... mehr Fotos in der Bildergalerie |
Etappen
|
Am Samstag vor Pfingsten satteln Jens und ich unsere Motorräder und starten bei schönstem Sonnenschein von St. Gallen gen Süden. Jens hat die Strecke bis zur Fähre geplant, möglichst abwechslungsreich sollte sie sein, aber auch flott genug nach Ravenna führen, unserer Station bevor wir uns in Ancona nach Patras einschiffen. Das Oberengadin kennen wir schon zur Genüge, so tut es der Vereina-Tunnel um uns rasch von Klosters nach Zernez zu befördern. Der Ofen-Pass macht dann richtig Laune, die Luft ist frisch, die Sonne scheint, die Straßen leer, es ist halt noch früh im Jahr. Über Meran bis Trento setzen wir uns auf die Bahn, dort biegen wir wieder auf die Landstraße Richtung Osten ab und fahren durch das landschaftlich reizvolle Sugana-Tal mit seinen steil aufragenden Bergwänden, die ihren Baumbewuchs wie einen grünen Plelz tragen. Wir passieren den Einstieg zum Kaiserjäger-Steig, links geht es zum Manghen-Pass hoch, schöne Erinnerungen an vergangene Touren im Trentino.
In Bassano haben wir die Berge hinter uns gelassen und fahren hinaus in die Po-Ebene. Über Padua geht es flott nach Choggia an die Küste und von da Richtung Süden durch das Po-Delta nach Ravenna. Leider ist von einer Delta-Landschaft kaum etwas zu sehen, fast alles ist Kulturland, einige wenige Wasserflächen kommen in den Blick, insgesamt hat die Strecke doch weniger Unterhaltungswert als erhofft.
Dafür entschädigt uns Ravenna, ein hübscher geschichtsträchtiger Ort mit einer malerischen Altstadt. Leider haben wir nicht die Zeit, die berühmten byzantinischen Mosaike in den alten Kirchen zu besichtigen, aber für einen abendlichen Spaziergang durch enge Gassen und über schöne Plätze reicht es. Ein Hauch von großer Geschichte umweht uns auch in unserem Hotel, ein altes herrschaftliches Haus mit Innenhof und großzügigem Treppenhaus, wo wir uns in unserem riesigen fünf Meter hohen Zimmer mit Deckengemälde fast verlieren.
Am nächsten Morgen lasse ich es mir nicht nehmen, kurz noch am Grabmahl des ostgothischen Königs Theoderich zu stoppen, dann fahren wir über die Autobahn nach Ancona, finden den Hafen, schiffen uns ein und haben dann alle Zeit der Welt, die italienische Küste hinter uns verschwinden zu sehen, das Schiff zu erkunden, zu Abend zu dinieren und nach einem Gute-Nacht Bier in unseren Kojen den griechischen Gestaden entgegen zu träumen.
Als wir am Morgen aufstehen, fahren wir schon einige Zeit entlang der griechischen Küste. Voller Vorfreude betrachten wir diese blaue Welt, vorgelagerte Inseln im tiefblauen Meer, hintereinander geschachtelten blaue Berge in verschiedenen Farbabstufungen, alles unter einem, von leichtem Zirrus weichen, hellblauen Himmel. Gegen Mittag erreichen wir Patras, drängeln uns an den Lastwagen vorbei von Bord und brausen voller Entdeckerlust davon in ein uns fremdes Land.
Über die elegante große Hängebrücke geht es auf das nördliche Festland. Erstmal genießen wir die Aussicht von einem hoch im Hang gelegenen kleinen Kirchlein. Unter uns liegt tiefblau und leuchtend der Golf von Korinth, dahinter erheben sich die Berge des Peloponnes, dann nehmen wir unsere Tagesetappe in Angriff. Das Ziel für heute ist Delphi, gar nicht so weit von Patras entfernt, also wählen wir eine auf unsere Karte kleinere gelbe Straße und stürzen uns mit Elan in die Berge. Natürlich haben wir noch so gar keine Ahnung, wie genau kleine gelbe Straßen in Griechenland ausgeschildert sind, noch wie sie sich anfühlen, noch ist uns die griechische Schrift so geläufig, dass wir im Vorbeifahren irgendwelche Schilder lesen könnten. Mit Lust düsen wir die kleine Straße in die Berge, kaum ein Auto bremst unseren Elan, nur zwei Esel auf der Straße wollen umrundet werden, bis wir nach etwa 2 Stunden feststellen müssen, dass wir uns hoffnungslos verfahren haben. Auf dem Dorfplatz in einem kleinen Dorf, irgendwo in den Bergen, ist die Straße zu Ende, die drei Einheimischen, die wir dort treffen, sprechen kein Englisch, wir kein Griechisch und ich habe auch den Eindruck, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben eine Landkarte sehen. Jedenfalls können sie uns bei aller Hilfsbereitschaft nicht weiterhelfen und da uns allmählich auch der Sprit ausgeht, beschließen wird auf Nummer Sicher zu gehen den gleichen Weg wieder zur Küste zurückzufahren.
Dorthin finden wir wenigsten wieder sicher und können von dort auf der breiten Küstenstraße geradewegs und hoffentlich auch zügig nach Delphi gelangen. Allerdings machen wir das erste Mal mit einem Problem Bekanntschaft, das uns die nächsten Tage begleiten wird. Die erste Tankstelle ist geschlossen, so die zweite und die dritte. Noch riechen wir den Braten nicht, aber als die vierte Tankstelle von einer riesigen Autoschlange belagert wird, schwant uns, dass es ein Problem mit dem Benzin gibt. Und tatsächlich sind die Lastwagenfahrer im Streik, was die Straßen schön leer macht, aber leider gehören zu ihnen auch die Tanklastwagenfahrer, und so wird das Benzin an den Tankstellen knapp und immer mehr Tankstellen machen einfach zu, weil nichts mehr zu verkaufen ist. Wir reihen uns in die Schlange ein, aber auf einmal ist Schluss, alles ausverkauft. Diesmal haben wir noch Glück, Einwohner geben uns einen Tipp und tatsächlich können wir drei Kilometer weiter voll tanken und uns auf den Weg nach Delphi machen.
Mittlerweile ist es auch schon später Nachmittag. Während wir die Küstenstraße entlang hechten, geht die Sonne unter und es beginnt zu dämmern. Weg von der Küste fahren wir durch große Olivenhaine, silbrig grau-grün schimmert das Laub der alten Bäume, als im Fels hoch über der Ebene die Lichter von Delphi auftauchen. Einige Serpentinen später fahren wir bei Einbruch der Dunkelheit in Delphi ein, finden problemlos ein Hotel, genießen unser erstes griechisches Abendessen und fallen in die Betten.
Heute Morgen steht die Besichtigung der berühmten antiken Ruinen auf dem Programm, die nur einen kurzen Fußweg von der Stadt entfernt liegen. In der griechischen Antike galt Delphi als Mittelpunkt der Welt. Hier an den Hängen der Parnass-Gebirges hat der Gott Apoll durch den Mund des Orakels 1700 Jahre lang geweissagt, bis der Sieg des Christentums das Orakel endgültig verstummen ließ. Prachtvolle Tempel und Schatzhäuser wurden zu seinen Ehren errichtet, deren Ruinen heute malerisch im Hang liegen. Mächtig stehen die dorischen Säulen des Apoll-Tempels auf einer Plattform über dem Tal. Etwas weiter unten liegt das Heiligtum der Athena mit dem zierlichen, teilweise rekonstruierten Rundbau. Der Blick über die Berge und hinab in die von Olivenbäumen graugrüne Ebene ist grandios, in der Ferne leuchtet wieder blau der Golf von Korinth. Es ist Vorsaison und wir freuen uns über die spärlichen Besucher, viel Platz und Muße haben wir zum Schauen und Staunen und um die mehrtausendjährige Geschichte des Ortes und seine Erhabenheit auf uns wirken zu lassen.
Wir brechen nach Norden auf, unser nächstes Ziel sind die Felsenklöster von Meteora. Nach der Erfahrung in den Bergen nördlich von Patras ist unsere Lust auf kleine Straßen merklich gedämpft, eben auch weil Meteora nur ein flotter Abstecher werden soll, den Hauptteil unseres Urlaubs wollen wir auf dem Peloponnes verbringen. Das Glück ist uns hold, wir finden problemlos eine Tankstelle und kommen mit unserer Tankfüllung dann auch bis Meteora. Schon von Ferne sieht man hinter Kalambaka aus der Ebene die senkrechten Felstürme aufragen. Es ist noch früh am Nachmittag und wir fahren den kleinen Rundkurs durch die pittoreske Felsenlandschaft, welcher immer wieder wechselnde Perspektiven auf die sich aus grün bewaldeten Hügeln unvermittelt erhebenden Türme bietet. Auf vielen dieser Türme sind im Mittelalter Klöster erbaut worden, von denen auch heute noch einige genutzt werden. Die alten Gebäude scheinen sich auf den schmalen Plateaus festzuklammern, kaum vorstellbar das Leben dort oben, manchmal nur zugänglich mit Leitern oder in an Seilen gezogenen Körben.
Am nächsten Morgen ist die größte Sorge das Benzin, unsere Tanks sind fast leer. Wir haben von ein paar Bikern im Ort gehört, dass es zwanzig Kilometer nördlich noch eine offene Tankstelle geben soll. Wir fahren dorthin, durch die Berge, gelb blüht duftenden Ginster überall am Straßenrand. Tatsächlich finden wir die Tankstelle, sie hat aber nur noch verbleites Benzin. Enttäuscht fahren wir Richtung Süden, fast alle Tankstellen haben geschlossen, bei den wenigen offenen ist nur Diesel oder Verbleites zu haben. Nach fünfzig Kilometern geben wir auf und füllen Verbleites ein, es bereitet mir fast physische Qualen, aber es geht sonst nicht mehr weiter. Auf dem weiteren Weg nach Süden klappern wir jede offene Tankstelle ab, wenn wir Glück haben tanken wir egal was, außer Diesel. So gelangen wir bis zum Isthmus von Korinth, den wir auf einer kleinen Nebenstraße überqueren um einen Blick in den beeindruckenden Durchstich zwischen dem Golf von Korinth und der Ägäis zu werfen.
In Korinth erwischt uns der einzige Regenschauer unserer Tour, über nasse Straßen geht es zu unserem ersten Ziel auf dem Peloponnes, dem sagenumwobenen Mykene. Wir quartieren uns in dem kleinen Dorf namens Mykene ein, morgen früh geht es zum Burgberg.
Und dann ist es soweit. Zu Fuß laufen wir in der frühen Sonne den Hügel hinter dem Ort hinauf. Oben im Hang liegt der Burghügel. Es ist für mich ein ganz besonderes Gefühl, mich diesem Ort zu nähern, der wie kein anderer in Griechenland meine Phantasie schon als Kind beflügelt hat, Geschichten aus der Ilias, Atreus und Agamemnons Burg, dies ist der Ort. Bevor wir zur Burg kommen, besuchen wir die so genannte Schatzkammer des Atreus, ein riesiges mykenische Kuppelgrab. Wir sind fast ganz allein, der Vorsaison sei Dank, und bestaunen den zyklopischen Eingang und die Raumwirkung der steinernen Kuppel. Und dann schreiten wir durch das berühmte Löwentor, wandeln durch die steinernen Überreste der Burg, genießen die prachtvolle Aussicht, zur einen Seite in Richtung der Berge, zur anderen Seite über die fruchtbare Ebene bis hin zum Meer. Beeindruckend sind die starken Mauern der Festung, gefügt aus exakt behauenen riesigen Steinen, trotzend den Feinden und den Jahrtausenden.
Es ist ein guter Tag, die Tankstelle im Nachbarort wurde wieder beliefert und wir können unsere Tour fortsetzen. Für zwei Tage quartieren wir uns an der Küste in dem netten Städtchen Nafplio ein. Besonders schön sind die malerischen Gassen der Altstadt, üppig geschmückt mit Blumen, viele rote Bougainvilleas ranken sich an den Balkonen empor. Hoch über der Stadt dominiert eine mächtige venezianische Festungsanlage, viele steile Treppen führen dort hinauf, von wo man einen schönen Blick auf die Altstadt und den Hafen hat.
Von Nafplio aus machen wir Ausflüge in die Umgebung. Wir besichtigen das große Amphitheater in Epidaurus, eine beeindruckende Arena mit prächtiger landschaftlicher Kulisse. Das Amphitheater ist bekannt für seine extrem gute Akustik, und lange sitzen wir auf den steinernen Sitzbänken, während immer neue Touristen in den Kreis der Arena treten, Sprechproben abliefern oder ganze Verse aufsagen, eine ebenso unterhaltsame wie vollkommen friedlich entspannte Atmosphäre macht sich bei uns breit.
Wir fahren über Land nach Didima um uns das große Loch im Berg hinter dem kleinen Städtchen anzuschauen. Tatsächlich, dort im Berg ist die Oberfläche kreisförmig eingestürzt, eine große Doline. Eine etwas kleinere Doline zwischen den Olivenbäumen ist begehbar, ein tiefes kreisförmiges Loch, unten am Grund hat ein Einsiedler seine Behausung. Wir fahren über die Berge zur östlichen Küste, bewundern einmal mehr die Blautöne der Ägäis, und fahren zurück zu unserem hübschen Quartier in Nafplio, in dem sogar unsere Mopeds einen Platz im Garten neben den Blumen gefunden haben.
Unser nächstes Ziel liegt in der Nähe von Sparta. Wir fahren die Küstenstraße entlang nach Süden, biegen dann nach Westen ab durch die Berge, entlang eines wildromantischen Tales, die Straße von rosa blühenden Oleander gesäumt. Noch einmal wenden wir uns gen Osten um uns Monemvassia anzuschauen, ein altes byzantinisches Städtchen am Fuße eines Felsens am Meer. Wir sitzen auf einem kleinen Platz hoch über dem Meer, unter uns die alten Dächer, den Blick auf die blaue Weite der Ägäis und genießen wir einen Kaffee, dann fahren wir gen Sparta, durch Zitrus-Plantagen und kleine Örtchen, bis wir in Mystras ankommen und in einem kleinen Hüttchen auf dem Camping-Platz Quartier beziehen. Abends speisen wir auf dem Dorfplatz, neben uns rankt sich eine Rambler-Rose bis hoch in den alten Baum, über uns leuchten im Berg die Lichter der Festung des alten Mystras, das wir uns morgen anschauen wollen.
Anders als das weitgehend renovierte Monemvassia ist Mystras eine byzantinische Ruinenstadt, was seinen Zauber eher noch erhöht. Die zerfallenen alten Gemäuer liegen in einen steilen Hang gebettet, überall blühen Blumen zwischen und auf den alten Steinen, prominent die hohen gelbgrünen Blütenstände des wilden Fenchels. Ein paar Kirchlein sind noch begehbar und lassen die Reste von farbigen Fresken erkennen. Von der oberen Stadt spazieren wir über die alten Wege und durch die Tore allmählich nach unten, genießen den Charme des malerischen Ensembles und den weiten Blick über die fruchtbare Ebene von Sparta und auf die bläulichen Bergzüge dahinter. Ein altes Kloster ist noch genutzt, liebevoll bepflanzte Blumentöpfe stehen im Hof, kleine Katzen dösen auf den warmen Steinen, die Kirche ragt daneben hoch in den blauen Himmel, hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein.
Nach diesem überaus beschaulichen Sonntagmorgen-Spaziergang schwingen wir uns wieder auf unsere Motorräder und nehmen die Strecke durch das Taygetos-Gebirge in Angriff, ein mächtiger Gebirgszug, der sich von Nord nach Süd bis hinunter auf die Halbinsel Mani zieht. Aufs Feinste windet sich die Straße in die Berge hinein, an einem Fluss entlang, dann in Serpentinen den Berg hinauf. Allerdings ist der Straßenbelag hier wieder einmal besonders schlecht, von Gripp kann gar nicht die Rede sein, und so fahren wir auch eher bedächtig denn beschwingt durch die eindrucksvolle Gebirgslandschaft, die wieder viel grüner ist, als ich es mir vorgestellt habe. Schöne Bestände von alten Nadelbäumen wachsen in den höheren Lagen, saftige grüne Laubbäume in geschützteren Lagen, blühende wilde Rosen am Straßenrand. Umso geschockter sind wir, als wir kurz hinter dem Pass durch das Gebiet der Waldbrände aus dem letzten Jahr kommen. So weit das Auge reicht, sind große Gebiete nur noch mit schwarzen Baumleichen bestanden, die Hänge kahl. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie viele Jahre es dauern wird, bis der Baumbestand nachgewachsen ist. Wenig tröstlich nur sind da die vielen blühenden Blumen, die die verbrannten Hänge mit einem pinken Teppich überziehen.
Bei der Abfahrt Richtung Kalamata lässt uns der herrliche Blick auf die Küstenlinie die Waldbrände hinter uns vergessen, und wir brausen beschwingt Richtung Süden, der Halbinsel Mani entgegen. Immer wieder bietet die Straßenführung prächtige Blicke in die Berge und auf die Küste. In Areopoli beziehen wir Quartier, ein nettes kleines Städtchen und ein guter Ausgangspunkt für Erkundungen auf Mani, bis an den Südzipfel Kap Terano ist es von hier nicht weit.
Wir sehen uns am nächsten Morgen die bekannte Tropfsteinhöhle Pyrgos Dyrou an. Das Besondere bei dieser Höhle ist der unterirdische Fluss, der die Höhle durchfließt. Wir steigen in ein kleines Boot und lassen uns von unserem Bootsmann durch diese fantastische Welt staken. Wir sind ganz allein in dem Labyrinth aus Wasser, Dunkelheit und Tropfsteinen, nur das leise Eintauchen des Paddels ist zu hören, lange klingt das Fallen einzelner Wassertropfen in den großen aber niedrigen Räumen nach. Mit sanfter Stimme erläutert unser Bootsmann die Kammern mit ihren verschiedenen Tönungen von Weiß über Gold nach Rot, warnt uns vor tief hängenden Stalaktiten, den wir vorsichtig ausweichen, meist lässt er aber die Stille wirken, eine wirklich fantastische Reise.
Immer karger wird das Land je weiter wir nach Süden kommen. Mani ist bekannt für seine raue Landschaft und die ebenso rauen Bewohner, die als sehr kriegerisch galten und ihre Wohnsitze zu wehrhaften Turmhäusern ausgestaltet haben, von wo sich dann verfeindete Familien auch untereinander bekämpften, sofern nicht gerade der Kampf gegen einen Feind aus der Fremde sie einte. Am Kap Tenaro sind die Straße und auch das Land zu Ende. Wir essen zu Mittag in einer kleinen Bucht, zu der eher eine steile Piste denn eine Straße führt, spazieren durch die prachtvoll gefärbten Büsche der Makkie zu einem kleinen Turm. Hier schein wirklich die Welt zu Ende zu sein, obwohl ich den Eingang zum Hades, der auch hier irgendwo sein soll, nicht gesehen habe.
So gestärkt treten wir den Rückweg nach Norden an, unsere verbleibenden Tage in Griechenland sind gezählt und neben Olympia wollen wir uns auch noch die Berglandschaft des nördlichen Peloponnes anschauen. Die Strecke bis Kalamata macht wieder richtig Laune, Kalamata selbst ist groß, etwas ätzend der Weg durch die Stadt und auch die Strecke nach Megalopoli ist wenig inspirierend. In Megalopoli suchen wir vergeblich nach einem Hotel, der Hässlichkeit der Stadt zum Trotz ist alles überteuert. Und so fahren wir weiter Richtung Karitena, nunmehr durch eine liebliche Hügellandschaft, verfransen uns auf der Suche nach einer Bleibe auf kleinen Sträßchen, finden aber letztlich dann doch ein Zimmer in Karitena, das beeindruckend im Sattel zwischen zwei Bergen liegt. Hier ist man auf Touristen so wenig eingestellt, dass wir bis zum Fuß des Berges hinunter laufen müssen, um ein geöffnetes Restaurant zu finden.
Von Karitena führt eine schöne Straße Richtung Nordwesten über Kallithea und Krestena bis kurz vor Olympia. Traurig sind wieder lange Passagen durch verbranntes Land mit toten Wäldern aus verkohlten Bäumen, dabei ist gerade hier, wo es nicht gebrannt hat, die Natur so idyllisch und üppig, deprimiert durchfahren wir die verbrannten Gebiete. Von Krestena aus ist nur noch die Flussebene zu durchqueren und eine große Baustelle zu umgehen und schon gegen Mittag fahren wir in Olympia ein und beziehen Quartier. Am Nachmittag besichtigen wir die Ausgrabungsstätte. Obwohl täglich viele Busladungen von Touristen hier angekarrt werden, verläuft sich der Besucherstrom auf dem großen Gelände, so dass Raum für mußevolles Wandeln, Innehalten, Betrachten und Staunen bleibt. Wie in einem Park liegen die Überreste der Tempel, Schatzhäuser und Sportstätten, vieles ist soweit aufgerichtet, dass wir uns ein Bild von der Großartigkeit des ursprünglichen Komplexes machen können. Viele Eindrücke hinterlässt dieser einst heilige Bezirk, wie umgefallene Dominosteine liegen die mächtigen grauen Säulentrommeln des Zeus-Tempel im Gras, wie durch steinerne Alleen wandeln wir durch die wieder aufgestellten Säulenreihen des Palästra, wo einst Ringkämpfer übten. Während wir am Abend im Freien beim Essen sitzen, läuft im aufgestellten Großbild-Fernseher passender Weise die Eröffnungsfeierlichkeiten der Olympiade 2004 in Griechenland.
Bevor wir am nächsten Morgen von dannen fahren, besuchen wir das Museum, ein absolutes Muss. Und wäre es nur für die überirdische Schönheit des Apoll aus dem Tempelfries, die fröhliche Gelassenheit des Zeus, der gerade Ganymed raubt, die spielerische Eleganz des Hermes mit dem kleinen Dionysos auf dem Arm.
Wir wenden uns nach Nordosten, lassen die liebliche Umgebung von Olympia hinter uns und fahren in die Berge. Dunkelgrüne Nadelbäume bedecken die Berge und Hänge, in den Tälern leuchten in hellerem Grün dichte Bestände von Platanen. Hübsche kleine Bergdörfer liegen auf unserem Weg. Vor Kalavryta weitet sich das Tal, wir fahren durch Wiesen und Felder und vorbei an großen Wiesen voller dunkelrotem Mohn. Entlang eines tief eingeschnittenen Tales, vorbei am alten Kloster Mega Spileon in einer Felswand über der Straße, fahren wir zum Golf von Korinth und finden in Eglio ein kleines Hotel am Meer. Den Rest des Nachmittags sitzen wir am Strand, bewundern die Blau- und Türkis-Töne, hören dem Rauschen der Wellen zu und genießen unser letztes griechisches Abendessen.
Am nächsten Morgen haben wir nur noch ein kleines Stück bis Patras, Zeit für einen Kaffee am Meer und ein Foto von der eleganten großen Hängebrücke über die Meerenge. Dann fahren wir zum Hafen, schiffen uns ein und gegen Mittag verlassen wir Griechenland, auch wenn uns die Küstenlinie des griechischen Festlands noch bis zum Einbruch der Nacht begleitet. Das Letzte was wir vom Land der Griechen sehen, sind die Lichter der Insel Korfu, bis auch die in der Dunkelheit verschwinden.
Am frühen Vormittag landen wir in Ancona, mogeln uns an den Lastwagen vorbei aus dem Laderaum, lassen die Küste hinter uns und fahren über Urbino hinein in die Berge des Appeninn. Über hübsche Nebenstrecken und drei kleine Pässe geht es nach Florenz. Mit etwas Suchen und Glück finden wir ein Hotel in der Nähe des Zentrums, gerade rechtzeitig, da just dort Jens Batterie den Dienst versagt. Im warmen Licht der Abendsonne spazieren wir durch die Stadt, bestaunen die kunstvoll gestaltete bunte Fassade des Doms, die alten Palazzi, die Michel Angelo Figuren an den Uffizien, laufen über die Ponte Vecchio, und gönnen uns natürlich ein leckeres italienisches Essen. Am nächsten Morgen ein banger Augenblick, aber Jens Ixli springt an und wir können unsere Heimfahrt fortsetzen. Wieder geht es über den Appeninn, diesmal Richtung Norden über Abetone nach Maranello, wo Jens unbedingt im Ferrari Fan-Shop vorbei schauen muss. Noch ein Foto vor dem Ferrari-Werkstor und weiter geht die Fahrt nach Norden. Wir setzen uns auf die Bahn, die Po-Ebene ist kein gutes Motorrad-Revier und außerdem lässt das Wetter auch mehr und mehr zu wünschen übrig. Der Himmel hängt voller düsterer dunkler Wolken als wir im Trentino ein Zimmer in unserem schönen Traminer Hof bekommen. Tags drauf nehmen wir die letzte Etappe der Tour unter die Räder. Über Bozen geht es das Sarn-Tal hoch und über das Penser-Joch. Der Himmel ist immer noch düster, auf dem Pass ist es ganz schön kalt, aber immerhin regnet es nicht. Auf der alten Brenner Straße geht ins Inntal nach Telfs, wo Jens und ich uns trennen, Jens fährt nach Osten nach St. Gallen, ich fahre nach Norden über Leutasch, Vorderriß, Tölz heim nach München.
Roundup: Tips und Links |
[CT's Virtual Home] [Top] [Sitemap] | Contact for this page: Claudia Traving, E-Mail: claudia@traving.com |