutig ist. Die ganz weiß gekleideten Matadore müssen dem Stier ein Band entreißen, das zwischen die Hörner gebunden wird. Zum Einsatz kommen hierbei die kleinen aber agilen schwarzen Stiere aus den Salzsümpfen der Camarque. Aber wie auch Avignon mit seinem Theaterfestival hat Arles im Sommer den Hauch von Festspielen und internationalem Treffen mit seinem Fotofestival, wo sich jährlich Fotographen aus aller Welt treffen und ihre Werke ausstellen.
Mit dem Zug fahren wir nach Avignon, um die oft besungene Brücke, vor allem aber auch um den Papstpalast zu sehen. Und das wollen wir bei den Temperaturen der Rhone-Ebene (z.B. noch 31 Grad um 20:00 in Arles) hierbei mal nicht in Motorradklamotten machen. Also zum Bahnhof, sich wundern wie selten Züge fahren, Ticket kaufen und gleich wieder umtauschen, bis nach Mittag auf den verspäteten TGV warten, mit dem im Schneckentempo um 13:00 in Avignon einrollen, aber dann sind wir da.
Avignon begrüßt uns mit einer quirligen, teilweise etwas verrückten Atmosphäre: Es ist Theaterfestival. Überall an allen erdenklichen Ecken, Pfeilern, Posten, Gittern hängen Plakate, die auf Theaterveranstaltungen von großen und kleinen Ensembles hinweisen. Durch die Straßen zieht eine bunte Mischung aus potentiellem Publikum, Touristen und Mitgliedern der Ensembles, die durch Kostüme, Sketche, Vorträge und Gesang auf ihre Vorstellungen am Nachmittag und Abend aufmerksam machen.
Auf diese treffen wir dann auch nach unseren ausgiebigen Besichtungen, da alle Räumlichkeiten aber auch Höfe und Plätze zum Theaterspielen genutzt werden. Leider sind die Stücke auf französisch, so dass wir da nicht recht viel verstehen würden. Um den letzten Zug zurück noch zu schaffen müssen wir denn doch das Dessert unseres obligatorischen Abendmenüs weglassen, den Ober zum Kassieren zwingen und die Beine in die Hand nehmen. Kaum saßen wir im Zug, fuhr er schon ab, diesmal superpünktlich.
Nachdem ich den Trubel in der Stadt anlässlich des Theaterfestivals gesehen habe, ist mir auch klar, warum mich der Hotelier bei meinem Anruf wegen einer Zimmerreservierung fragte, ob es für dieses oder nächstes Jahr sein sollte. Worauf wir beide herzlich gelacht hatten und ich mich entschloss, auf Arles auszuweichen.
Heute besichtigen wir als aller Erstes Montmajour, ein altes verlassenes Kloster direkt vor den Toren Arles, das beeindruckend und mit dem hohen mächtigen Turm sehr wehrhaft über der Ebene liegt.
Danach ging es weiter über weniger schöne und sehr verkehrsträchtige Straßen zum Pont du Gard, der Meisterleistung der Römer für die Wasserversorgung ihrer Metropole Nimes.
Und dann stand Baden im Mittelmeer bei Saintes Maries de la Mer auf dem Programm. St. Maries de la Mer ist ein bekannter Wallfahrtsort gerade für Zigeuner. Es wird erzählt, dass dort verschiedenste heilige Marien wie auch deren schwarze Bedienstete Sahra dort angelandet sind, nachdem sie von den "bösen Juden" im Meer ausgesetzt worden waren. Sahra gilt insbesondere bei den Zigeunern als Schutzheilige.
Ich hätte ja auch noch Aigues Mortes, besichtigen wollen, wo die erschlagenen belagernden Burgunder als Seuchenpräventivmaßnahme einfach in einem der markanten Stadtmauertürme eingepökelt wurden, da es Salz im Übermaß gab. Auch das bekannte romanische Portal der Kirche in Saint Gilles hätte ich gerne wieder mal gesehen, aber es muss ja auch noch was für den nächsten Urlaub übrig bleiben.
Dieses entspannende Nachmittagsprogramm wird abgerundet durch eine kleine Spazierfahrt durch die Camarque. Von St. Maries aus fahren wir auf kleinen Sträßchen durch die Salzwiesen und Salzsümpfe, vorbei an Flamingos, Reihern, Gruppen von weißen Camarque-Pferden und endlich auch einer Herde der schwarzen Stiere, die für die unblutigen Stierkämpfe der Provence eingesetzt werden, aber auch wundervoll als kräftiges Stew oder einfach nur gegrillt schmecken. Die schöne Strecke durch die typische Landschaft der Camarque führt über die kleine D85 in St. Maries beginnend über ein kurzes Stück D570, abbiegen auf die D37, die am Etang de Vaccares vorbeiführt, wie auch die rechst abzweigende kleine weiße Straße nach Fielouse. Dort queren wir zur D36, die uns wieder nach Arles führt.
Und dann rückte das Ende unseres Aufenthalts in Arles und die Rückfahrt immer näher und nach einer knappen Woche haben wir Schaukelpferdchen wieder zum Motorradverleih nach Forcalquier geschafft, was wir natürlich mit einer schönen Tour und den wichtigsten Besichtigungen von Les Baux und der Abtei von Senanque verbunden haben.
Nach kurzer Fahrt von Arles aus biegen wir hinter Fontvielle ein in die Alpilles. Les Baux liegt fast genau im Zentrum dieses kleinen Höhenzugs auf einer Höhe, von der aus man eine Sicht über das Rhonedelta bis hin zum Mittelmeer hat. Les Baux selbst ist eine alte große Burgruine mit angegliedertem mittelalterlichen Ort und war lange Zeit der Sitz eines provenzalischen Adelsgeschlechtes. Da dort schon früh Bauxit abgebaut wurde, leitet sich der Namen dieses Minerals von dem Ortsnamen ab. Wegen der beeindruckenden Ruine aber vor allem der wundervollen Lage auch mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet, ist der Ort ein Touristenmagnet fast wie die Fontaine de Vaucluse. Trotzdem lohnt sich der Abstecher und die Burg lässt sich jedem einzelnen viel Platz zum Umherstreunen und Ruinen- bzw. Aussicht-Genießen.
Von Les Baux aus geht es direkt vorbei an Les Antiques - großen römischen Grabmalen gleich neben der Straße - nach St. Remy, einem kleinen netten Ort, dessen zahllose Restaurants, Bars und Brasserien den Touristenansturm bestens bedienen können. Dort stärken auch wir uns im Schatten der Platanen um dann über die D99 weiter Richtung Cavaillon und Apt zu fahren. Die D99 ist ein typisches Beispiel für die prachtvollen Platanen-Alleen, die man so häufig in der Rhone-Ebene antrifft. Kilometerlange grüne Dome wölben sich über die Farbahn, spenden Schatten und Kühle in der sengenden Hitze und malen gold-grünes geflecktes Licht auf den Asphalt. Die D99 spendiert uns fast 12 Kilometer dieses lichtgrünen Vergnügens bis Plan d’Orgon.
Als nächsten Programmpunkt holen wir die Besichtigung des Zisterzienser-Klosters von Senanque nach, das bei unserem letzten Besuch ja leider schon geschlossen war. Erst mal muss man sich an die spartanische Ausstattung der Gebäude gewöhnen, dann aber entdeckt man den Reiz der einfachen schmucklosen Architektur in der Gestaltung der Räume selbst sowie den subtile Lichtverhältnisse.
Danach führt uns die N100 zügig über Apt entlang des Luberon nach Forcalquier. Wir geben Schaukelpferdchen ab und Waschbär gönnt sich endlich den Frisör, von dem er schon seit unserer Abfahrt immer geredet hatte. Die liebevoll geföhnte Mähne muss ich natürlich dokumentieren, bis der Helm dem ganzen Zauber wieder ein Ende bereitet.
Bei der Heimfahrt liegt der langgezogene Bergrücken des Luberon da wie ein gigantischer dunkelgrüner Faltenwurf, von der tiefen Abendsonne effektvoll beleuchtet. Wir fahren der Sonne entgegen, sind leicht geblendet und auch die Platanen-Alleen erschweren das Fahren durch die harten regelmäßigen Schatten, die nun die Stämme auf die Fahrbahn werfen, ein Gewitter von Hell-Dunkel-Wechseln begleitet uns auf unserem Weg hindurch.
Und irgendwann heißt es dann Abschied nehmen vom Lavendel und dem provenzalischen Leben und die Heimreise antreten. Wir wählen eine westlichere Route die uns vorbei am Mont Ventoux in den Vercors nördlich von Die führt. Dieser recht unbekannte Naturpark bietet kühle Wälder, karge Hochflächen und tiefe Schluchten, erschlossen mit wenig befahrenen aber wundervoll kurvigen und teils imposant im Fels angelegten Straßen, und kann auch für Motorradfahrer als Geheimtipp gelten.
Heute geht es wieder Richtung Heimat und gen Norden, jetzt wir beide zusammen mit allem Gepäck auf Anna, die davon schon etwas in die Knie geht. Sie hat sich aber im Großen und Ganzen schon brav geschlagen. Erst mal machen wir Strecke über große Straßen von Arles über Avignon nach Carpentras. Ab dann geht es schöner durch die der Rhone Ebene vorgelagerten Höhenzüge und Bergketten, vorbei am Mont Ventoux, dem ich ein letztes Mal zuwinke bevor er ganz verschwindet, über Vaison la Romaine und Nyons Richtung Gap, bis wir links in das Hinterland Richtung Die einbiegen.
Einsame Straßen ebenso wie eine einsame karge Landschaft, alles in der flirrenden Mittagshitze. Tankstellen gibt es fast keine und kurz vor Die hat Anna Blume mit 17.5 Litern Durst jeden bisher da gewesenen Rekord gebrochen. Ich wusste ja gar nicht, dass überhaupt soviel in den Tank reinpasst.
Ab Die beginnt der Teil der Etappe, der den Höhepunkt des Tages darstellen sollte und wegen dem wir diesen Weg genommen haben: Die Tour durch den Naturpark Vercors. Den hatte mir unser französischer Biker auf biker.de Roland67 anempfohlen. Und wie Recht er hatte! Schon nach wenigen Kilometern begann die Auffahrt zum Col de Rousset (1367 m). Die Südrampe führt in großartigen Serpentinen den Berg hinauf, der wie ein gigantischer Riegel das Tal absperrt.
Schon Eingangs der Strecke treffen wir wieder vermehrt auf Motorradfahrer. Der Höhepunkt war jedoch mitten auf der Südrampe als uns mit großen Gebrumm ein Tross von über 100 Motorradfahrern entgegenkommt, angeführt von einer warnblinkenden Goldwing und abgeschlossen von einem Kleinbus mit Hänger und gelber Rundumleuchte als Besenwagen. Fröhlich ungeordnet, teilweise zu dritt nebeneinander, ganz selbstverständlich unsere Straßenseite mit nutzend, kommen sie uns grüßend entgegengedonnert und der Zug will gar nicht mehr aufhören. Zum Glück konnte ich als Sozia das Grüßen übernehmen, sonst wäre Waschbär gar nicht mehr zum Schalten gekommen.
Oben auf dem Col der Rousset ist direkt vor dem Gipfeltunnel ein Rastplatz eingerichtet, von dem aus man die Aussicht und die Anlage der Südrampe aufs Beste bewundern kann. Wie gerne wären wir beide diesen Berg alleine gefahren. Waschbär hegte ganz wehmütige Gedanken an Tantchen, ich an eine unbeschwerte wendige Anna Blume.
Über die D76 geht es nach dieser Super-Passstrecke durch schattige kühle Wälder, die nach der ganzen flirrenden Hitze des Südens eine willkommene Abwechselung sind. Dann wieder weitet sich der Blick auf alpine Bergwiesen mit deutlichen Anzeichen der Nutzung als Skigebiet. Plötzlich wird aus einem kleinen Sträßchen durch den Wald eine riesenbreite vierspurige Straße mit integrierten Auto- bis Bus-Parkplätzen und Waschbär weiß gar nicht so recht, wo er nun eigentlich fahren soll.
Wir erreichen den Col de la Machine (1011 m), biegen um die Ecke und da liegt grandios und einfach umwerfend das Panorama des Combe Laval vor uns: eine circa 600 Meter tiefe Schlucht gesäumt von senkrechten Felsabstürzen ringsum.
Unterhalb der linksseitigen Felswand führt die Strasse durch Felsbögen und -Durchbrüche über den Abgrund hinweg, in den sich immer wieder abgrundtiefe Blicke werfen lassen. Was ein Glück, dass es - im Gegensatz zu den alpinen Straßen auf der Route des Grandes Alpes - hier eine solide Mauer die Strasse säumt und ein Gefühl der Sicherheit vermittelt.
Nach 10 Kilometern Panorama-Fahrt hoch in der Felswand windet sich die Straße in die Ebene hinab. In St. Jean en Royans biegen wir links auf die D70 ab um unser Hotel anzufahren, die Auberge du Pionier. Es geht durch das schöne Tal wieder bergan, aber das Hotel will sich nicht zeigen. Wir fahren durch das kleine Örtchen Bouvante, wo es laut Postadresse sein sollte - aber keine Spur vom Hotel. Da sieht Waschbär auf der Karte den Tunnel du Pionnier weit oben am Berg eingezeichnet und lenkt Anna dorthin. Kurve um Kurve schlängelt sich das kleine Sträßchen höher und höher bis zum Tunnel auf wieder auf über 1000 m Höhe.
Kurz dahinter zweigt tatsächlich ein kleiner Weg ab, an dessen Ende das Hotel einsam in der Hochebene liegt, ein altes umgebautes Bauernhaus ganz allein auf weiter Flur. Hier sagen sich wirklich Hase und Igel und alle anderen Tiere des Vercors gute Nacht. So auch Haushund, Hauskatze, Waschbär und Chicago-Cat bei 1-2 Gläsern - ähäm Krügen - schönen Landweins.
Am nächsten Morgen liegen wir gänzlich in Nebel und Wolken. Erst ein paar hundert Meter weiter unten tauchen wir durch die Wolkendecke durch und sehen wieder den Talboden. Aber das Wetter ist wirklicht nicht für weitere Touren geeignet.
Wir beschließen, direkt ohne weiteren Stopp nach Bad Säckingen durchzufahren. Die anderen Schluchten wie auch die Grand Goulets müssen eben auf unseren nächsten Besuch warten. Den wird es ganz sicher geben. Nach einer Regenfahrt laufen wir am Abend durchnässt aber durchaus glücklich wieder zuhause ein.
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