Mit der Rhätischen Bahn über Albula und Bernina

Kreisviadukt Brusio
2010 feiert die Rhätische Bahn das 100-jährige Bestehen der Bernina-Linie. Ein Grund mehr für uns, die Pässe Albula und Bernina von einem Panorama-Wagen der Rhätischen Eisenbahn aus zu erfahren. Speziell der Albula ist einer meiner ausgesprochenen Lieblingspässe, den ich im Sommer immer wieder gerne mit dem Motorrad fahre. Nun wollte ich die beeindruckende Streckenführung mit den vielen Viadukten aus der anderen Perspektive und im Schnee kennenlernen.

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Ein Angebot der Rhätischen Bahn, das man nicht abschlagen kann

Weltkulturerbe Wie wirbt die Webseite der Rhätischen Bahn: Die Albula- und Bernina-Strecke der Rhätischen Bahn ist eine der spektakulärsten Alpenüberquerungen. Sie verbindet den Norden und den Süden Europas im Zickzack und ohne Zahnrad. Ein besonderer Hochgenuss ist die Panoramafahrt im Bernina Express - von Chur vorbei an Gletschern und dem höchsten Bündner Berg, hinunter zu den Palmen in Tirano. 55 Tunnels, 196 Brücken und Steigungen von bis zu 70 Promille meistert der Zug mit Leichtigkeit. Seit dem Sommer 2008 gehört die Strecke von Thusis bis Tirano zum UNESCO Welterbe.

Verdient für wahr, die Landschaft wie die Streckenführungen sind atemberaubend. Dabei kenne ich vor allem die vielen Viadukte und Tunnel des Albula. Die kleine Bergstraße von Bergün nach Preda vollführt auf dem Weg nach oben einen wahren Tanz mit der Bahntrasse, immer wieder führt die Straße unter den eleganten Bögen der Viadukte hindurch, verschlingen sich die Kehren mit der Eisenbahntrasse, erblickt man eine Rampe im Berg mit einem der roten Züge, der bald darauf wieder aus einer Tunnelausfahrt gleich neben der Straße wieder zum Vorschein kommt. Was liegt näher als die Motorrad-freie Zeit zu einem Ausflug mit der Rhätischen Bahn über den Albula und Bernina zu nutzen, und diese beiden schönen Passstrecken in einer winterlich verzauberten Landschaft vom Panoramawagen der Rhätischen Bahn aus zu bewundern.

Das "Steinbock-starke" Angebot der Rhätischen Bahn heißt Bernina-Express, der mit schönen Panorama-Wagen in gemächlichem Tempo von Chur über Albula und Bernina bis nach Tirano in Italien fährt. Unsere Idee für eine spät-winterliche Reise war geboren, und dieses Jahr, im hundertsten Jubiläumsjahr des Bernina-Express, haben wir sie in die Tat umgesetzt.

Abfahrt in Thusis

Abfahrt Früh morgens fahren wir in St. Gallen per Auto los. Das Wetter sieht verheißungsvoll aus, es ist sonnig und wir freuen uns auf unsern Wochenendausflug. In Thusis parkieren wir das Auto am kleinen Bahnhof und warten auf den gebuchten Bernina-Express. Erst mal kommt der Glacier-Express eingefahren, der Schwesterzug des Bernina-Express, welcher von Zermatt durch das Wallis, durch den Furka und über den Oberalp bis nach Davos und St. Moriz fährt. Aber diese Strecke bleibt einem anderen Wochenendausflug vorbehalten. Panoramawagen Parallel zum Glacier-Express fährt unser Bernina-Express ein, ein Spiel das wir jetzt noch öfters erleben werden, da die Strecke meist einspurig ist und immer an den Bahnhöfen auf die Gegenzüge gewartet wird. Wir steigen ein und das Erlebnis der besonderen Art beginnt.

Den Panorama-Wagen mit seinen hochgezogenen durchgehenden Panorama-Fenstern teilen wir uns mit weiteren Bahn-Liebhabern. Eine ganze Gruppe sitzt gleich hinter uns, und so haben wir Teil an den Erklärungen des Reiseleiters zu den Besonderheiten der Strecke. Aber auch ohne eine solche Betreuung ist man gut informiert durch die hervorragend gemachte Broschüre mit den detailierten Streckenplänen und den Besonderheiten einzelner Abschnitte. Auch über Lautsprechen wird rechtzeitig und in mehreren Sprachen auf Sehenswürdigkeiten aufmerksam gemacht, wie das längste Viadukt, die tiefste Schlucht und vieles mehr was von Interesse ist. Allenthalben recken sich Fotoapparate auf die schönsten Ansichten, jeder versucht die beste Perspektive zu erhaschen. Nett ist der von mit einem großen Plüsch-Steinbock verzierte Servierwagen, der dann und wann durch den Wagen kommt und für das leibliche Wohl der Fahrgäste sorgt.

Über den Albula

Landwasser-Viadukt Die eigentliche Albula-Strecke beginnt in Thusis. Auf der Strecke nach Tiefencastel liegt schon das erste Highlight, das Solis-Viadukt, das 89 Meter hoch über den Fluss Albula führt, die höchste Brücke der Rhätischen Bahn überhaupt mit der größten Spannweite aller Brücken der Albula-Linie. Kurz hinter Thusis kommt schon bald ein weiterer Höhepunkt, das Landwasser-Viadukt. Es führt 136 Meter lang in einem schönen Bogen über das Landwassertal und am Ende fährt der Zug mitten in eine senkrechte Felswand hinein.

Bergün Allmählich kommen wir höher und wir fahren ein in eine Winterlandschaft in strahlendem Weiß unter dunkelblauem Himmel. Hinter dem verschneiten Bergün beginnt der aufregendste Teil der Strecke, die Auffahrt nach Preda. Es ist gar nicht so einfach, alles zu erfassen. Kaum erkennen wir die Felsnase mit dem engen Durchlass, hinter dem wir bei den Motorrad-Touren immer pausieren, schon fahren wir in einen Tunnel um uns im Berg höher zu schrauben. Die Sequenz von Blicken in die Landschaft, Überfahren von Viadukten, Einfahren in Kehren-Tunnel oder auch Durchfahren von kürzeren Gallerien ist atemberaubend.

Mal unter uns, mal neben uns erkennen wir die kleine Bergstraße, die wir im Sommer unter die Räder nehmen. Nun ist sie ganz weiß und für den Verkehr gesperrt: Im Winter wird sie zur Schlittenbahn umgewidmet und neben dem Zug laufen große und kleine Schlittenbegeisterte. In Preda kann man die Schlitten mieten und nach 6 Kilometern Talfahrt bringt die Rhätische Bahn die Schlittler wieder nach Preda hinauf - auch eine schöne Idee für einen Winterausflug, der einem anderen Winterwochenende vorbehalten sein wird. Hinter Bergün geht es in den langen Albula-Tunnel, der uns direkt ins Engadin bringt.

Über den Bernina

Bernina Nur kurz dauert die Fahrt durch das Engadin, was - wie wir lernen - "Garten des Inn" bedeutet. Ab Pontresina geht es schon wieder bergauf, der Aufstieg zum Bernina beginnt. Wir fahren entlang von Loipen, durch lichten Lärchen-Wald und kommen schließlich in die Schneewelt des Bernina mit prachtvollen Ausblicken auf die schneebedeckten Berge und ihre Gletscher. Wie eine rote Raupe fährt die Bahn durch diese Welt in Weiß.

Bernina Der Bernina ist der höchste offen befahrene Pass. Wir halten auf der Passhöhe am Ospizio Bernina auf 2253 Metern. Hier oben auf dem zugefrorenen See fahren Snowboard-Windssurfer und setzen bunte Tupfen ins Weiß.

Poschiavo-Tal Dann folgt die spektakuläre Abfahrt. Anders als auf der Albula-Linie wird die Steigung nicht mit Viadukten und Kehrentunneln sondern vor allem mit vielen offenen in den Hang gelegten Kehren bewältigt. Der Höhenunterschied bis Tirano beträgt über 1800 Höhenmeter. Weit hinab geht der Blick ins Val Poschiavo mit dem gleichnamigen Ort. In Poschiavo hat die Sonne schon wieder die Regentschaft angetreten, das Eis vom Lago ist fast geschmolzen, blau und funkelnd liegt er in der Sonne. Die letzte Etappe der Abfahrt beginnt, durch Weinberge und kleine Dörfer, fast wird der Zug zur Straßenbahn, der bimmelnd durch die Straßen der kleinen Dörfer fährt.

Brusio Ein letzter Höhepunkt wartet kurz vor Tirano auf uns, das Kreisviadukt von Brusio. Der Zug schraubt sich in einer kompletten Kreisline über ein Viadukt hinab, das hilft, die Steigung ohne Zahnrad zu bewältigen. Für die Zugfahr-Begeisterten eine schöne Möglichkeit für letzte Fahrbilder aus dem offenen Fenster. Die Bahn schraubt, und schraubt, und schraubt, bis es dann doch leider zu Ende ist mit dem Kreisviadukt und kurz drauf fahren wir bimmelnd über den Kirchplatz von Tirano und in den kleinen hübschen Bahnhof ein. Wir sind angekommen.

Im beschaulichen Tirano

Tirano In Tirano gönnen wir uns erst mal ein schönes Mittagessen, beziehen unser Zimmer und machen dann einen Spaziergang durch die Stadt. Es gibt den Bahnhof, eine Hauptstraße mit schönen Bäumen, leider noch kahl, einen Platz mit einer barocken Kirche, über den immer mal wieder die Rhätische Bahn fährt. Es ist überaus beschaulich, wir sitzen am Platz bei der Kirche und trinken einen Cappuccino, knipsen ab und an die Bahn, die sich durch nettes Bimmeln ankündigt und mitten über den Platz fährt. Rundherum leuchten die schneebedeckten Berge während hier im Tal schon frühlingshafte Temperaturen herrschen. Abends genießen wir ein italienisches Essen im Hotel.

Am nächsten Morgen haben wir jede Menge Muße, spazieren wieder durch den Ort, sitzen lange in der Sonne, genießen die Frühlingsgefühle bis wir um 14:00 wieder den Bernina-Express besteigen.

Heimfahrt

Und wieder über die Pässe zurück - Die Heimfahrt

Der Weg zurück führt uns wieder über Bernina und Albula, dieselbe Stecke, aber um nichts weniger spannend. Der Zug ist leerer, ich erwische ein offenes Fenster aus dem sich prächtig fotografieren lässt. All die Höhepunkte kommen nun noch einmal vorbei, können noch einmal erlebt und gebührend bewundert werden. Allmählich sinkt die Sonne tiefer, länger werden die Schatten, die Rückseite des Albula ist schon in stahlblaue Töne getaucht, dunkelgrau darin eingebettet die Mauern der Viadukte. Ein letztes Mal sehen wir den Glanz der sinkenden Sonne auf den Bergspitzen, dann laufen wir auch schon in Thusis ein, nach einem wunderschönen Erlebniswochenende mit der Rhätischen Bahn.


Roundup: Tips und Links

Bernina Express

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