Über Alpen und Pyrenäen nach Asturien an Spaniens grüne Nordküste

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Diesmal war es nicht die heiße Sonne in Zentral- und Südspanien, sondern Spaniens üppiger grüner Norden, der uns gelockt hat. Und auch hier ist die allgegenwärtige Geschichte Spaniens präsent. Die schroffen Berge Asturien waren die letzte Bastion der Westgoten gegen die maurische Eroberung Spaniens und von hier startete die 700 Jahre dauernde Reconquista.

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Reiseabschnitte und Stationen

Romantischer Stellplatz in Cuerres

Tag 0: München – St. Gallen: 330 km

Es geht los. Freitagmittag nach einem kurzen Arbeitstag starte ich voller Vorfreude Richtung Spanien. Wie passend, dass Sankt Gallen hier gerade auf dem Weg liegt, das wird die erste Station. Und natürlich fahre ich die schöne Strecke durchs Lechtal, über den Hochtannberg-Pass, Faschina-Joch, Großes Walsertal und über Altstätten und Ruppenpass (siehe "Die schönsten Touren zwischen München und Sankt Gallen - Die Südliche ..."). Das Wetter passt, die Linie leider nicht wirklich, aber ich habe auf dem Weg gen Süden ja jede Menge Gelegenheit daran zu arbeiten.

Tag 1: St. Gallen - Bourg St. Maurice hinter dem großen und kleinen St. Bernhard: 485 km

St. Gallen - Chur - Dissentis - Oberalp Pass - Furka Pass - Wallis - Martigny - Großer St. Bernhard - Kleiner St. Bernhard - Bourg St. Maurice

Abfahrt vom großen St. Bernhard Nachts regnet es, ich bin aber optimistisch. Morgens tröpfelt es beim Aufbruch, bis Chur ist der Himmel auch recht düster verhangen, aber ab Dissentis sieht es schon etwas besser aus und nach Oberalp- und Furka-Pass ist es dann recht sonnig und schon etwas wärmer. Die Fahrt durch das Wallis zieht sich wie immer, bis ich endlich in Martigny zum Großen Sankt Bernhard in die Berge abbiege. Bis weit hinauf ist die Straße gut ausgebaut und flott zu fahren, ab dem Abzweig vor dem Tunnel wird es schmaler und ganz schön hoppelig. Dafür entschädigt mich die schöne felsige Hochgebirgslandschaft. Auf der Rückseite des Passes beeindruckt ein mächtiger Felsturm, viele rosa Weidenröschen wachsen am Straßenrand. Ein Blick zurück auf den weiß leuchtenden Montblanc, dann düse ich weiter Richtung Kleiner Sankt Bernhard. Blick zum Montblanc

Immer wieder bieten sich prachtvolle Blicke auf das Montblanc Massiv. Die Auffahrt selbst ist allerdings ätzend, viel zu viele langsame Bummler sind unterwegs und Herden von Camping-Mobile kriechen den Berg im Schneckentempo hinauf. Das ist schon sehr entnervend und ermattend. Auf der Passhöhe grüßt eine große Statur des Heiligen Sankt Bernhard, aber ich bin zu gestresst für ein Foto. Schade, die Abfahrt nach Bourg St. Maurice wäre wirklich klasse zu fahren, wenn da nicht wieder die Bummler vor mir wären, die auf der kurvigen Strecke schlecht zu überholen sind. Abgespannt wie ich bin, will ich es denn auch nichts zwingen, genieße stattdessen die schöne Landschaft und achte auf meine Linie, die sich auch schon gebessert hat.

Kurz vor Bourg St. Maurice finde ich ein kleines nettes Hotel, wo ich mich einquartiere und mit einem einfachen aber leckeren französischen Menü und einem Glas Wein den Tag ausklingen lasse.

Tag 2: Bourg St. Maurice – Sault: Durch die französischen Alpen in die Provence: 410 km

Bourg St. Maurice - Col de la Madeleine - Col du Glandon - Col d'Ornan - Mens - Col de la Croix Haute - Serres - Gorges de la Meouge - Sederon - Monbruin les Bains - Sault - Gorges de la Nesque - Mont Ventoux - Sault

Auffahrt zum Col de la Madeleine In aller Frühe um 8:00 Morgens breche ich auf, düse das noch im Schatten liegende Tal Richtung Montblanc entlang bis ich Richtung Süden zum Col de la Madeleine abbiege. Mit Wonne fahre ich die kleine Straße bergauf, schattige Wälder atmen den noch frischen Morgen, begleiten mich bis zu den sonnigen Wiesen kurz vor dem Sattel. Die Straße ist eng und windig, viele Radfahrer sind unterwegs, keine Strecke zum Rasen sondern zum Genießen.

Der nächste Pass Richtung Süden ist der Col de Glandon, eine ebenso enge Straße, kaum merkt man, dass man sich laut Michelin Karte auf einer gelben Straße befindet. Aber allmählich werden die Pässe niedriger, beim Col d'Ornan wirkt alles schon etwas südlich, auch das Wetter spielt mit. Auf der Passhöhe sitze ich beim Mittagessen in der warmen Sonne.

Plateau de Mens Das Plateau von Mens birgt überraschende Blicke auf die mächtigen Kalksteinformationen des im Westen gelegenen Vercors. Die Straßen sind leer, mal kringeln sie sich aufs schönste entlang einer Schlucht, dann wieder über die Hügel in beschwingten Kurven mit immer wieder prachtvollen Rundumblicken. Besonders schön ist dieser auf dem kleinen Col de Banchet.

Kurz darauf bin ich kurz vor dem Col de la Croix auf der Route Napoleon und damit auf der Hauptstrecke Richtung Süden. 50 Kilometer folge ich der RN über Serres und Sisteron um Kilometer zu machen, natürlich ist viel Verkehr, aber glücklicherweise lässt sich trotzdem gut vorankommen. Dem ganzen Betrieb bin ich entflohen kaum dass ich zu den Gorges de la Meouge abbiege. Ein paar Badende, aber dann habe ich die Straße für mich alleine. Gorges de la Meouge In schönsten Kurven läuft die Straße in der kleinen reizvollen Schlucht, der Belag ist griffig, die Sonne scheint, Herz was begehrst du mehr.

Nicht lange und ich passiere den kleinen Col hinter Sederon, den ich auch schon mal mit dem Rad mitsamt Gepäck gefahren bin. Im Nachhinein zolle ich mir noch alle Achtung, auch wenn es nur ein kleiner Col ist. Von dort bietet sich auch der erste Blick auf den Mont Ventoux, jetzt weiß ich, dass ich im Land meiner Sehnsüchte angekommen bin. Noch ein Foto von dem schönen alten Thermalbad Monbrun les Bains und kurz darauf fahre ich in Sault ein.

Sault liegt im Herzen des Plateau de Vaucluse, mitten im Lavendelland und gerade jetzt ist Fete de Lavende. Leider sind schon alle Felder abgeerntet, sie verströmen aber immer noch den herben intensiven Lavendelduft, den ich so liebe.

In Sault decke ich mich im Laden der lokalen Lavendel-Cooperative mit Lavendel-Ölen und Badewässern ein und ergattere trotz der Festivitäten noch eines der letzten Zimmer. Da es noch früh am Nachmittag ist, gehe ich nochmal auf Tour, schwinge durch die Gorges de la Nesque hinunter in die Rhone-Ebene, schöne runde Kurven entlang der Schlucht, griffiger Asphalt, eine reizvolle Landschaft und immer wieder Blicke auf den Mont Ventoux, 1001 verschiedene Ansichten dieses beeindruckenden Berges, der mich immer wieder in seinen Bann zieht.

Blick auf den Mont Ventoux bei Bedoin Ihn nehme ich auch als nächstes unter die Räder. Die Auffahrt von Bedoin aus ist hervorragend ausgebaut, überall doppelte Leitplanken und ein topfebener neuer Belag. Es geht mir wie immer, so schön ist es die kurvigen Passagen zu durcheilen, dass ich nicht dazu komme zu halten und ein Foto des schönen Zedernwaldes zu schießen. Silbrig-blaugrün glänzen die Zedern in der Sonne, dazu kontrastiert das satte Grün der Pinien mit ihren fiedrigen Kronen. Weiter oben löst ein niedriger Eichenwald die stolzen Nadelbäume ab. Ich fahre nicht ganz bis zum Gipfel, es ist schon spät und windet recht, wie um dem Namen des Berges alle Ehre zu machen. Daher biege ich nach Norden wieder Richtung Sault ab, erneut durch herrlichen Wald, nur die Straße ist weniger prächtig als eher extrem holprig und eine wahre Herausforderung.

Glücklich rolle ich gegen Abend wieder in Sault ein. Für mein Motorrad gibt es eine Übernachtung im Rumpel-Schuppen zwischen Stroh, Fahrädern, Küchenabfällen und Mülltonnen, für mich ein feines französisches Menü.

Tag 3: Sault - Arreau: Hinein in die französischen Pyrenäen: 570 km

Sault per Autoroute nach Carcassone - Limoux - Col de St. Benoit - Lavelanet - Tarascon - Col de Port - Gorge de Ribaoute - St. Girons - Col de Portet d'Aspet - Col des Ares - Luchon - Col de Peyresourde - Arreau

Der Morgen ist strahlend blau, windig und kalt: Wir haben Mistral. Dieser kräftige Nordwind bläst denn auch heftig auf der Autobahn, auf die ich mich setze um Richtung Pyrenäen Kilometer zu machen, immerhin will ich am nächsten Abend in Asturien ankommen. Das Fahren quer zur Windrichtung ist ganz schön anstrengend, zwingt mich in Schräglagen beim geradeaus Fahren, ich bin froh als die Abfahrt Carcassonne kommt. Noch ein Blick auf die mächtige mittelalterliche Festungsanlage und ich biege Richtung Süden nach Limoux ab.

Kleiner Ort im Pyrenäen-Vorland Ab da geht der Urlaub wieder nach meinem Geschmack weiter, alles ist sehr ländlich, die Straßen leer, aber meist sehr holprig. Es gibt viel Grün, Felder und Wald im Wechsel, schattige dunkelgrüne Tunnel wölben sich über die Straße mit gold-grünen Lichtern der Sonne im Blattwerk.

Die angezeigten Cols sind zunächst noch niedrig, kaum ist einer in Sicht, bin ich auch schon drüber und hinweg gebraust. Weit im Süden sind aber auch die hohen Berge der Pyrenäenkette zu sehen, und der Col de Portet d'Aspet ist dann immerhin knapp über 1000 Meter. Zum Schluss wird es mir lang, ich bin müde vom Holpern und vom Fahren gegen die tiefstehende Sonne. Den Col de Peyresourde nehme ich noch mit, plötzlich unbewaldet die Höhen, violett gescheckt von Heidekraut. In Arreaux reicht es dann wirklich, spät genug ist es auch. Zum Glück finde ich ein Zimmer mit Abendessen. Mal sehen was ich Morgen unter die Räder nehmen werde und ob ich tatsächlich bis nach Asturien komme.

Tag 4: Arreau – Cuerres: Über die hohen Pyrenäenpässe an Asturiens Küste: 680 km

Arreau - Col d'Aspin - Col du Tourmalet - Col du Soulor - Col d'Aubisque - D918 - Tardets - Col d'Erroymendi - Puerto LArreau - Salazar Tal - Pamplona - Autovia über Vitoria Gasteiz, Bilbao, Santander - Cuerres

COl du Tourmalet Morgenfrische am nächsten Tag, Tau überall, herrliches Wetter und noch kaum jemand unterwegs, außer ein paar frühen ambitionierten Radlern auf dem Weg zum Col d'Aspin. Dahin will ich auch, wunderschöne Landschaft, ein prachtvolles Panorama, zum erstmals auf dieser Tour in den Pyrenäen fühle ich mich wirklich im Hochgebirge.

Noch mehr davon gibt es bei der Fahrt über den Col du Tourmalet. Insgesamt ist die Straße gut ausgebaut, kurz vor dem Pass ist sie sogar breit wie ein Fußballplatz, so dass ich bald nicht mehr weiß, wo genau ich nun fahren soll. Grund hierfür ist das riesige scheußlich ausgebaute Wintersportgebiet unterhalb des Tourmalet. Dann der Pass selbst, kühl, steinig, felsig, gebirgig. Witziger Weise wird man von einem überdimensionalen silbernen Radlerhinterteil begrüßt, die Radlerstatur zeigt den Rang des Tourmalet als schwierigste Etappe der Tour de France in den Pyrenäen an.

Die Abfahrt macht wieder Laune, aber danach wird es zäh, viel Verkehr verstopft die Straßen in der Umgebung von Lourdes, dann hindert zu allem Überfluss auch noch ein Wochenmarkt am Vorwärtskommen, durch den sich mühsam im Schritttempo der Verkehr quält. Endlich komme ich zur Auffahrt zum Col d'Aubisque, der landschaftlich sehr schön ist, diesmal aber von einigen zockelnden Camping-Mobilen und einer ätzenden Autoschlange dahinter völlig dicht ist. Bei der engen kurvigen Straße ist Überholen ausgeschlossen und so muss ich entnervt hinterher zockeln. Wie schon das letzte Mal, als ich hier vorbei gefahren bin, sind viele Tiere unterwegs, Pferde, Kühe und auch eine Schafherde, die sich im Schatten einer Felsnase direkt in der Kurve auf der Straße zusammen gekuschelt hat.

Sträßchen Wieder unten im Tal angekommen bin ich heilfroh, auf eine kleine Nebenstraße gen Nordwesten abzubiegen, wo ich wieder so gut wie allein bin. Die Berge sind jetzt deutlich niedriger, die Gegend ländlich-lieblich, das Sträßchen windet sich wunderbar durch Wiesen und Wald, ist aber fürchterlich hoppelich. So hoppele ich Richtung spanische Grenze, wo doch wieder überraschend höhere Berge auftauchen und der Grenzübergang auf den einsamen Puerto Larrau auf knapp 1500 Metern liegt. Oben ist es karg, Kühe schauen mich flegmatisch an, Geier kreisen über den kahlen trockenen Hängen unter mir.

Puerto de Larrau Noch ein Blick zurück und dann geht es hinüber nach Navarra und Spanien. Schlagartig ändert sich ab Grenzlinie der Straßenzustand von erbärmlich zu hervorragend, griffigster topfebener Asphalt, schönste gerundete Kurven, stets sehr gut und verlässlich mit Geschwindigkeits-Empfehlungen beschildert, die man getrost um 20 bis 30 km/h überschreiten kann. Endlich wieder mal kann ich lustvoll gen Tal brausen, was für eine Wonne. Auf der französischen Seite der Pyrenäen sind Enduros wohl die angenehmeren und angemesseneren Fortbewegungsmittel, viel Federweg und Stollen.

Ein Erlebnis ist auch die Fahrt durch das Salazar-Tal, fast kein Verkehr, interessante Landschaft, wenn auch natürlich viel trockener als auf der Nordseite der Pyrenäen, viel flirrendes Licht und Hitze. Ein Highlight ist der Canyon des Salazar, angezeigt durch ein Foto-Stop Schild. Zum Glück bin ich hier eingebogen, sonst wäre mir der grandiose Blick in die Schlucht entgangen, die der Fluss ganz unvermutet in das kalkige Plateau eingefressen hat.

Danach ist Strecke Machen angesagt. Ich nehme die Nationale bis Pamplona und setze mich dann auf die Autobahn über Bilbao bis Cuerres, das kurz vor LLanes und Ovieto fast genau in der Mitte der nordspanischen Küste liegt. Dunkle Wolken hängen über dem Küstengebirge, das intensiv hellgrün leuchtet und mich teilweise an vulkanische Hänge auf Hawaii erinnert. Auch die restliche Natur ist überaus grün und üppig, ein starker Kontrast zum restlichen Spanien weiter im Süden.

Grünes Asturien zwischen Küste und Gebirge

Cuerres, Idylle an der Küste Asturiens

Cuerres im üppigen Grün Schönes üppig grünes Asturien, du erinnerst mich an die Bretagne mit deinem eher regnerischen Wetter, dem Nieselregen mit den entsprechenden Temperaturen, Grund für die reiche Vegetation, mit deinen satten Farnen, die die Hänge deiner steilen Berge bedecken, den großen Hortensienbüschen mit ihren prallen rosa über violett bis blau changierenden Blütenkissen, der steilen rauen Küste mit den schönen Buchten und dem dichten Geruch von Meer und Tang, nur die Palmen sorgen für leichtes Erstaunen. Wieder stimmig sind die allgegenwärtigen Äpfelbäume auf den Wiesen und das dazu gehörige Nationalgetränk Cidre. Konsequent heißen denn auch die Kneipen Cideria, ein Schluck davon wird den wohl keltischen Göttern als Tribut auf den Boden der Kneipe gegossen, kein Problem bei dem mit Plastikmatten gedeckten Boden hinter der Theke. Ein Großteil des Flascheninhalts - unter einer Flasche geht nix - wird von hoch oben gegossen doch erst kurz vor dem Boden virtuos in einem großen Glas aufgefangen, wobei wahre Könnerschaft durch ostentatives Wegschauen des Barkeepers unter Beweis gestellt wird.

Ländliches Asturien, das kleine Örtchen Curerres nahe der Küste ganz in grüne Wiesen mit Obstbäumen eingebettet, fast finde ich unser Ferienhaus nicht. Zum Glück kommt mir meine Schwester entgegen, sonst hätte ich unser Haus nie gefunden. Irgendwo im Grün weit hinter der Hauptstraße zweigt ein Hohlweg ab, führt zu einem schönen alten Steinhaus, vor dem mein Motorrad einen romantischen Parkplatz direkt vor einer hohen Hortensienhecke findet, die von blauen Prachtwinden überwachsen ist. Nachts klingt heiter das leise Läuten von Viehglocken der weidenden Kühe in die friedliche sanftblaue Dunkelheit.

Kalkküste bei Cuerres Zu Fuß sind die Klippen von Cuerres zu erreichen, ein kleiner Spaziergang durch dichte Farnwiesen, vorbei an den traditionellen steinernen Kornspeichern auf Holzstelzen, durch ein kleines Eukalyptus-Wäldchen, Teil der Aufforstung der Gegend, die türkisen Flicken der jungen Anpflanzungen leuchten im farngrün-gesprenkelten Hellgrau des schroff aufsteigenden Küstengebirges. Hohe Wellen branden gegen die senkrecht abfallenden Kalkklippen, zerfurcht in den Jahrhunderten, die das Meer hier gegen das Land anrennt, darauf turnen Ziegen, offenbar unempfindlich gegen die scharfen Grate unter ihren Hufen. Auf der anderen Seite des kleinen Flüsschens liegen die Bufones de Pira, große und kleine Schlote, die von der Brandungszone bis oberhalb der Klippen führen. Bei starker Dünung und dem richtigen Wasserstand faucht es hier aus kleinen und großen Löchern, als läge ein schlafender Drache unter diesen Kalkfelsen, bei hohen Wogen erwacht er und sprüht hohe Fontänen aus vielen Nasenlöchern wie Geysire.

Dies ist unsere ländliche Umgebung, von der aus wir nach einem Frühstück am langen Tisch vor dem Haus unsere Ausflüge starten, und wo wir uns abends wieder einfinden, um den Tag mit einem schönen gemeinsamen Essen und einem oder auch mehr Gläsern guten spanischen Weines in der einbrechenden Dämmerung ausklingen zu lassen.

Ausflug nach Covadonga

Wallfahrtskirche in Covadonga Einer unserer Ausflüge führt uns nach Covadonga, welches hinter der Küste schon in den Bergen in einem engen Tal versteckt liegt. Hier war der Ausgangspunkt der Reconquista, weshalb Covadonga eine Art Nationalheiligtum und Wallfahrtsort darstellt. 711 drangen die Mauren von Süden auf die iberische Halbinsel und besetzten innerhalb weniger Jahre beinahe die gesamte Halbinsel. Nur im Norden konnte sich ein kleiner Rest des einst großen westgotischen Reiches halten. Die Legende erzählt, dass ein Anführer adliger Abstammung namens Pelayo das islamische Heer in der Schlacht von Covadonga besiegte. Diese Schlacht leitete die beginnende Reconquista, die Wiedereroberung Spaniens, ein, welche 700 Jahre andauern sollte, und stellt die Geburtsstunde der asturischen Monarchie dar.

Mariengrotte in Covadonga Der Charakter des Wallfahrtsortes wird durch die hoch über dem Talgrund errichtete Kirche und fast mehr noch durch die unweit gelegene Mariengrotte unterstrichen, vor der lange Schlangen anstehen, um die Schutzheilige "Virgen de las Batallas" von nah zu sehen. Diese soll hier erschienen sein und auch den Anstoß für das in der Schlacht geführte Kreuz gegeben haben, das später zum Wappen des Fürstentums Asturien und der Provinz Oviedo wurde. "HOC SIGNO VINCITVR INIMISCVS, HOC SIGNO TVENTUR PIVS" - "Dieses Zeichen wird den Feind besiegen, dieses Zeichen wird den Frommen schützen". Fast fühlt sich der Reisende an Lourdes erinnert, und tatsächlich ist der Auflauf der Touristen und Gläubigen in ähnlichen Dimensionen wie dort, nur dass in Lourdes das Tal etwas mehr Platz lässt als hier.

Lago de la Ercina Das ist denn auch am Verkehrschaos zu erkennen, parkende Touristenautos und Busse verstopfen die Straße und zerren an den Nerven, und die Strecke talaufwärts bis hoch zu den beiden Bergseen ist konsequent von 10:00 morgens bis 19:00 abends für den Privatverkehr gesperrt, nur der öffentliche Pendelbus-Verkehr hat Zugang. Nach dieser Lektion kehren wir um, um an nächsten Tag schon um 9:00 den Weg nach oben einzuschlagen. Die Straße windet sich im Hang den Berg hinan, viele Kurven, einige Serpentinen, ein kleiner Pass, leider sind wir im Nebel tief hängender Wolken gefangen und die Sicht ist eher bescheiden.

Oben auf 1232 Meter Höhe liegen Lago de Enol und Lago de la Ercina malerisch in einem Hochtal. Wir machen einen kurzen Spaziergang, zu mehr lädt das kalt-feuchte Wetter nicht ein. Zum Glück heben sich die Wolken wenigstens etwas, so dass uns doch noch ein Blick auf die Seen, wenn auch nicht hin zu den Picos gegönnt ist. Auch am schönen Mirador de la Reina bei der Rückfahrt erlauben die Wolken einen Blick drunter durch, wenn auch auf eine insgesamt regendüstere Landschaft.

Wanderung durch die Schlucht des Cares

Ruta de Cares Ein weiterer Ausflug gilt der Schlucht des Cares. Bei Arenas de Cabrales zweigen wir in das Seitental Richtung Süden, direkt ins Herz des Nationalparks ab. Aus dieser Gegend stammt der berühmte Blauschimmelkäse aus Schafsmilch, der "Cabrales", der extrem kräftig schmeckt und nicht jedermanns Sache ist. Die kleine Straße führt durch eine bereits beeindruckende Schlucht und endet in Pontecebos. Von hier geht es nur zu Fuß weiter oder mit der Seilbahn.

Wir entscheiden uns für die Wanderung entlang der Ruta de Cares, die direkt durch die mächtige Schlucht führt. Ein kleiner Weg ist malerisch in die Felsen gelegt und immer wieder ist unter uns der klare blau schimmernde Cares zu sehen. Rechts und links wachsen hohe Kalkfelsen in den Himmel, an die sich hier und da alte Pinien klammern.

Mit dem Motorrad um die Picos de Europa: Puertos, Miradores und Desfiladeros: 310 km

Cuerres - Posada - Arenas de Cabrales - Panes - Desfiladeros de la Hermida - Potes - Fuente De - Puerto de S. Gloria - Puerto de Pandetrave - Puerto del Pontos - Desfiladeros de los Beyos - Cangas de Onis - Arriondas - Mirador del Fito - Ribadesella - Cuerres

Blick von Arenas auf die Picos Über 2500 Meter steigen die Gipfel des Gebirges direkt hinter der asturischen Küste an. Die Picos de Europa sind das höchste Bergmassiv des Kantabrischen Gebirges mit dem Torre Cerrero als höchsten Berg (2648 m). Dieses raue Bergmassiv erhebt sich nur 30 Kilometer hinter der Küste, ein Teil davon wurde zum Nationalpark de los Picos de Europa erklärt. Am besten lässt sich diese beeindruckende Landschaft auf einem Rundkurs erfahren, eine schöne Tagestour für unsere Motorräder, die durch enge Schluchten (Desfiladero) und über etliche Pässe (Puerto) führt, wobei es natürlich nicht an prächtigen Aussichtspunkten (Mirador) fehlt.

Felsabschluss bei Fuente De Für unsere Tour haben wir uns den schönsten Tag ausgesucht, prachtvolles Wetter mit hervorragender Fernsicht. In Hochstimmung fahren wir an der Küste entlang und biegen bald nach Süden in die Berge ab, wo wir auf die AS114 treffen und unseren Rundkurs um die Picos im Uhrzeigersinn starten. An den gut ausgeschilderten Miradores bieten sich uns herrliche Blicke auf das Bergmassiv. Die Straße ist wenig befahren, schlängelt sich bald am Cares entlang und bringt uns in schönen Kurven nach Panes, wo wir nach Süden dem Rio Deva folgen. Dessen Schlucht, die Desfiladero de la Hermida, ist schön zu fahren, wenn auch der Straßenbelag schlechter wird, aber die Kurven sind einfach eine Freude. In Potes nehme wir den Abzweig nach Fuente De, einem Felsabschluss Richtung Zentrum der Picos. Der Anblick von Potes und auf der Strecke ist gigantisch: Eine gewaltige Felswand sperrt das Tal ab, die Gondel der Seilbahn sieht dagegen aus wie Zwergenwerk. Wir aber wollen gleich weiter und wenden die Maschinen im Angesicht zahlloser Touristenbusse, der Rummel hier ist uns einfach zu viel.

Zurück in Potes nehmen wir uns Zeit für einen Spaziergang im Ort, auch wenn hier immer noch recht viel Betrieb ist. Das kleine Städtchen in wunderschöner Lage ist es aber wert, alte schönen Häuser zeigen stolz ihre Wappen, viel Atmosphäre ist zu spüren und auch hier immer wieder Anklänge an die keltische Vergangenheit, vermutlich auch durch den Tourismus wiederbelebt. Jens kauft sich ein T-Shirt mit dem asturischen Kreuz auf blauem Grund, ein beliebtes Symbol der in Covadonga begonnenen Reconquista.

Mirador de Llesba Trotzdem sind wir froh, als wir die Touristenströme hinter Potes zurücklassen. Wir folgen der nun recht einsamen N621 zum nächsten Pass, dem Puerto de S. Glorio. Dort nehme ich die kleine Stichstraße zum Mirador de Llesba. Jens ist der Weg zu schotterig, aber so schlimm ist er gar nicht und nach nur 2 Kilometern werde ich von einem überwältigenden Panoramablick auf das felsige Kerngebiet der Picos belohnt.

Embraise de Riano Noch ein kleinerer Pass und wir fahren entlang des Rio Yuso bis zur imposanten Talsperre Embraise de Riano. Hier kippt das bergige Landschaftbild komplett, wir gelangen in die Ebene hinter dem Küstengebirge und der grell-blau Stausee bildet einen scharfen Kontrast zu der kargen trockenen Landschaft umher.

In Portilla de la Raina wenden wir uns wieder nordwärts und sind auch bald am Puerto del Ponton, wo frische Frühlingskrokusse die Wiesen helllila sprenkeln. Es wird auch wieder immer grüner um uns herum auf dem Weg nach Norden entlang des Rio Sella, bis wir schließlich durch die enge schattige Schlucht der romantischen Desfiladeros de los Beyos mit ihren vielen schönen Kurven nach Canga de Onis gelangen, einstmals Hauptstadt des wiedererstarkenden Westgotischen Reiches nach der Schlacht von Covadonga. Die Stadt ist ein Magnet für den lokalen Tourismus und Ausgangspunkt für diverse Freizeitaktivitäten, wie etwa eine Familien-Rafting-Tour auf der Sella mit ihren vielen Grüntönen bis hinunter zur Mündung in Llanes. Das Schönste für uns hier ist die hohe alte romanische Brücke über die Sella, unter der das asturische Kreuz hängt.

Mirador de Fito In Canga de Onis ist auch unser Rundkurs um die Picos de Europa fast beendet. Vollkommen wird dieser Tag aber mit dem Abstecher zu einem der schönsten Aussichtspunkte Asturiens, dem Mirador de Fito gleich nördlich von Canga. Allein der Blick auf die Karte macht dem Motorradfahrer Laune. Eine kleine gelbe Straße schlängelt sich hinauf auf den vorgelagerten Aussichtsberg dicht hinter der Küste, kaum dass die 200er Michelin Karte Platz hat für all die Windungen. Auch der Michelin-Führer stuft diesen Mirador als "verdient einen Umweg" ein. Na dann, nix wie hoch, und gerade mit den Motorrädern ist es auch eine Wonne dort hinan zu brausen, wo uns ein Panorama der Superlativen erwartet. Der gesamte idyllische Küstenstreifen der Costa Verde mit ihren schroffen Kalkfelsen und den schönen Buchten, kontrastiert von üppigen Wiesen und Gärten ist zu überblicken, von den vorgelagerten Höhenzügen streift der Blick bis in das felsige Herz der Picos de Europa, die unverstellt vor uns liegen, und wieder hinab in die fruchtbaren Täler. Ein wunderbarer Blick, den wir von einer Art Sprungturm aus als vollkommenes 360 Grad Panorama ausgiebigst bewundern und in uns aufsaugen.

Erfüllt von den Eindrücken der Tour kehren wir zurück nach Cuerres, wo uns der Rest der Truppe hocherbaut von dem wunderschönen Rafting-Erlebnis auf der Sella berichtet.

Tag 15: Cuerres – Ainsa: Aufbruch nach Hause: 580 km

Curres - Autovia nach Torrelavega - Longrono - Pamplona - Jaca - Laguarta - Ainsa

Es wird Zeit Abschied zu nehmen, der Urlaub geht dem Ende zu. Drei Tage haben wir für die Heimfahrt bis Sankt Gallen geplant, nicht gerade zum Bummeln aber zum schönen Touren soll es reichen. Wir starten bei trüben, leicht regnerischen Wetter und sehen zu, dass wir so rasch wie möglich über das Küstengebirge in trockenere Regionen gelangen. Kurz vor Santander biegen wir von der Autovia Richtung Süden und Longrono ab. Eine kleiner Pass, der Puerto del Escudo und wir verlassen Cantabrinen und fahren ein nach Navarra. Tatsächlich bessert sich auch ab hier das Wetter, es wird wärmer und freundlicher, bis in Rioja wirklich die Sonne wieder scheint. Wir mogeln uns großräumig um Pamplona herum und düsen Richtung Pyrenäen. Entlang des Stausees Yesa kringelt sich die Straße in großen und kleinen Radien.

Sträßchen nach Laguarta Flott geht es gen Jaca und weiter Richtung Huesca, so flott, dass wir erst mal prompt an der kleinen hübschen Straße über Laguarta nach Ainsa vorbeidüsen, obwohl wir die doch von unserer Vorjahrestour kennen. Es hilft nix, wir wenden auf der vierspurigen Straße, fahren nochmal Retour, finden diesmal den Abzweig und 40 wunderschöne kurvige Kilometer durch das reizvolle Tälchen in den Hängen der Pyrenäen liegen vor uns. Leider ist es schon recht spät und wir haben nicht viel Zeit zum Bummeln, die enge windige Straße kostet aber ihre Zeit, und so überrascht uns doch vor dem letzen kleinen Pass die Dunkelheit. Gut dass Jens so helle Scheinwerfer hat und vorweg fährt, mit meinen Funseln wäre ich noch langsamer gewesen. Endlich um halb 10 erreichen wir unser Ziel Ainsa und haben Glück, dass "unsere" Hosteleria noch ein Zimmer und dann auch noch ein warmes feines Abendessen für uns hat. Das ist das Schöne an Spanien, lange Tage und kein Mensch wundert sich, wenn man erst um halb elf zum Abendessen erscheint.

Tag 16: Ainsa - Severac: Durch die Pyrenäen in die Cevennen: 610 km

Ainsa - Arreau - Tarbes - Toulouse - Albi - St. Afrique - Millau - Severac le Chateau

Der nächste Tag bringt Regen. Schon kurz hinter Ainsa fängt es an zu tröpfeln, nicht lange und es regnet heftig und dauerhaft. Auf dem Weg nach Norden Richtung französische Grenze fahren wir genau hinein in die düsteren tiefhängenden Wolken. Kein einziger Blick ist während der Fahrt auf die hohen Berge um uns herum zu erhaschen. So bin ich auch nicht direkt traurig, dass uns nicht ein hoher Pass über sondern der Tunnel de la Bielsa unter dem Hauptkamm der Pyrenäen hindurch führt. Das Wetter bessert sich auch auf der französischen Seite nicht, das hübsche Städtchen Arreau, wo ich bei der Hinfahrt logiert habe, versinkt in tristem Grau. Nix wie raus aus den Bergen und auf die Autobahn nach Toulouse.

Wir kommen gut voran, der Regen mäßigt sich, aber als wir längere Zeit vor einer Peage in der Schlange stehen, will Jens's Moped danach nicht wieder starten, meine Diagnose: Batterie runter. Es hilft nix, wir müssen die Depannage rufen. Während wir warten beäugen wir besorgt das beängstigend dahingeschmolzene Profil von Jens Hinterreifen. Das hätte uns gerade noch gefehlt wenn die Schweizer Grenzbeamten uns morgen nicht in die Schweiz reinlassen würden. Wie es der Zufall will, halten just da zwei deutsche Motorradfahrer auf dem Parkplatz neben uns, wir kommen ins Gespräch und einer erzählt, dass er gerade aus selbigem Grund in Tabres beim Reifenwechseln war. Auf seiner Rechnung steht die Telefonnummer, wir rufen sofort an und tatsächlich hat der Reifenhändler noch bis zum späten Nachmittag auf, ein Glücksfall, denn immerhin ist es Samstag.

Also fahren wir nach der Starthilfe des Depannage-Autos wieder zurück und nach Tabres, wo wir auch ohne ortskundig zu sein den Reifenhändler finden und 40 Minuten später sind wir wieder Richtung Toulouse unterwegs. Das Warten auf die Pannenhilfe und der Reifenwechsel in Tabres haben locker 2-3 Stunden gekostet. Wenigsten hat der Regen aufgehört. Zügig fahren wir weiter nach Osten über Albi Richtung Cevennen und Millau, wo wir uns das riesige Autobahn-Viadukt über den Tarn anschauen wollen. Während wir per gelbe Straßen über Land düsen, wird mir klar, dass es heute spät werden würde. Ein bisschen Strecke wollen wir noch machen und ich zweifle nicht daran, dass wir hier im Hinterland problemlos eine Übernachtung finden, was sich leider als völlige Fehleinschätzung herausstellt. In St. Afrique dämmert es bereits, ich frage nach Zimmern, aber es ist nichts zu machen, alle Hotels der Stadt sind belegt und auch auf der Strecke nach Millau haben wir kein Glück. Es hilft nix, wir müssen weiter, Millau ist unsere nächste und auch beste Chance auf einen Schlafplatz.

Kurz vor Millau kommen wir unter dem Viadukt durch, das an gigantischen und doch eleganten Pfeilern hängend in luftiger Höhe über das Tal führt. Trotz der fortgeschrittenen Zeit halten wir an und bewundern diese Glanzleistung des Brückenbaus. Gerade auch in der Dunkelheit wirkt dieses Bauwerk fantastisch, fast wie eine Erscheinung. Effektvoll beleuchtet sind die hohen schlanken Pfeiler, die wie riesige silberne Stimmgabeln in den nachtblauen Himmel ragen, gegen den sich die Bündel der Stahlseile als zartblaues Muster abzeichnen.

Dann kreisen wir durch Millau, es ist schon fast 10 Uhr, ich will nur noch ein freies Hotelzimmer, koste es was es wolle, aber ich kann das uns empfohlene teuerste Haus am Platz nicht finden. Derweil wir schon das dritte Mal um denselben Kreisverkehr fahren, folgt uns beharrlich ein Auto. Als wir halten um nach dem Hotel zu fragen, steigen zwei Frauen aus, sprechen uns auf deutsch an, ob wir ein Hotel suchen - na und ob. Ob wir mit ihnen zu ihrem Bikerhotel 20 Minuten nördlich von hier kommen wollten, ein Zimmer ist frei, ein Essen könnten wir auch kriegen. Wir zögern keine Sekunde und fahren den beiden durch die Dunkelheit hinterher.

Um 22:30 rollen wir in einem kleinen Örtchen bei Severac le Chateau ein und sitzen kurz später am Tisch eines Biker-Paares, das sich hier nahe des Gorges du Tarn eine kleine Bikerpension aufgebaut hat und vor allem Cross-Touren in die Umgebung anbietet. Aus den beiden spricht hoffnungsfrohe Begeisterung und auch der Pioniergeist eines beginnenden Unternehmens. Nach viel Erzählen und etlichen Gläsern Wein fallen wir müde in die Betten.

Tag 17: Severac - St. Gallen: Vom Gorges du Tarn übers Wallis und die hohen Pässe nach Hause: 877 km

Severac - Gorges du Tarn - Mendes - Privas - Valence - Autoroute über Grenoble nach Alberville - Chamonix - Col de Forclaz - Martigny - Wallis - Furka Pass - Oberalp Pass - Dissentis - Chur - Autobahn nach St. Gallen

Am nächsten Tag haben wir Mühe rechtzeitig aufzubrechen, kaum lassen uns unsere Gastgeber von dannen ziehen: Mehrere Fotos müssen geschossen werden, wir bekommen noch die besten Ratschläge für schöne Strecken mit auf den Weg. Das Wetter verspricht einen tollen Tourentag, die Gegend ist auch wunderschön und obwohl wir wissen, dass wir eine lange Etappe bis Sankt Gallen vor uns haben, müssen wir unbedingt eine kurze Strecke durch die Gorges du Tarn fahren, eine fantastische Schlucht, die der Tarn hier in den weichen Kalk der Cevennen gegraben hat. Schade dass wir nicht mehr Zeit hier unten haben, aber auch die anschließende Strecke über das Hochplateau macht richtig Laune.

Über Mendes und Privas geht es hinunter in das Rhonetal, wo wir uns kurz vor Valence auf die Autobahn nach Grenoble setzen, wir müssen dringend Kilometer machen. Von den beiden Deutschen haben wir von den heftigen Überschwemmungen in der Zentralschweiz erfahren, was unsere Optionen um nach St. Gallen zu kommen erheblich einschränkt. Mittlerweile ist klar, dass wir uns auf eine Nachtfahrt einstellen müssen und die leichte Strecke über die Autobahn würde uns genau durch das Zentrum der Überschwemmungen führen. Also kommt nur der Weg durch das Wallis und über die beiden hohen Pässe Furka und Oberalp in Frage. Insgeheim hoffe ich, wenigstens die Auffahrt zum Furka noch in der Dämmerung zu schaffen.

Ich bewundere im Vorbeifahren die Kalkfelsstürze des Vercor während wir weiter nach Alberville brausen. Von hier nehmen wir die direkte Strecke am Montblanc vorbei über Chamonix und Col des Montets nach Martigny im Wallis. Bei der Abfahrt vom Col de Forclaz begrüßt uns das Wallis mit einem schönen Abendrot, auf unserer Fahrt nach Brig dämmert es und am Fuß des Furka Passes ist es endgültig stockdunkel. Es hilft nichts, wir müssen drüber. Jens fährt mit seinem hellen Scheinwerfer vor, ich hinterher, hinein in ein Dunkel, in das Jens Lichtkegel einen schmalen fahrbaren Weg malt. Leuchten in diesem Kegel direkt vor uns Randsteine grell weiß auf, ist eine Kehre angesagt. Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl, sich dann in Schräglage zu werfen, voll Vertrauen auf meine Bergroutine, und diese quasi blind im Dunkeln zu fahren. Glücklicherweise sind die Randbegrenzungen zuverlässig geweißelt, insgesamt ist die Fahrerei durch die erforderliche hundertprozentige Konzentration sehr anstrengend.

Trotzdem entgeht uns bei all dem nicht der wunderschöne Sternenhimmel. Die Nacht ist eiskalt und klar und über uns funkeln tausende von Sternen. Kurz vor dem Gipfel halten wir auf einem Parkplatz um den prächtigen, von keinem Streulicht getrübten Blick auf die Milchstraße zu genießen. Ein wundervoller Moment der Ruhe, der Betrachtung, des In-Sich-Aufnehmens. Ich glaube ich habe noch niemals in Mitteleuropa einen solchen Sternenhimmel gesehen. Bei der Abfahrt habe ich mich schon an das Passfahren im Dunkeln gewöhnt und der Oberalp ist dann auch noch zu schaffen. Trotzdem bin ich froh, als wir in Dissentis die hohen Pässe hinter uns gelassen haben. Jetzt nur noch das Tal entlang bis zur Autobahn und dann ab nach Sankt Gallen. Aber die nachlassende Spannung gibt auch der Müdigkeit Raum und die hohe Konzentration fordert ihren Tribut. Ich bin todmüde und merke, wie ich kaum mehr als mechanisch hinterher fahre.

Das letzte Stück Autobahn ist dann zum Glück schnell hinter uns gebracht und endlich kommen wir um halb zwei Uhr mitten in der Nacht in Jens Domizil St. Gallen an. Völlig platt und todmüde lassen wir unsere Maschinen auf die Seitenständer und uns die Federn fallen.

Tag 18: Nach Hause: St. Gallen – München: 320 km

St. Gallen - St. Anton - Altstätten - Furkajoch - Lechtal - Namloser - Garmisch - Penzberg - München

Was soll ich sagen, über bekannte schöne Strecken geht es für mich am nächsten Tag endgültig nach Hause. Diesmal fahre ich über St. Anton, ein wunderschöner Aussichtspunkt am Rand des Appenzeller Plateaus etwas nördlich des Ruppen-Passes. Bei dem kleinen Kirchlein stelle ich die Maschine ab und genieße den Rundblick. Hinter mir leuchtet tiefblau der Bodensee, vor mir liegt das Panorama der Österreichischen Berge hinter dem Rheintal, rechst grüßt nochmal der Säntis, St. Gallens Hausberg.

Blick bei der Auffahrt zum Furka-Joch Auf der österreichischen Seite nehme ich zur Abwechslung den Abzweig ins Laternsertal und zum Furka-Joch statt über das Große Walsertal und das Faschina-Joch zu fahren. Es ist ja Montag und ich hoffe, die Strecke frei von langsamen Campingwagen und bummligen Ausflüglern vorzufinden. Zum Furka-Joch hinauf ist die Straße nämlich über eine weite Stecke einspurig, und wenn dort gar Camper unterwegs sind, was wochenends fast immer der Fall ist, ist dieser Abschnitt eine Quälerei. Allerdings ist die Landschaft des Laternsertals und dann am Furka-Joch einfach eine Freude, die man sich ab und an gönnen sollte.

Auf der gesamten Strecke sind die Folgen der verheerenden Regenfälle des Wochenendes zu sehen, Ich habe wirklich Glück, dass die Straßen überhaupt passierbar sind. An vielen Stellen an der Bregenzer Aach und auch an der Lech fehlen Teile der Straße, manchmal ist fast eine komplette Spur vom Fluss mitgerissen worden. Riesiges Räumgerät ist unterwegs und hat wohl erst kürzlich den Schutt und Dreck beiseite geschafft, den kleine harmlose Zuläufe über die Straße geschwemmt haben. Entsprechend schmutzig und schmierig war denn auch die Straße an diesen Stellen. Überall in den Hängen sind die dunkelbraunen Narben der Murenabgänge in den grünen Matten zu sehen.

Zum Glück sind fast alle Straßensperrungen aber wieder aufgehoben bis auf die Plansee-Straße, so dass ich stattdessen von Reute über Garmisch fahre und dann weiter durch das Loisach-Tal gen Norden und München. Glücklich und zufrieden rolle ich auf meinen Stammparkplatz hinter dem Isartor ein.


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