A-Way to Sicily: Durch den Stiefel nach Sizilien - Die Zweite

mehr Fotos in der Bildergallerie ...
Gut fünf Jahre nach meiner ersten Tour durch den Stiefel nach Sizilien kommt es zur Wiederholung, bei der so vieles anders ist. Diesmal starte ich nicht im März, wo es unterwegs in den Abruzzen und auch auf den Sizilianischen Bergen doch noch ganz schön frisch war, sondern im Juni, was sich als hervorragende Reisezeit erweisen sollte. Auch fahre ich nicht allein sondern im bereits bewähren Duo mit Jens.

... mehr Fotos in der Bildergalerie

Etappen

Blumenwiese

1. Tag: St. Gallen - Prato (645 km)

Früh am Morgen brechen wir von St. Gallen auf, der Morgen ist frisch, im Rheintal hängen noch hier und da die Schauer der Nacht. Wir setzen uns auf die Bahn, möglichst rasch in den Süden ist die Devise, hier sind wir ja öfter unterwegs, Autobahn über Chur, durch den San Bernadino Tunnel. Auf der anderen Seite wird es bei der Abfahrt nach Bellinzona allmählich wärmer, auch hier ist noch bekanntes Terrain. Per Autostrada geht es vorbei an Mailand und endlos gerade Richtung Bologna. Bis hierher war es eher stressig, viel Verkehr, die italienische Fahrweise ist für uns noch ungewohnt, ungerührt von anderen Verkehrsteilnehmern ziehen die Italiener plötzlich raus oder scheren nach dem Überholen ohne viel Aufhebens um Abstand knapp vor einem rein. Ich spechte wie ein Adler nach diesen Situationen, derweil die Geschwindigkeitsbegrenzungen zunehmend ihre Bedeutung verlieren, es schein sich eh keiner darum zu scheren. Ich bin froh als wir bei Modena die Autobahn verlassen. Ab hier geht weiter per Landstraße, der Urlaub fängt an.

Blick auf Maranello Zufällig ist Maranello unser Einstieg in den Appenin, ganz ungeplant fahren wir direkt vor den Werkstoren der Scudaria Ferrari vorbei. Dann geht es hinauf und hinein ins Gekringele. Eine massive Häufung von dynamischen Motorradfahrern kündet davon, dass dies die lokale Moped-Rennstrecke ist (erst SP3, dann SS12). Eine Kurve jagt die nächste, ohne Ende, zum Schwindelig-Werden, alle sehr eng, teils zuziehend. Leider gibt es auch viele Ortsdurchfahrten, Tempo 50 und mehr als einmal liegt die Polizei auf der Lauer, auch der Belag lässt zu wünschen übrig. Vielleicht war es auch einfach nicht mein Tag. Wir schrauben uns ganz schön hoch, bei Abetone sind wir fast auf 1400 Meter, die Berge um uns über 2000.

Bei Pistoia kommen wir aus den Bergen raus, vor uns liegt die dicht besiedelte Ebene von Florenz, wo wir in nicht allzu großer Entfernung ein Hotel gebucht haben. Es sind nur noch 20 Kilometer bis dorthin, diese aber gestalten sich zur Irr- und Wirrfahrt und bestimmt zur doppelten Länge. Etwas entnervt aber dann doch endlich kommen wir zu unserem Domizil, ein gediegenes Hotel, wo wir unser erstes italienisches Dinner genießen.

2. Tag: Prato - Assisi (280 km)

Blick auf die Dächer von Gimignano Kurz nach neun brechen wir bei schönstem Wetter auf. Es ist Sonntag und viele Radfahrer sind unterwegs. Kurz vor San Gimignano geraten wir sogar in ein waschechtes Radrennen. Mit der Führungsgruppe fahren wir fast bis Ortseingang San Gimignano mit, ein Gefühl wie Motorrad-Reporter bei der Tour de France. Unterwegs Toskana-Landschaft wie aus dem Bilderbuch, Hügel soweit das Auge reicht, gekrönt voneinsamen Gehöften oder kleinen Städtchen, durchzogen von Alleen der dunklen kerzengeraden Zypressen.

San Gimignano ist trotz aller Touristen beschaulich. Wir parken direkt vor dem Stadttor, wandeln durch ide mittelalterlichen Gassen, staunen über die ungeschlachten Geschlechtertürme, dem Wahrzeichen San Gimignanos, und erklimmen den Campanile. Vor dort oben haben wir einen prachtvollen Blick auf die Dächer und Türme der Stadt und die toskanische Landschaft drum herum. Laut läuten noch die 12-Uhr Glocken gleich neben uns, dann steigen wir wieder ab, machen Mittag bei toskanischer Wurst und Käse, dazu das obligate große Wasser, das verzischt kaum dass wir es trinken.

Auf dem Weg nach Siena findet Jens schöne kleine Straßen, viele runde Kurven, diesmal mit gutem Belag, meine Linie passt auch wieder und es macht so recht Spaß. Ab Siena übernehme ich, SS2 Richtung Süden, vorbei an Montepulchiano, das dominant auf dem Berg dräut. Und dann aber flott über Perugia nach Assisi, das beeindruckend cremefarben hell mit stattlichen Bauten im Hang über der Ebene hängt. Wir schrauben uns hoch zur Altstadt und siehe da, geradewegs treffen wir auch unser Hotel. Beim heiligen Franzel in Assisi

Schnell duschen wir und ab geht es in die Altstadt, das letzte Licht des Tages auszunutzen. Tatsächlich liegt der Glanz der letzten Strahlen der untergehenden Sonne noch auf der Stadt, der hellen Kalkstein der Gemäuer leuchtet in ihrem warmen Licht. Zum Glück können wir gerade noch in die Kirche des heiligen Franziskus huschen und die Fresken und das Chorgestühl bestaunen, bevor die Padres, lauter braun gekuttete Kopien von Franzl, hinter uns die großen Türen schließen. Es ist Vorsaison, die Stadt noch nicht voll von Touristen, viele Restaurants sind noch geschlossen, aber deshalb ist wohl auch die Stimmung so entspannt. Beschaulich ist es, auf den Plätzen zu sitzen und von den Mauern in die weite idyllische Eben unter uns zu blicken, über die sich langsam die Dämmerung legt und wo spät am Abend extra für uns ein Feuerwerk bunte Sträuße in den Himmel schickt, wiewohl es wegen der Entfernung mit der Sound-Synchronisation nicht so ganz klappen will.

3. Tag: Assisi - Cassino (370 km) - Durch die Abruzzen

In den Abruzzen Assisi - Spoleto - Rieti - L'Aquila - Rocca di Cambio - Celano - Gole di Sagittari - Opi - Sora - Cassino

Relativ rasch düsen wir nach L'Aquila mit einer hübschen kleinen Umgehung von Terni per kleine Straße durch die Berge. Dann geht es hinein in die Abruzzen, kringelige Straßen vom feinsten. Wo vor fünf Jahren, als ich gegen Ostern schon einmal hier vorbeigekommen bin, Winter war, ist jetzt Frühling, die Kirschblüte ist gerade zu Ende, alles atmet angenehme Frische, die Landschaft ist prachtvoll. Bei Sora verlassen uns allmählich die Kräfte und wir nehmen bis Cassino die Schnellstraße. Wunderschöne Landschaft umher, hoch im Hintergrund die Abruzzen, deren Vorberge gekrönt mit alten Städtchen. Kurz vor Cassino kommt Monte Cassino in Sicht, das Kloster hoch über der Stadt wie ein Adlerhorst auf der Spitze einer hohen grünen Pyramide. Morgen werden wir es uns anschauen.

4. Tag: Cassino - Agropoli (255 km)

Monte Cassino Morgens wuseln wir durch Cassino bis wir den Weg zur Abtei Monte Cassino finden. In schönen Kurven und Serpentinen ist die Straße in den Hang gelegt, mal fällt der Blick auf Cassino tief unter uns, mal zeigt sich hoch über uns das Kloster. Oben angekommen nehmen wir uns eine Stunde Zeit um durch die wunderschönen Höfe zu streifen, die mit vielen Bögen und Säulen immer wieder neue idyllische Perspektiven bieten und einen bogengesäumten gigantischen Blick auf das Tal und die umliegenden Berge schenken. Schade dass es etwas diesig ist.

Die Kirche ist ein Rausch in buntem Marmor und Goldstuck. Mir gefallen vor allem die überreichen Marmor-Intarsien, die den Boden, die Säulen und besonders kunstvoll die zahlreichen Seitenaltäre schmücken. Die Krypta hat wundervolle Mosaike und ägyptisch anmutende Reliefs zu bieten. Der Sternenhimmel und der Christus im Baum haben mich vor allem beeindruckt.

Dann aber flott auf die Motorräder, runter zur Autobahn und gen Napoli, wo ich mich natürlich einmal im Autobahngewirr verfranse. Die Ausfahrt zum Vesuv treffe ich aber dann mit schlafwandlerischer Sicherheit. Durch die Vororte Neapels brausen wir den Berg hinan. Neapel scheint ein generelles Müllentsorgungsproblem zu haben. Überall türmen sich Plastiktüten mit Müll und riechen wenig anheimelnd. Weiter oben lässt der Müll nach und in engen Kurven und Tornati geht es hinauf, eigentlich viel zu eng für die großen Touristen-Busse, die sich hier in Massen nach oben quälen. Trotz intensiven In-die-Kurve-Schauens stehe ich plötzlich einem solchen großen Monster in der Kehre direkt vor dem Kühlergrill. Zum Glück waren wir langsam und ich kann hier rückwärts laufen lassen. Wenn ich nachher von oben komme, funktioniert das so nicht mehr.

Vesuv Der Vesuv ist wolkenverhangen, am Ende der Straße stapeln sich Busse und Touristen auf dem Parkplatz. Jens raucht noch eine mit dem Vesuv, dann verziehen wir uns zwei Kehren tiefer in eine Haltebucht, wo man ohne Rummel einen schönen Blick auf den alten zackigen Kraterrand sowie einen etwas neueren hellgrauen Lavastrom hat. Dann wieder rasch zur Autobahn, die Müllhaufen und ihr Geruch machen die wenigen offenen Restaurants eh nicht gerade einladend.

Entspannung Auf der Autostrada und der SS18 ab Battipaglia herrscht wieder italienischer Kamikaze-Fahrstil. Wenn ich denke, ich fahre schon schweinzig, d.h. italienisch angepasst, werde ich immer noch von aufgebrachten Autofahrern überholt, geschnitten usw. Na ja, vielleicht immer noch nicht adaptiert genug. In Italien verliert man bald jedes Gefühl für irgendwelche Beschränkungen, sein es Geschwindigkeit, Überholen oder sonst was.

Zeitig erreichen wir Agropoli, wo wir zielsicher durch kleine Straßen, Gassen und Feldwege zu unserem Hotel im Hang mit Blick aufs Meer inmitten von Olivenhainen geleitet werden. Herausfordernd sind der Zustand sowie die Steigung der letzten 500 Meter, aber das schöne wie edle kleine Hotel ist es allemal wert.

5. Tag: Agropoli - Milazzo (432 km)

Küstenstraße Heute wollen wir bis Sizilien, eine längere Etappe. Bis zur Fähre führt uns über 400 Kilometer die SS18 mehr oder weniger immer an der Küste entlang. Die wunderschöne Strecke, wo die SS18 in den Fels der Steilküste gelegt ist, Küstenstraße wie aus dem Bilderbuch, die ich vor fünf Jahren gefahren bin, ist leider gesperrt. Die Umleitung durch die Berge, erst auf einer kleinen gelben, dann auf der roten SS585 ist aber auch sehr schön zu fahren. Flott geht es dahin, der Verkehr hält sich in Grenzen, bis zu der Stelle, an der sich die SS18 von der Küste löst und eine Wölbung der Stiefels abschneidet. Wir müssen jetzt kleinkringelig bei viel Verkehr in die Berge hoch, mehrere wuselige Ortsdurchfahrten ziehen sich zäh, bis wir in Bagnara wieder in engen Kurven und sich überschneidenden Achtern hinunter ans Meer kommen.

Das "Durchfahrt Gesperrt" Schild an der Küstenstraße trifft uns hart, sollen wir etwa gar wieder hochfahren müssen - nein danke. Ich befrage einen Einheimischen zur Ernsthaftigkeit der Sperrung, da dort etliche Autos rein und raus fahren. Er meint, wir sollten doch einfach auch fahren, vielleicht sei ja gar nix, ich würde es dann schon sehen. Recht hatte der Mann, es war gar nix. Noch ein kurzer Fotostopp bei Scilla, und schon bald reihen wir uns in Villa San Giovanni in die Schlange vor der Fähre nach Messina ein. Der Ort Scilla ist nach dem Meerungeheuer Skylla benannt, das zusammen mit Charybdis die Meerenge von Messina zu Zeiten von Odysseus unsicher machte.

Es ist erst sechs Uhr abends und ich freue mich schon, nicht zu spät in Milazzo anzukommen. Na Pustekuchen, die Fähre braucht über eine Stunde bis fertig geladen ist und wir endlich drüben auch wieder runterfahren können. Dann verfranse ich mich grandios in Messina, finde die kürzere SS 113 nicht und lande auf der kringeligen SS 113 DIR, die als kleine gelbe Straße ganz um den Ostzipfel herumführt. Was normaler Weise eine schöne Tour gewesen wäre, artet zur Quälerei aus. Jens hat sich einen Schnupfen gefangen und ist schon völlig fertig und frustriert hinter mir, es wird dämmrig und dann dunkel, und viele der zahlreichen Ortsdurchfahrten sind so verstopft, dass man schier nicht voran kommt, von den Autos, die von rechts und links plötzlich in den Weg schnippen ohne Rücksicht auf irgendwelche Vorfahrtsregeln, und den Kamikaze-Rollerfahrern, die durch das Chaos rechts und links an uns vorbei wuseln, mal ganz zu schweigen. Endlich sehen wir in der Ferne die Lichter einer größeren Stadt, ich bete, dass es Milazzo ist, und tatsächlich eine halbe Stunde später sind wir da. Nach zwei Runden durch die Innenstadt habe ich auch unser Hotel gefunden, wo die Mopeds in der Garage Platz finden und die Fahrer eine Dusche bekommen.

Es ist etwas spät, 21 Uhr, eigentlich gar nicht so schlimm, aber wir sind schlags kaputt, vor allem Jens mit seiner Erkältung. Um die Ecke in der Tratoria finden wir noch etwas zu essen, ein paar Bier und Grappas und lassen uns dann wie tot ins Bett fallen.

6. Tag: Milazzo

An unserem ersten Tag auf Sizilien gibt Jens ganz auf noch Moped zu fahren, auch wenn der Ätna ruft. Er bleibt im Bett will sich auskurieren. Wie gut dass ich hier zwei Tage gebucht habe. Da auch das Wetter nicht zum besten ist, am Morgen geht ein großes Gewitter nieder, ist klar, dass auch ich nicht Moped fahren werde. Na ja, dann eben Erholungstag für Jens, der fast den ganzen Tag schläft, während ich unseren Ausflug nach Stromboli organisiere. Abends geht es ihm zum Glück wieder besser, das läßt für den nächsten Tag hoffen.

7. Tag: Milazzo - Stromboli

Stromboli Heute können wir ausschlafen, die Fähre nach Stromboli geht erst nach Mittag. Immerhin haben sich die Wolken etwas verzogen, über dem Meer hängt ein großer blauer Himmel. Endlich geht es mit dem flotten Aliscalfi, dem Flügelboot, los. Spannend ist es, als die erste äolische Insel Vulkano in Sicht kommt. Die Insel macht ihrem Namen alle Ehre, es qualmt aus dem Berg und der Schwefelgeruch ist unverkennbar. Stopp und Umsteigen in Lipari, dann kommt schon der symetrische Kegel des Stromboli in Sicht.

Stromboli Wir landen, checken in unserem Hotel am Strand ein und eilen auf den Dorfplatz, wo gerade eine Gruppe zum Besteigen des Vulkans im Aufbruch ist. Rasch buchen wir bei Magmatreck und schließen uns an. Leider hat sich der Vulkan wegen der größeren Lavaflüsse vor zwei Wochen den Schlund verstopft und zeigt nicht die gewohnten rhythmischen Ausbrüche. Wegen der Explosionsgefahr ist auch der Gipfel oberhalb von 400 Metern gesperrt. Trotzdem lohnt sich die Wanderung, allein schon wegen der prachtvollen Vegetation: grau-grüne Büsche von Wehrmut duften würzig, Wogen von zarten Zistrosen-Blüten in Weiß und Rosa bedecken die Hänge, Kapern blühen verspielt und überschwänglich. Dann kommen wir auch an die beeindruckende Flanke und bestaunen die alten grauen und neuen tiefschwarzen Lavaströme. Hoch über uns raucht und dampft es am Kraterrand. Ein bisschen Show ist es dann aber schon, als wir hier unsere bunten Bauarbeiter-Helme zum Schutz vor möglichen Salven aus dem Vulkan aufsetzen müssen. Die vulkanischen Bomben, die wir zuvor auf unserer Wanderung bestaunen durften, waren Brocken, so groß wie Wassermelonen bis hin zu Kinderwägen, und haben Krater von mehreren Metern Durchmesser hinterlassen. Da würde so ein Plastikhelm auch nicht mehr helfen.

8. Tag: Stromboli - Siracusa (240 km)

Ganz früh stehen wir auf um kurz nach sieben die erste Fähre zurück nach Milazzo zu erreichen. Aufgeräumte lebhafte Stimmung herrscht im Hafen-Cafe, wo wir einen Kaffee in der Morgensonne trinken. Stromboli stößt zum Abschied wie auch schon bei der Ankunft ein großes braun-rosa Wölkchen aus, eifrig geknipst und aufgeregt kommentiert von den Touristen an Bord. Der Weg zurück führt wieder über Lipari und Vulcano. Das Wetter ist gut, aber ich beobachte argwöhnisch eine dicke Regenwolke hinter Milazzo an den Bergen.

Auf dem Weg zum Etna Nach einem Kaffee im Hafen packen wir unsere Mopeds, die derweil in der Hotelgarage auf uns gewartet haben, und fahren los. Die Regenwolke lassen wir zum Glück links liegen, wir bringen einige nervige Stadtdurchfahrten hinter uns, dann geht es ab in die Berge Richtung Ätna. Die Straße macht Laune, viele schöne Kurven, guter Belag, wenig Verkehr. Weiter oben wird es frischer und es zieht sich zu. Bis 1125 Meter geht es hinauf zur Puerta Nadrazzi, kurz dahinter kommt der Ätna in Sicht, leider die obere Hälfte ungnädig in Wolken gehüllt, so dass wir seinen gewaltigen Anblick gar nicht in Gänze würdigen können.

Etna Nord Die Straße nach Ätna Nord ist wieder super zu fahren. Weiter oben kommen wir an die Lavafelder. Wir fahren den Stich nach oben hoch und haben Glück, eine Wolkenlücke enthüllt den schneebedeckten Gipfel. Bald darauf auf dem Weg nach Etna Süd liegt plötzlich feine schwarze Asche in Streifen am Straßenrand, mal auch auf dem Mittelstreifen, besser man fährt in Schräglage dort nicht rein. Trotz tiefer Wolken und etwas frostigen Temperaturen ist es schön, interessant der Kontrast zwischen frischem Grün und den Grau- bis Schwarz-Tönen von älteren und neueren Lavaströmen. Bei Etna-Süd liegt die Straße in großzügig geschnittenen Schleifen in einen alten Lavafluss eingebettet. Wir sind direkt an der Wolkengrenze, unter der man im Osten die Küstenstädte in der Sonne glänzen sieht mit dem blauen Meer dahinter. Da Richtung Etna alles im Nebel ist, verzichten wir darauf weiter hinauf zu fahren und zirkeln wieder hinab bis Nicolosi.

Ab dann drücken wir aufs Tempo, um rasch nach Syrakus zu kommen. Die Zeit reicht auch gerade eben noch für Einchecken, Duschen und einen ersten Stadtrundgang bei Sonnenuntergang. Es ist Samstagabend, alle sind mit Kind und Kegel auf den Beinen, die Frauen aufgeputzt, alles flaniert oder isst riesige Eisportionen in dem Eiscafe, wo wir als letzte Amtshandlung des Tages noch einen Gutenachttrunk zu uns nehmen.

9. Tag: Siracusa - Noto - Pantalica - Siracusa (143 km)

Noto Prachtvolles Wetter am Morgen, bestens für unseren kleinen Ausflug in die Umgebung zur Pracht des Barocks nach Noto und in die karstige Einsamkeit der Nekropole Pantalicas. In Noto ist großer Auftrieb, wir sind grade zum Frühlingsfest gekommen. Polizei leitet uns zum Parken in ein Stadion, direkt neben der Altstadt. Dort treffen wir auf großen Rummel, buntes Treiben, laute Musik des Frühlingsfests und die überschäumende Barockpracht der Altstadt, die sich in jedem Wohnhaus, Palazzo, Kirche und Platz manifestiert. In einer Seitenstraße haben sich riesige Menschenschlangen entlang des exorbitanten Blütenteppichs mit elaborierten Bildern gebildet, der die gesamte Straße bedeckt. Aus einer Bar in der Ecke eines Platzes lässt sich das Treiben ruhevoll betrachten, derweil ich einen dieser leckeren Reisklöße mit Bolognese-Füllung verdrücke.

Pantacalia Dann fahren wir weiter nach Norden, durch karstige Landschaft, viele Blumen schmücken die Straßenränder, weite Blicke bieten sich in über das Land. Erstaunlich flott geht es voran, dann navigiere ich auf kleine und kleinste Straßen bis zu dem kleinen Stich nach Pantalica. Tiefe Täler schneiden sich plötzlich in die Kalkfelsen, immer neue Blicke bieten sich auf die Canyons unter uns. Am Ende der Straße führt ein schmaler Pfad um einen Felsen und wir blicken auf unzählige Grabhöhlen in der Bergwand gegenüber, schwarze Rechtecke in den hellen Fels geschnitten. Ein idyllischer Ort für eine Gräberstätte, unzählige Blumen blühen, ein malerisches Tal und wegen seiner Abgeschiedenheit auch kaum besucht. Das Gebiet der Nekropole ist riesig, wir sehen hier nur einen kleinen Teil davon, was für einen Ausflug in Motorrad-Klamotten aber auch völlig ausreichend ist. Hoch zufrieden mit der Tour und den schönen Eindrücken im Kopf fahren wir nach Syrakus zurück.

Syrakus Für Syrakus haben uns den Nachmittag reserviert und endlich genug Muße, diese wunderschöne Stadt zu erkunden, durch die vielen engen Gassen mit den barocken Balkonen zu laufen und die Seepromenade entlang zu flanieren. Der erste Gang gilt dem Dom, der inmitten des Gassengewirrs liegt. Der Domplatz öffnet sich überraschend groß, prachtvolle repräsentative Barockbauten ringsherum, dominierend aber ist der Dom selbst. Obwohl er vorne eine mächtige Barockfassade hat, sieht man an der Seitenmauer seine Geschichte als Abfolge der Zeiten. Er steht auf dem Fundament eines alten griechischen Tempels, die dorischen Säulen sind in die Seitenwand eingearbeitet, aber deutlich sichtbar von innen wie von außen und das beeindruckenste Element des Baus. Innen verstärkt sich der Eindruck, die mächtigen Säulen dominieren die Seitenschiffe, dazwischen sind wie ganz natürlich die Seitenkapellen platziert.

Wir flanieren noch eine Weile, genehmigen uns einen Bier auf dem Platz des Archimedes und beschließen den Abend mit einem feinen Essen und einem Abendtrunk im Eiscafe.

10. Tag: Siracusa - Siculiana (246 km)

Blumen am Wegrand Heute verlegen wir nach Siculiana bei Agrigento und wollen uns auf dem Weg dorthin noch die Villa Casale in Piazza Ameria anschauen. Dorthin geht es über flotte gut ausgebaute Straßen, wieder viele bunte Blumen am Straßenrand, teilweise wuchern sie so auf die Straße, dass sie den Verlauf der Kurven verbergen. Mehr als einmal zieht sich eine Kurve für mich unerwartet zu, aber ich bin heute auch nicht richtig fit. Ganze Batallione von Agapantus stehen blühend am Straßenrand. Wir fahren über hügliges Land, immer wieder bieten sich weite Blicke über die großen Felder des Landesinneren.

Jens fährt vor, manchmal einen Extrakringel durch eine Stadt, wenn der Verlauf der Hauptrichtung nicht mehr erkennbar ist, bzw. die Beschilderung zu wünschen übrig lässt. Ein lustiger Kringel durch die engen Gassen von Piazza Ameria erinnert mich an unsere Durchfahrt von Arcos de la Fronterra. Dann sind wir aber schon fast an der Villa bzw. den Mosaiken und stärken uns mit einem guten wie preiswerten Essen im Landgasthaus für die Besichtigung.

Villa Casale Von der römischen Villa steht noch erstaunlich viel, zu Recht berühmt aber ist sie wegen der vielen großartigen und sehr gut erhaltenen Mosaike. Diese sind wirklich überaus prachtvoll. Überall wird auch an ihrer Restaurierung gearbeitet, etwa mit der Zahnbürste die Steinchen gereinigt oder auch versonnen die Bruchstücke von Marmor-Intarsien zusammengepusselt. Danach drängeln wir uns durch das Chaos der parkenden, abfahrenden und ankommenden Busse, finden gerade noch eine Lücke und brausen gen Agrigento davon.

Das Tal der Tempel grüßt dort zur Rechten, ein schneller Blick dorthin, aber das ist ja für morgen mit mehr Zeit vorgesehen. Wir fahren weiter nach Siculiana, wo wir unseren Agrotourismo, die Villa Capo hoch im Hang über einem Olivenhain rasch finden, eine idyllische Villa, wo wir in einem umgebauten Stall einquartiert werden. In der riesigen Tratoria unterhalb der Villa sind wir um halb acht noch ganz allein, Sizilianer gehen eben später essen. Auf dem Weg zurück in der Nacht zirpen die Grillen und in der Ferne geben Frösche ein Quak-Konzert.

11. Tag: Siculiana - Agrigento - Sciacca - Siculiana (133 km)

Tal der Tempel Wir frühstücken auf der Terrasse in der Sonne, beim Gezwitscher der Vögel. Dann ist griechische Kultur angesagt, wir besichtigen das Tal der Tempel vor den Toren Agrigents. Eigentlich müsste es Hügel der Tempel heißen, denn auf einem abfallenden Hügel liegen die einst prachtvollen Tempel aus dem 6. bis 5. Jahrhundert vor Christus, in sehr gutem Erhaltungszustand bis hin zum völligen Trümmerfeld. Eine riesige beeindruckende Anlage, vor allem mit dem fast komplett stehenden Concordia-Tempel, der seinen Erhalt dem Fakt verdankt, dass er mehrere Jahrhunderte als christliche Kirche gedient hat. Zwei Stunden stiefeln wir in diesen Zeugnissen einer großen Vergangenheit umher, dann lassen wir uns erschöpft in der Bar nieder und eilen dann zurück zur Siesta nach hause.

Castello Incantabile Als Nachmittagsprogramm steht das verwunschene Schloss - Castello Incantabile - in Sciacca auf dem Programm. Die 40 Kilometer bis dort hin sind auf der breiten Küstenstraße rasch gefahren, die Suche nach dem Schloss gestaltet sich aber zur Geschicklichkeitsprüfung in der engen Altstadt am Berg mit ihren steilen Kehren, Einbahnstraßen und Sackgassen. Als wir endlich vor der Burg stehen, zu der uns die Einheimischen geschickt hatten, ist sie für Publikum nicht zugänglich. Handelt es sich wohl tatsächlich um ein verwunschenes Schloss? Nein, die Einheimischen kennen nur ihre Burg im Zentrum der Altstadt auf dem Berg. Das Castello Incantabile wollen nur die Touristen sehen, es ist auch keine Burg oder Schloss und befindet sich überhaupt ganz wo anders. Beim Rausfahren aus der Stadt sehen wir dann doch tatsächlich Hinweisschilder, die uns zu einem Garten am Hang führen. Dort stehen entlang gewundener Wege zwischen Olivenbäumen hunderte von kleinen bis größeren Steinköpfen, einzeln und in Gruppen. Für sich genommen ist keiner der Köpfe besonders sehenswert, aber der Gesamteindruck ist doch etwas Besonderes, etwas Wunderliches. Der Künstler muss allerdings auch wirklich selbst etwas wunderlich gewesen sein.

Das war der letzte offizielle Programmpunkt des Tages. Nach einem Wasser und einem Eis auf dem Dorfplatz brausen wir nach Hause zu unserem Agrotourismo und der riesigen leeren Tratoria, die uns als wunderliche Früh-Ausgeher ja schon kennen.

12. Tag: Siculiana - Palermo (143 km)

Weites Land Unser letzter Tag auf Sizilien bricht an. Schade dass wir unsere Beschaulichkeit der Villa Capo im Hang über dem Meer verlassen müssen. Wir brausen bei schönstem Wetter über die rote Küstenstraße gen Nordwesten um so schnell wie möglich unser erstes Ziel Segesta zu erreichen. Bei Sciacca drehen wir Richtung Norden ab. Weite hügelige Landschaft, oft ganz ohne Baum und Strauch, goldene Weizenfelder mit eingestreuten rot blühenden Kleefeldern, wieder viele Blumen am Straßenrand. Gleich bei der Abfahrt von der großen auf eine kleine Straße bremst uns eine Schafherde aus, die über die Straße getrieben wird.

Segesta Erfreulich früh kommen wir in Segesta an, die vielen Reisebusse künden von der touristischen Bedeutsamkeit des griechischen Tempels. Zum Glück ist Vorsaison und der Rummel hält sich in Grenzen. Auf dem Hügel über dem Parkplatz erhebt sich der Tempel, eine eindrucksvolle archaische Form mit dem komplett stehenden äußeren Säulenumgang. Innen ist der Raum leer, gefüllt von der Bläue des Himmels und Vogelgezwitscher. Anders als in Agrigent können wir hier überall herumspazieren, die Erhabenheit der dicken, noch unkannellierten Säulen mit dem warmen Ockerton des Kalksteins auf uns wirken lassen.

Nach einer Erholungspause und den obligaten Unmengen von Wasser entschließen wir uns, auch noch das Amphitheater zu besichtigen. Ein Bus bringt uns die zwei Kilometer auf den Berg hinauf, die vielen Kehren geben immer wieder einen schönen Blick auf den Tempel tief unter uns. Von der einstigen Siedlung sind viele Mauern zu sehen, bei weitem aber am beeindruckensten ist das in den Hang gelegte Amphitheater mit dem grandiosen Blick auf die raue Berglandschaft umher.

Monreal Unser letztes Besichtigungsziel für heute und den Urlaub ist Monreal, ein kleiner Ort in den Hängen oberhalb von Palermo mit einem bekannten Normannen-Dom mit angegliedertem Kloster. Die Straße dorthin führt durch karge Berge, dann plötzlich ist der Blick frei zur Küste, wo sich vor dem blauen Meer Palermo als riesiges Häusermeer ausbreitet. Mit etwas Mühe und der freundlichen Hilfe eines Sizilianers, der uns das Geleit gibt, finden wir den Dom von Monreal. Der erste etwas raue Anblick von außen lässt nicht ahnen, welche Pracht uns im Inneren erwartet. Über weißem Marmor mit bunten Schmuckbändern aus Mosaik in orientalischem Stil sind die Wände und Gewölbe komplett mit Mosaiken auf Goldhintergrund geschmückt, jede Fläche, jeder Pfeiler, jede Nische erzählt eine Begebenheit aus dem alten oder neuen Testament mit großer Ausdruckskraft. Darüber liegt ein prächtiges, grün-, rot- und gold-bemaltes Dachgebälk. Der Eindruck ist überwältigend. Gleich zweimal werfe ich einen Euro zur Beleuchtung der Mosaike ein. Dann wird die große schwere Bronze-Tür, die Paradies-Tür, geöffnet, Brautjungfern erscheinen, ein Hochzeitszug formiert sich. Wir warten noch die Orgelbegleitung zum Einmarsch des Brautpaars ab, dann überlassen wir die Kirche der Feiergesellschaft.

Monreal Wir besichtigen den Kreuzgang des Benediktiner-Klosters direkt neben der Kirche, ein großes Geviert, der Kreuzgang heiter durch die schlanken Säulenpaare aus hellem Marmor, die teils fein ziseliert, teils wie schon die Wände der Kirche mit eingelassenen arabischen Mosaiken aus schwarzen, roten und goldenen Steinen in wechselnden Mustern geschmückt sind. Die Kapitelle sind fein gearbeitet, alles atmet Leichtigkeit und Lebensfreude. Zum Abschluss bestaunen wir noch die mit prächtigen Einlegearbeiten aus schwarzer Lava dekorierte Außenfassade der Apsiden, ein Irrgarten aus Mustern und sich durchdringenden Bändern.

Dann schwingen wir uns wieder auf die Maschinen und es geht hinab ins pralle Leben und vor allem ins Verkehrschaos von Palermo. Kurz hinter dem Ortseingangsschild Palermo umschließt uns ein Strom von Autos, Bussen und Rollern, die sich durch das Ganze und rechts und links um uns herum wuseln. Es hätte so einfach sein können, eine große Straße zum Meer, links auf die breite Straße entlang der Bucht und schon ist man am Hafen zum Einschiffen. Im Prinzip hätte es so sein können, aber zum einen liegt die Innenstadt zwischen uns und dem Meer, und dann ist da noch das Heer der Vier- und Zweirädrigen Fahrzeuge, das ohne erkennbare Regeln durch die engen Straßen brandet. Endlich, nach vielen Links-Rechts-Links Kombinationen, einer überhitzten Batterie und zwei überhitzten Fahrern treffen wir endlich im Hafen zum Einschiffen ein. Unsere Fähre steht schon bereit, es dauert aber noch anderthalb Stunden bis alle Lastwagenhänger entladen sind und wir dann endlich an Bord fahren können. Ein schönes Gefühl dann geduscht und umgezogen mit einem kühlen Bier den Antipasti im Bordrestaurant entgegen zu blicken.

Der Abschluss

Den nächsten Tag faulenzen wir an Bord, strecken die Nase in den Wind, sonnen, schauen aufs Meer und betrachten wie die Inseln Monte Christo und Elba am Horizont auftauchen und vorbeiziehen, lassen die Seele baumeln. Gegen Abend legen wir in Genua an, fahren noch 200 Kilometer bis wir unser in unserem Quartier für die Nacht kurz vor Aosta beziehen. Der Weg zurück führt über das Saarland, die Hochzeit meiner Cousine will gefeiert werden, dann geht es bekannte Wege endgültig Richtung Heimat, durch Lothringen und über die Vogesen, über den Rhein und durch den Schwarzwald. Bei Donaueschingen trennen sich unsere Wege und Jens fährt Richtung Süden nach St. Gallen, ich Richtung Osten nach München. Ich komme zuhause an, 4500 Kilometer mehr auf dem Tacho und um viele schöne Eindrücke reicher.


Roundup: Tips und Links

Muster in Monreal

[CT's Virtual Home] [Top] [Sitemap] Contact for this page: Claudia Traving, E-Mail: claudia@traving.com